Euro statt D-Mark / Versailler Vertrag reloaded?

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Bei dem Versuch, eine nachvollziehbare Lösung möge sich bei der Reflektion von Meinungen, Expertenratschlägen und Leitartikeln zur Eurokrise für die eigene Meinungsbildung erschließen, überkommt einen ein Déjà-vu.

Bis zum 30. Juni 2011, dem Tag des -derzeit- endgültigen Endes für Kernkraftwerke in Deutschland, konnte man nicht wirklich sicher sein, dass die eigene Sicherheitsanalyse zwar mehrheitsfähig aber trotzdem nicht richtig war. Bedurfte es für das vom Bundestag besiegelte Aus für die Atomkraftnutzung der 110 Tage zurückliegenden Atom-Katastrophe in Fukushima, hatte sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung bereits Jahre vorher entschieden: Raus aus der Atomkraft!

Doch waren die der Öffentlichkeit dabei zugänglichen Fakten über Gefährlichkeit oder Unbedenklichkeit der Kernkraft wirklich ausreichend, um eine objektive Meinungsbildung in der Bevölkerung zu ermöglichen? Waren die über Jahre und Jahrzehnte gestreuten Fakten frei von weltanschaulichen, ideologischen oder ökonomischen Zielen dienendem Ballast?

Rückblickend kann man erkennen: NEIN.

Sowohl bei Errichtung, Betrieb oder der Beherrschung von Störfällen von AKWs als auch mit der strahlenden Hinterlassenschaft der Endlagerproblematik wurde getrickst und getäuscht.

Der betroffene Bürger musste, mittels vermeintlich-objektiv-zuverlässiger Angaben, eine von interessierter Seite manipulierte Haltung dazu einnehmen. Und da diese Haltung auf zum Teil verwässerten, zumindest halb garen Angaben basierte, war diese Haltung keine wirklich begründbare. Eine erschreckende Erkenntnis für Zeitgenossen, die sich um vermeintlich unvoreingenommene Informationsquellen bemühen. Wie es scheint, ein fast unmögliches Unterfangen.

Die Veröffentlichungen zum Thema „Manipulation der Öffentlichkeit“ beginnen im Zeitalter der Hexenverbrennung und enden wöchentlich an den Regalen mit  Hochglanzzeitschriften.

Und nun sind wir erneut in einer Lage, in der wir uns aus der Experten-Kakophonie in Zeitungen und Talkshows und „alternativlosem“ Regierungshandeln eine „objektive“ Meinung bilden wollen, ja sollen!

Doch die Debatte um die vermeintlich richtige Politik im Euro-Raum lässt dem in Sachen Finanzfragen zwar untrainierten aber daran sehr interessierten Bürger keinen Raum zur Meinungsbildung. Das Themenspektrum dazu erhöht sich täglich und die Lösungsansätze dafür widersprechen sich im Stundentakt.

Demonstrationen bestimmen zunehmend das Bild, Zahlen für Rettungsaktionen erklimmen Billionengipfel und deutsche Minister führen Diskussionen bereits in Gossensprache. Zu allem Überfluss dokumentiert eine Fernsehreportage die gesetzgeberische Überforderung deutscher Parlamentarier.

Hier ist es wieder, das Déjà-vu.

Und nun kommen noch Verschwörungstheorien hinzu!

Welche Kröten musste Deutschland im Zuge der Wiedervereinigung schlucken? Gab es geheime Absprachen die der damalige Kanzler, der Europaeuphoriker Helmut Kohl treffen musste, um sich das Etikett „Kanzler der Einheit“ umhängen zu dürfen? („Kanzler der Einheit“, eine anmaßende und wohlfeil gedrechselte überhöhende Bezeichnung für einen Kanzler, dessen eigener Anteil an der Wiedervereinigung darin bestand, die auf einem Silbertablett präsentierten Teile mit mäßig anspruchsvoller Staatskunst verleimen zu dürften und seiner sicheren Abwahl damit entgegenwirken zu können)

Hans-Olaf Henkel , ehemaliger Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie orakelt in seiner aktuellen Handelsblatt-Kolumne „Henkel trocken„:

Wie aus dem Euro ein Franc wurde! (17.Oktober)

Wann merken Merkel und Schäuble eigentlich, dass wir weniger für Griechenland oder für den Euro als für die französischen Banken bürgen? Ich bin wahrlich kein Anhänger von Verschwörungstheorien, aber mir wird langsam klar, dass die im Internet kursierenden Gerüchte, Mitterand hätte im Zusammenhang mit der Aufgabe der D-Mark von einem „Versailler Vertrag mit friedlichen Mitteln“ gesprochen, stimmen könnten„.

Mit seinen Ansichten zum derzeitigen Eurokurs füllt der ehemalige Euro Befürworter mittlerweile Konzerthallen. Für den heutigen Vortrag im westfälischen Münster wurden bisher über 1000 Karten verkauft (Samstag 22.Oktober, 20 Uhr) Vorträge in Berliner und Hamburger Stadien sollen folgen.

Möchte man Henkels Ansichten folgen oder sie untermauert sehen wollen, so bietet sich Gehaltvolles zwischen zwei Buchdeckeln dazu an. Den Inhalt dazu liefert der Experte für Geld- und Konjunkturpolitik Philipp Bagus, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Madrid.

Buchtitel: „Die Tragödie des Euro

In seinem Buch erfährt man, das „die Deutsche Bundesbank, von französischer Seite als die deutsche Atombombe bezeichnet, vielen europäischen Politikern ein Dorn im Auge“ war. „Der Fall der Berliner Mauer wurde dann genutzt (vor allem durch Mitterand), um das Projekt der Einheitswährung voranzutreiben„.

Bagus beschreibt in seinem Buch die Rolle deutscher und französischer Politiker, die die Wiedervereinigung Deutschlands mit der Aufgabe der D.Mark gekoppelt hätten. „Über Jahrzehnte hatte die Bundesbank die europäische Geldpolitik diszipliniert. Wer beim konservativen Kurs der Bundesbank nicht mitzog, musste auf peinliche Weise abwerten„.

Das ist nun vorbei. „Schließlich bürgte jetzt indirekt Deutschland für die Staatsschulden der Euroländer. Nicht nur die Risikoprämie sank, auch die Inflationserwartungen sanken in diesen Ländern„.

Muss man erst Bücher ausländischer Professoren lesen um zu erfahren was uns unsere Volksvertreter verschweigen?

Dazu passt der Schluss aus Olaf Henkels Kolumne:
 „Übrigens, am 3. Oktober 2010 zahlte Deutschland 200 Millionen Euro als Abschlusszahlung aus dem Versailler Vertrag. Sollte das doch nicht die letzte Rate gewesen sein?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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