Wenn man bestimmten Politikern doch endlich einen Fußtritt geben könnte.

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Die wachsende Unzufriedenheit über das politische Establishment wird sichtbar.

Werden bestimmte Sachverhalte ausführlich und über einen langen Zeitraum in den Medien bespiegelt, werden sie zwangsläufig zum bestimmenden Gesprächsstoff. Die Bürger positionieren sich dazu und kämpfen zuweilen mit ihrer Meinung den Kampf des Gerechten dazu. Klever genutzt, geben Politik und Medien so den begrenzten Rahmen innerhalb des gewünschten Debattenraums vor. Doch es gelingt nicht immer.

Wenn etwas in den Nachrichten nicht vorkommt gibt es das dann überhaupt?

Medial begleitet beschäftigen wir uns nicht etwa mit der unambitionierten deutschen Umwelt- und Klimapolitik, sondern fokussieren uns derzeit auf den „brennenden Regenwald“. Selbst innerhalb dieser Ablenkung schafft man es, den politisch unterstützten Medienfokus auf den als bösen erkannten brasilianischen Regenwaldvernichter Jair Bolsonaro maximal ausgewalzt zu verengen, obwohl nebenan, im noch wilder feuerrodenden Bolivien des Evo Morales, oder im afrikanischen Angola oder Kongo der dortige Regenwald noch stärker als in Brasilien dezimiert wird. (Madagaskar nicht zu vergessen)

Man beschäftigt uns mit der restriktiven Haltung des derzeit noch amtierenden italienischen Innenministers gegenüber „Seenotrettern“, und verdrängt dabei ganz lässig die Frage, welchen Bohei es wohl in deutschen Küstenstädten geben würde, wenn z.B. ein im Mittelmeer mit Geretteten gestarteter „Seenotretter“ plötzlich in Bremerhaven, Brunsbüttel oder Hamburg auftauchen würde.

Und ganz aktuell werden wir medial angeleitet, uns mit einem rauf und runter beschriebenen wahltaktisch von der SPD ins Spiel gebrachten Untoten zu beschäftigen. Der Vermögenssteuer. Hallo Leute, da habt ihr etwas auf dem ihr rum kauen, rum meinen und rum neiden könnt. Dass dieses Thema nach den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland nicht nur wegen der bei Gesetzesvorhaben zahnlos gewordenen SPD wieder sang und klanglos verschwinden dürfte …. Ist egal. Lasst es uns erstmal zu Tode reiten. Alles ist besser als die Beschäftigung des Volkes mit seinen Volksvertreteren.

Und da sind wir beim eigentlichen Thema.

Wie oben beschrieben, beschäftigt sich die Öffentlichkeit in der Regel mehrheitlich mit von Politik und Medien penetrierten Themen. Wenn selbst jede noch so unbedeutende Wasserstandsmeldung dazu ausgiebig in den Nachrichten auftaucht, und in Talkshows sich die unterschiedlichsten „Experten“ dazu in Stellung bringen, scheinen die Eckpfeiler der drängendsten Fragen zurzeit in der Bevölkerung abgedeckt.

Ist das so? Nein. Denn es gibt Ausnahmen von dieser Regel.

Es gibt unter der medial beleuchteten Oberfläche mehrheitsfähige Themen, Gefühle und Ansichten die sich dem sublimen Diktat der von Politik und Medien verordneten Betrachtungsauswahl entziehen. Zum Beispiel in Aussagen zu Umfragen.

Frage: Haben sie aktuell etwas vom massiven Unmut der Bürger über Politik und Parteien gehört?

Antwort: In persönlichen Gesprächen ja, nicht aber aus den Medien.

Platz drei der dringendsten Probleme in Deutschland: der Politiker

Sieht man sich eine aktuelle Umfrage zu den“ drängendsten Problemen der Gegenwart in Deutschland“ an (Forsa Umfrage im Juli und August 2019 im Auftrag des „RTL/n-tv-Trendbarometers“  unter  5.000 Wahlberechtigten) erfährt man,

dass „jeder vierte Wahlberechtigte die Politiker, ihre großspurigen Rituale, das Phrasenhafte ihres Auftretens und die Fragwürdigkeit ihrer Leistungen als das drängendste Problem der Gegenwart“ empfindet. (Steingarts Morning Briefing)

Im Ranking dieser Umfrage steht dieser Unmut über die politische Klasse nach „Umwelt und Klima“ (38 %), Zuwanderung und Flüchtlinge (25 %) mit 24 % an dritter Stelle.

 

Sieht man sich die Meldungen zur Umfrage an fällt auf, das die Schlagzeilen dazu, wenn überhaupt, nur die ersten beiden Problembereiche benennen.

Selbst der Auftrag gebende Sender n-tv ergeht sich in Bescheidenheit und titelt „Trendbarometer- Klimaschutz drängender als Zuwanderung“. Sicher, in den nachfolgenden Texten wurde auch Platz Drei gestreift. Kennt man jedoch die Text Abstinenz deutscher Meldungsrezipienten kann man erahnen, das außer der Schlagzeile nicht viel mehr hängen bleibt. (Das Gros der Presse gab der Einfachheit halber nur die dpa-Meldung „Umfrage: Sorgen bei Klimaschutz und Zuwanderung“ weiter) Die Aussage zum Unmut über die politische Klasse verpufft also.

Und plötzlich gehen sie auf die Straße.

Doch der Unmut ist ja vorhanden. Er verschwindet ja nicht dadurch, dass er in der medialen Betrachtung  nur beiläufig vorkommt.

Wenn die kleine Gruppe der „Nachrichtenlieferanten“ im Zusammenspiel mit politischer Macht  glaubt, sie könne die weit größere Gruppe der Nachrichten konsumierenden Bürger durch die Auswahl der Nachrichten lenken, in ihrem Sinn beeinflussen oder gar dominieren, dann mag dies -im übertragenen Sinn- nur auf Truthähne zutreffen, die sich auf Thanksgiving freuen.

Alle anderen aber (wie SIE eben) informieren sich abseits des Mainstreams, spüren in persönlichen Gesprächen Stimmungen nach und werden feststellen: Holla, wir sind ja weit mehr als gedacht.

Und so kann es kommen, dass medial nicht virulentes sich plötzlich Bahn bricht, Überzeugungen und Stimmungen in großer Zahl auf die Straße schwappen und die Politik daneben steht und sich fragt, wie sie das nur übersehen konnte. (Ein gutes Beispiel wäre Merkels Aussage zur FFF-Bewegung auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Wie kann es sein, das plötzlich so viele Kinder auf die Straße gehen? Wir hatten doch versucht das Thema klein zu halten)

Sogar im Amerika des Donald Trump sind „70% wütend auf  das politische und finanzielle Establishment“.

(Und ich glaube nicht dass das mit dem „deutschen Blut“ Trumps zusammenhängt, das er bei einem Presseauftritt mit Merkel ansprach, was diese wiederum mit einem neuerlichen „Fremdschäm-Auftritt“ quittierte

Dieses „wütend sein“ ergab eine am 10. und 14. August 2019 durchgeführte Umfrage von NBC News/Wall Street Journal (pdf) unter 1000 Erwachsenen.

Auf die Frage, ob die nachfolgende Aussage ihr Gefühl richtig beschreibt antworteten 70 % der befragten Amerikaner mit „sehr gut“ oder „etwas gut“. (Davon sagten allein 43 Prozent, dass diese Aussage sie „sehr gut“ beschreibt)

Diese Aussage wurde ihnen vorgelegt: „Sie fühlen sich wütend, weil unser politisches System anscheinend nur für die Insider mit Geld und Macht arbeitet, wie die an der Wall Street oder in Washington, anstatt dafür zu sorgen, dass die Menschen im Alltag vorankommen“.

Man kann also erkennen, dass Demokratien –oder besser das, was Politiker aus ihnen gemacht haben- bei  ihren Bürgern auf Kritik stoßen und ihre Gemeinwohlwirkung zunehmend hinterfragt und als vollkommen unzureichend erkannt wird.

Dass das staatstragend ausgerichtete Journalisten und die auf diese „published opinion“ bauenden Spitzenpolitiker beunruhigen dürfte liegt auf der Hand. Hatten sich doch beide Gruppen die letzten Jahre damit verbracht,  sich in friedlicher Koexistenz zum beiderseitigen Vorteil die Bälle zuzuwerfen. Was der eine an Wünschenswerten unters Volk gebracht haben wollte, verbreitete der andere als objektive Nachricht, wenn nicht sogar als „alternativlos“ zu verstehende Einschätzung.

Wie schon aus dem Artikel  über die Ängste der Deutschen, „Wahrnehmung – Der merkwürdige Anstieg der Ängste vor den womöglich falschen Dingen“ ersichtlich, gelingt es dem politischen Establishment immer weniger,  mit medial eilfertig unterstütztem Segeln unter dem Radar der bürgerlichen Aufmerksamkeit der Kritik auszuweichen.

Wenn jetzt noch die klimaerweckte Jugend anfängt, ihren noch immer allgemein gehaltenen Protest zu personalisieren, könnten auch die Truthähne ins Grübeln kommen.

Wenn es nur so einfach wäre

Doch alle zusammen würden wir uns zuerst um die Frage versammeln müssen, warum der Bürger seinem Ärger nicht den gebotenen Nachdruck verleihen könnte und man einige der Minderleister oder dem Gemeinwohl als abträglich erkannte politische Repräsentanten nicht vor die Tür setzen kann?

Doch diese Frage ist leicht zu beantworten. Der Bürger kann innerhalb einer Legislaturperiode niemand aus dem politischen Schlaraffenland werfen sofern der Betroffene das nicht selber möchte. Denn die Politik hat hier mit privilegierenden Rechtsvorschriften für sich selbst vorgebaut. Und um diese abzuschaffen oder verändern zu können, also zum Beispiel dem Bürger die Möglichkeit zu geben, politische Leichtgewichte jederzeit vor die Tür zu setzen, darüber kann einzig und allein die Politik selbst entscheiden.

Ist es für sie überraschend, wenn ich gerade an dieser Stelle zusammenfassend darauf hinweisen möchte, dass sich dieser Artikel mit dem Ärger beschäftigt, den die Bürger mit der sich derzeit in unserem Land darbietenden Demokratie haben?

 

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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