10H beschlossen – Bringt neue Abstandsregel den Windkraftausbau zum Erliegen?

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Bürgerenergie Bayern e.V. kündigt in Pfaffenhofen Verfassungsbeschwerde an

Mit den Stimmen der CSU-Landtagsmehrheit und gegen den Widerstand der Opposition verabschiedete das Landtagsplenum am Mittwoch das umstrittene Windkraftgesetz 10H. Es schreibt einen Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern vom Zehnfachen der Höhe der Anlagen vor (2 Kilometer) und führe nach Einschätzung der Opposition dazu, den weiteren Windkraftausbau in Bayern nahezu zum Erliegen zu bringen.

Selbst Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) räumt ein, die ursprüngliche Zielmarke von 1500 Windrädern in Bayern jetzt nicht mehr erreichen zu können.

Ausnahmen von dieser Regel, wonach zum Beispiel 200 Meter hohe Windräder mindestens zwei Kilometer von Wohnhäusern entfernt stehen müssen, können zukünftig nur durch Gemeinde- oder Stadtratsbeschlüsse oder durch Bürgervoten in den betroffenen Kommunen herbeigeführt werden.

Ach ja, da war ja auch noch der Satz mit „X“.

Kein Witz, es waren sogar zwei X und die standen im „Aktionsplan zum Klimaschutz“ der Bundesregierung hinter der Position „Klimaschutz in der Stromerzeugung„.

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Bild: Tagesschau.de

Nachfolgend die Pressemeldung des in Pfaffenhofen ansässigen „Bürgerenergie Bayern e.V.:

„(K)ein Land der Bürgerenergie“
Bayerische Staatsregierung gefährdet mit 10-H-Gesetzgebung energetische Wertschöpfung vor Ort

Im Jahr 2011 trägt Ministerpräsident Horst Seehofer dick auf und erklärt mit seiner Regierungserklärung Bayern zum “Land der Bürgerenergie”. Damals wollte er, dass alle im Freistaat von der Energiewende profitieren – nicht nur die Konzerne. Und er machte es pathetisch und deutete den Ausstieg Bayerns aus der Atomkraft als Teil eines neuen Gesellschaftsvertrags für den Freistaat um. Zitat: “Ein schneller Ausstieg bis zum Jahr 2022 ist machbar, wirtschaftspolitisch vertretbar und ethisch geboten!”

Von dieser Botschaft hat sich die bayerische Staatsregierung mit der heutigen Änderung der bayerischen Bauordnung zu den Abstandsflächen von Windrädern (kurz 10 H) ebenso größtenteils verabschiedet, wie vom eigenen ebenso 2011 in Kraft gesetzen bayerischen Energiekonzept „Bayern innovativ“.

Und dies aller Expertenmeinungen zum Trotz.
Mit IHK, bayerischem Landkreistag, bayerischem Städtetag, bayerischem Gemeindetag, Bund Naturschutz, uvm. sind sich alle Experten einig: Die 10-H-Regel ist unnötig. Der Gesetzentwurf unausgereift! Viele Klagen werden die Folge sein. Einige Organisationen haben eine Verfassungsbeschwerde angekündigt.

10 H ist eine Gesetzesänderung, welche nicht nur Wettbewerbsnachteile für private Investoren, lokale Bürgerenergie-Projekte und Genossenschaften mit sich bringt, sondern auch den weiteren Windkraftausbau in Bayern nahezu zum Erliegen bringen wird. Denn faktisch verbleibt in Bayern nach Schätzung noch 0,05 % der Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen. Die noch 2011 angestrebten 1500 Anlagen und einen Anteil der Windkraft von 10 Prozent an der bayerischen Stromerzeugung bis 2021 rücken so in weite Ferne. Ohne Windkraft fehlt also eine wesentliche Säule zur Umsetzung der Energiewende in Bayern.

Nicht zuletzt ist der Energiedialog des bayerischen Wirtschaftsministeriums damit ad absurdum geführt, da aufgrund der Einschränkungen für die Windkraft keine Ergebnisoffenheit mehr gegeben ist.

Wir erachten 10 H als überflüssigen politischen Aktionismus welcher zudem durch nicht ausreichenden Bestandsschutz für Bürgerenergieanlagen und durch zusätzliche oder erneute Konzentrationsflächenplanungen in den Kommunen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen wird.

„10H verschlechtert die Rahmenbedingungen für die Energiewende massiv. Die Folgen sind unerwünschte Alternativen in Form von z.B. Gaskraftwerken und ein zwangsläufig erweiterter Übertragungsnetzausbau. Zudem wurden mit einem weiteren Hindernis für die bayerische Windkraft zahlreiche Chancen für Bürgerenergieprojekte und damit für regionale Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Klimaschutzfortschritte sehenden Auges verspielt“, erläutert Markus Käser das Fazit des Bürgerenergie Bayern e.V..

Einzig positiver Umstand der 10-H-Regel ist, dass eventuell energieaktive Kommunen in Kooperation mit BEG gegenüber Heuschreckeninvestoren den Vorteil der Regionalität besser ausnutzen können.

“Bürgerinnen und Bürger bedauern die erschwerten Bedingungen sehr. Sie werden sich die Wertschöpfung in Bayern und die Energiewende jedoch nicht kaputtmachen lassen und jetzt erst recht weiter für eine Energieversorgung in Bürgerhand arbeiten”, so Lisa Badum von der Initiative Rückenwind und Mitglied im BEBay Vorstand.

Erwin Huber (CSU) erwähnte im Rahmen der Anhörung zu 10 H im Wirtschaftsausschuss:
„Der Atomausstieg ist irreversibel!“

Wir bitten in diesem Sinne die Staatsregierung wieder auf ihren selbst gesetzten Kurs in Richtung „Bürgerenergieland und Energiewende“ zurückzukehren und nicht der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken den Weg zu bereiten!

Markus Käser
BEBay Vorstandsvorsitzender

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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