Welche deutsche Partei könnte von russischen Hackern profitieren ?

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Sofern man sich die richtigen Gedanken macht, könnte man drauf kommen.

Die Wahrnehmung des Cyber-Bedrohungspotentials ausländischer Mächte ist derzeit bei deutschen Bürgern, na, sagen wir mal, irgendwie antifaktisch. Da korrespondiert fatalistisches „was die Amis machen wollen, machen sie auch“, mit einem medial und staatlich befeuerten Alarmismus gegenüber „den Russen“, die zwar nicht alles machen, aber nach Meinung ungenannt bleibender „Experten“ vieles manipulieren wollen. Natürlich auch die bevorstehenden Bundestagswahlen. Doch wer sollte davon profitieren?

Der nachfolgende Text, den wir freundlicherweise übernehmen dürfen, erschien zuerst auf der Seite „augenaufunddurch.net“.

Die Kremlins im deutschen Wahlkampf

Was der Russe, also Putin, wirklich vorhat

Von Prof. Dr. Ulrich Teusch

Experten gehen davon aus, dass sich der Russe, also Putin, in den anstehenden Wahlkampf zum Deutschen Bundestag einmischen wird. Für Kenner der Lage unterliegt es keinem Zweifel, dass wir uns auf einiges von dem gefasst machen müssen, was wir aus anderen, mit uns befreundeten Ländern schon kennen: diverse, unangenehm-peinliche Hacks und Leaks, dazu natürlich ein Trommelfeuer der gerade hierzulande äußerst einflussreichen russischen Massenmedien, allen voran RT Deutsch und Sputniknews. Wir müssen uns auf Propaganda der übelsten Sorte einstellen. Und wir müssen der traurigen Tatsache ins Auge blicken, dass unsere Medien – in Sachen Propaganda gänzlich unerfahren – dem schwerlich etwas entgegensetzen können. Der dreisten Lüge ist mit der schlichten Wahrheit bekanntlich nicht beizukommen.

Eine Frage, die bislang allerdings aus völlig unverständlichen Gründen gänzlich unterbelichtet blieb, lautet: Zu wessen Gunsten wird sich der Russe, also Putin, einmischen? Wenn wir das zuverlässig und rechtzeitig wüssten, könnten wir womöglich Vorkehrungen treffen. Also: Haben die Kremlins irgendwelche erkennbaren Präferenzen?

Zu diesem zentralen und brennenden Problem haben selbst die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ und die „Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik“ noch nichts Erhellendes beizutragen gewusst, obwohl das ihre Pflicht gewesen wäre. Wir müssen uns also, um das Rätsel zu lösen, notgedrungen unseres eigenen Verstandes bedienen. Kein leichtes Unterfangen. Aber einiges lässt sich – bei aller Vorsicht – doch festhalten.

Bedienen wir uns zunächst des Ausschlussverfahrens: Es ist kaum anzunehmen, dass der Russe, also Putin, sein Gewicht zugunsten der FDP oder der Grünen in die Waagschale werfen wird. Mit der sprichwörtlichen Liberalität der Liberalen hat der Russe, also Putin, nichts an der Pelzmütze, und das Verhältnis zu den Grünen ist schon allein durch die Homosexuellenfrage auf unabsehbare Zeit ruiniert.

Was aber ist mit der AfD oder der Linken? Bei beiden handelt es sich um autoritär strukturierte Parteien. Das dürfte dem Russen, also Putin, gefallen, vielleicht sogar imponieren. Auch inhaltlich gibt es mit ihnen gewisse Schnittmengen. Beide wollen nicht unbedingt einen Krieg mit Russland. Und da auch der Russe, also Putin, keinen Krieg mit Russland will, könnte das der ausschlaggebende Faktor sein.

Andererseits müssen wir bedenken: der Russe, also Putin, ist ein Siegertyp. Er kann einfach nicht verlieren. Das ist einer seiner hervorstechenden Charakterzüge. Was die Frage aufwirft: Welches Interesse könnte so ein Siegertyp daran haben, zwei Parteien, die aus eigener Kraft vielleicht 8 oder 9 Prozent bei Wahlen schaffen, zu 11 oder 12 Prozent zu verhelfen? Lohnt sich das?

Man kann über den Russen, also Putin, sagen, was man will – aber komplett irrational ist er nicht. Er geht zwar Risiken ein, aber nur genau kalkulierte. Er achtet streng auf ein akzeptables Verhältnis von Aufwand und Ertrag. Was also hätte er von einem guten Abschneiden der AfD oder der Linken?

Viel wahrscheinlicher dürfte sein, dass sich der Russe, also Putin, für eine der beiden großen Parteien entscheidet. Beginnen wir mit der nicht ganz so großen SPD: Eine russische Einmischung zu ihren Gunsten wäre für die Partei ein Glücksfall. Denn sie befindet sich derzeit in einer misslichen Lage. Aus eigener Kraft wird sie nichts reißen. Ihr Personalangebot ist öde, und auch ihre programmatischen Vorstellungen locken kaum jemanden hinter dem Ofen hervor. Eine Intervention von außen könnte der Rettungsanker sein. Von daher ist es schwer nachzuvollziehen, dass sich die Partei und die ihr nahestehenden Medien immer wieder in zügelloser Russophobie ergehen, statt dem Kreml Avancen zu machen. Würde der Russe, also Putin, sich der einst (im vorletzten Jahrhundert) stolzen und ruhmreichen deutschen Sozialdemokratie annehmen, könnte das ihrem Abrutschen in die völlige Bedeutungslosigkeit vielleicht Einhalt gebieten.

Doch auch hier ist zu bedenken und zu wiederholen: Der Russe, also Putin, ist ein Siegertyp. Ist also wirklich anzunehmen, dass er sich mit einer Partei einlassen oder für sie verwenden wird, der schon seit Jahren das Loser-Image anhaftet?

Nein, viel wahrscheinlicher ist, dass sich der Russe, also Putin, für die Union starkmachen wird. Mehrere unbestreitbare Fakten sprechen dafür: Mit dem Vorsitzenden der bayerischen CSU, Horst Seehofer, verbindet ihn bekanntlich seit längerem eine Art Männerfreundschaft. Und auch sein Verhältnis zur Kanzlerin ist vielschichtiger, als es zuweilen den Anschein hat. Die beiden mögen sich zwar nicht besonders, aber sie können auch nicht voneinander lassen. Der Russe, also Putin, hat sich inzwischen daran gewöhnt und nimmt es – wie seine Mimik verrät – mit klammheimlicher Freude auf, wenn die mächtigste Frau der Welt ihn zum wiederholten Mal zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen auffordert. Der Russe, also Putin, möchte solche Ermahnungen keinesfalls missen. Denn er hat Humor.

Und auch Frau Merkel weiß längst, was sie an dem Russen, also Putin, hat. Wenn sie ihn mit den CDU-Weicheiern vergleicht, die sie in den vergangenen Jahren mir nichts, dir nichts aus dem Weg geräumt hat, dann muss sie eingestehen: Ja, der Russe, also Putin, ist ein ganz anderes Kaliber. Er ist ein richtiger Kerl. An dem beißt man sich die Zähne aus. Das gefällt der Kanzlerin – irgendwie. Denn sie steht auf richtige Kerle, wie ihre Besuche in der Umkleidekabine der Fußball-Nationalmannschaft bezeugen. Dieser – wie soll ich sagen? – animalische Charakterzug Frau Merkels sollte uns nicht zu sehr überraschen. Wer sich so lange im Amt zu halten versteht wie sie, der ist nicht einfach nur nett.

Sodann ist zu bedenken, dass es zwischen der Union und Putins Partei „Einiges Russland“ durchaus Gemeinsamkeiten gibt. Die beiden Parteien sind die dominanten politischen Kräfte in den jeweiligen Ländern. Ihrer beider Ausrichtung ist moderat, sagen wir: liberal-konservativ. Die Putin-Partei (deren Mitglied der Russe, also Putin, gar nicht ist, in der er aber natürlich trotzdem alles bestimmt) spielt im Riesenreich des Ostens eine ähnliche Rolle wie die Union im kleinen Deutschland. Sie ist, wenn man so will, die russische CDU/CSU. Eine Schwesterpartei, sozusagen – und Familienbande zählen in Russland viel mehr als bei uns.

Wir sehen: Es ist zwar nicht ganz einfach, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, aber es lohnt sich. Wir wissen jetzt mit ziemlicher Sicherheit: Der Russe, also Putin, wird sich im kommenden Wahlkampf für die Union einsetzen. Wenn am Wahlabend die ersten Hochrechnungen auflaufen und den großen Sieg der Partei verkünden, dann werden natürlich alle – die Union, ihre Medien, die Experten, eben alle – behaupten, dass dies der unverfälschte Wählerwille sei und man die russischen Beeinflussungsversuche erfolgreich abgewehrt hätte. In Moskau sitzen derweil der Russe, also Putin, und die anderen Kremlins in aufgeräumter Stimmung beisammen und stoßen auf den Erfolg der „Operation Angela“ an. Sie genießen – und schweigen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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