Beschlossen – Klimaschutzkonzept für Geisenfeld

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Für manche mag es ideologisch überfrachtet, für andere die Rettung Hollands sein. Doch durch Klimaschutz, Reduktion von Emissionen und ressourcenschonendes Haushalten kann richtig  gespart und sogar Geld verdient werden. In Kommunen wie auch in privaten Haushalten. Die Stadt Geisenfeld will nun durch ein integriertes Klimaschutzkonzept -unter Beteiligung der Bürgerschaft- verantwortliches Handeln und heimische Wertschöpfungspotenziale vereinen.

Kommunen und ihre Bürger packen an“ konnten die Stadträte zu Beginn ihrer Gremiumssitzung am vergangenen Donnerstag auf der Einstiegsfolie eines Vortrages lesen.

16 Folien und 1 ½ Stunden später sollten die Stadträte darüber beschließen, ob sie grundsätzlich einen sogenannten „Energienutzungsplan“ (ENP) oder ein darüber hinausgehendes „Klimaschutzkonzept“ für Geisenfeld anpacken wollen.

Um es vorwegzunehmen: Mit 18:1 entschied sich das Gremium in einem „Grundsatzbeschluss“ für das Klimaschutzkonzept.
(Im Unterschied zu einem mit 50% bezuschussten ENP -Kosten für den Grundaufwand 5 Tsd Euro + 1,- Euro pro Einwohner = ca. 15 Tsd Euro
wird ein Klimaschutzkonzept mit bis zu 65% bezuschusst. Kosten dafür jedoch zwischen 40 Tsd und 100 Tsd Euro)

Nach der Stadt Pfaffenhofen möchte man als zweite Kommune im Landkreis „nicht nur die Klimaziele der Bundesregierung verfolgen„, dabei die Umsetzung aber nicht auf den Schultern der Bürger abladen, sondern „mit Hilfe der Bürger“ mehr Lebensqualität und zusätzliche Wertschöpfung für Geisenfeld erschließen, begründete Stadtrat Günter Böhm (USB) den diesem Vorhaben zugrunde liegenden Antrag seiner Fraktion.

Klimaschutzkonzept? Was ist das?

In ihrem Vortrag erläuterten zwei Fachleute von „Green City Energy“ Konzepte zur Effizienzsteigerung, zur Potenzialanalyse und dem Einsatz eines kommunalen Maßnahmenkatalogs hinsichtlich der gewünschten Bürgerbeteiligung.

Der Kommune Geisenfeld werden durch ein Klimaschutzkonzept CO² Minderungspotenziale aufgezeigt (technischer und wirtschaftlicher Art) um kurz-, mittel- und langfristig Emmisionen einzusparen, Energieverbräuche zu senken und CO² Minderungsziele zu definieren.  (Ausführlichere Informationen dazu imVortrag, nachfolgend zum Download)

Nach Ansicht der vortragenden Experten sei es logischer, das kostengünstigere „ENP“ nicht als ersten Schritt anzugehen, sondern es dem (beschlossenen) Klimaschutzkonzept als zweiten Schritt „nachzuschalten“ da es aufzeige, was von den vorher festgelegten Klimaschutzzielen auch umgesetzt werden könnte.

Gute Ideen zur CO² Einsparung die auch in Geisenfeld umgesetzt werden könnten

Zwei gute Beispiele zur Umsetzung hat Bürgersicht in der Stadt Lemgo entdeckt.

Energiesparen in Lemgoer Schulen„.

Mit kleinen Verhaltensänderungen haben die Schüler und Schülerinnen in den vergangenen Jahren Großes bewirkt: Um 10 bis 15 Prozent konnten sie die Kosten jährlich durch den bewussten Umgang mit Strom, Heizenergie und Trinkwasser reduzieren. Von diesem umweltbewussten Engagement profitieren die Schulen auch finanziell, denn einen Anteil des eingesparten Geldes konnten sie in weitere kleinere Energiesparmaßnahmen investieren.

Aufgrund des großen Erfolges des Schulprojekts wurde 2006 das Energiemanagement auch auf die städtischen Kindergärten und Verwaltungsgebäude ausgedehnt.
Doch bei allen Projekten gilt auch weiterhin: Honoriert werden nur die Einsparungen, die durch das ressourcenschonende Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer erreicht werden. Bauliche Maßnahmen, die einen weiteren Effekt erzielen können, werden dabei nicht berücksichtigt.

Klimaschutzpreis“ der Stadt Lemgo.
Die Bewohner eines Niedrigenergiehaus, für das der Energieausweis einen Verbrauch von etwa 9 Litern Heizöl pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche vorsieht, verbrauchten nachweislich nur knapp über 3 Liter. Dafür wurden sie als vorbildliche Energiesparer mit dem Lemgoer Klimaschutzpreis ausgezeichnet. Als Gewinner durften sie sich über Umweltfondsanteile im Wert von 500 Euro freuen.

Bis zum Aufgreifen solcher Beispiele liegt noch ein langer Weg vor Geisenfeld. Zum Einstieg in das Klimaschutzkonzept muss ein Förderantrag im ersten Quartal 2012 gestellt und externer Sachverstand dafür eingekauft werden.

Was tut Geisenfeld, was der Landkreis nicht auch tun könnte?

Gab es in den Fraktionen von CSU und FW im Vorfeld dieser Stadtratssitzung zum Antrag der USB bereits abwertende Äußerungen wie „Schaufensterantrag“ und „Hauptsache es riecht irgendwie nach Zukunft“ wurde man im Gremium schon konkreter. (Interessant dabei, der fast gleichlautende Einwand des damaligen Stadtrat und heutigen Landrat Martin Wolf (CSU) bei der Abstimmung des Pfaffenhofener Klimaschutzprojektes im Dezember 2010: „nicht einfach durchwinken, weil es nach Zukunft riecht“)

Im Landratsamt arbeite man doch bereits an einem landkreisweiten Energienutzungsplan. Warum presche Geisenfeld dem hier vor und produziere damit Überschneidungen, wollte  man im Stadtrat wissen?

Der Landkreis erstelle lediglich „Leistungsverzeichnisse für die Kommunen„, erläuterte Bürgermeister Staudter. Da dabei nur vergleichbare Daten für alle Gemeinden erhoben werden ergänze es doch nur das Geisenfelder Vorhaben.
Eventuell könne man das Geisenfelder Klimaschutzkonzept später gemeindeübergreifend auch auf andere Nachbarkommunen ausdehnen, gab Peter Keller von GreenCity Energy zu bedenken.

Kommt der Landkreis deshalb „unter die Räder“?

Nach derzeitigem Kenntnisstand von Bürgersicht arbeitet man im Landratsamt „nur“ an einem „Windgutachten„! Die Bayerische Staatsregierung will den Anteil des aus Wind gewonnenen Stroms bis 2020 auf zehn Prozent erhöhen. Dazu sind bayernweit zunächst rund 1.500 neue Windräder nötig. Als Ergebnis dieses Gutachtens aus dem Landratsamt werden „nur“ mögliche Standorte für Windräder aufgezeigt. Mehr nicht!
Bei 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten in Bayern kann sich jeder ausrechnen, was auf die Bürger zukommen könnte. Eine Bürgerbeteiligung, zum Beispiel durch Erwerb von Anteilen an der Anlage, könnte mögliche Einsprüche beim Bau von Windrädern verringern. (Gleiches gilt für den Bau von Solarparks und Anlagen)

Zum download des Flyers Bild anklicken

Wer sich über diese Problematik  informieren möchte, dem sei folgende prominent besetzte Podiumsdiskussion empfohlen:

Landschaftsschutz in Zeiten der Energiewende – Kommt unsere Heimat unter die Räder?
Am: 23. November 2011, Beginn 19.30 Uhr
Ort: TU München, Hauptgebäude, Arcisstraße 21, Hörsaal 1180

Betreibermodelle mit Bürgerbeteiligung sind die Zukunft.

Auch hierbei könnte das Vorgehen der Stadt Pfaffenhofen für die Landkreisgemeinden Vorbildcharakter haben. Dort beschloss der Stadtrat im September 2011 einstimmig, „öffentliche Flächen zu energetischen Zwecken künftig nur bei entsprechend zugesicherter Bürgerbeteiligung zur Verfügung zu stellen„.

Der flächendeckende und dezentrale Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland ist für Kommunen umso profitabler, je mehr Anlagen, Betreibergesellschaften, Hersteller oder Zulieferer vor Ort angesiedelt sind. Dazu ein Auszug aus „Wikipedia„:

Albert Filbert, Vorstandsvorsitzender der HEAG Südhessische Energie AG mit Sitz in Darmstadt, bestätigt diesen Trend: „Die Regionen und Kommunen erkennen vermehrt die Bedeutung einer aktiven und weitschauenden Daseinsvorsorge, die den ökonomischen und ökologischen Interessen des Gemeinwesens am besten entspricht“, so Filbert. Ein verstärktes Engagement in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz biete dabei die Chance zur Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg, zur Finanzierung wichtiger kommunaler Vorhaben und Haushaltsentlastung, zur Sicherung des Standortes, der Arbeitsplätze und der lokalen Wertschöpfung.

Doch nicht nur große Stadtwerke profitieren vom Umstieg auf Erneuerbare Energien, sondern aufgrund der dezentralen Struktur besonders auch der ländliche Raum. Das zeigt das Beispiel des Rhein-Hunsrück-Kreises in Rheinland-Pfalz. „1999 haben wir mit den Erneuerbaren Energien angefangen und sind seither nicht mehr zu bremsen“, berichtet Landrat Bertram Fleck (CDU). Heute decken in der Region 1500 regenerative Energieanlagen fast 60 Prozent des Strombedarfs. „In wenigen Jahren werden wir Stromexporteur sein und erwirtschaften dabei 14,6 Millionen Euro kommunale Wertschöpfung pro Jahr“, betont Fleck.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=PYlKGCahoQU&feature=related[/youtube]

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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