Guttenberg Plagiatelle – Wie “ausdrücklich” und “bewusst” ist “vorübergehend”?

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Er habe am Wochenende festgestellt „wie richtig es war, das ich am Freitag gesagt habe, das ich den Doktor-Titel nicht führen werde. Ich sage das ganz bewusst„. Da war er wieder der altbekannte „Gutti„. Wollte er doch am Freitag, womöglich „unbewusst“ aber öffentlich, nur „vorübergehend -ich betone vorübergehend- auf das Führen des Titels verzichten„.

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Update 23.Februar / 19:35 Uhr: Uni Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel. Nachweis der „Täuschung“ bleibt einer nachfolgend tätigen Kommission vorbehalten.

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Räumte Karl-Theodor zu Guttenberg noch am Freitag vor den schnell vor den Toren des Verteidigungsministeriums zusammengeklaubten Journalisten „fraglos Fehler“ in seiner Doktorarbeit ein, sprach er bei seiner Rede am Montag im hessischen Kelkheim davon, er habe erkannt „gravierende Fehler gemacht“ zu haben, als er sich am Wochenende mit seiner Arbeit erneut beschäftigte.

Da er diese Fehler „nicht bewusst gemacht“ habe, musste er sich natürlich „selbst fragen: Wie konnte das geschehen, wie konnte das passieren.“ Und lieferte -schwurbelig „guttig“- die Antwort gleich mit:

Man(n) hat 6-7 Jahre an einer solchen Arbeit geschrieben, und hat in diesen 6-7 Jahren, möglicherweise an der ein oder anderen Stelle, an der ein oder anderen Stelle auch zu viel, auch teilweise den Überblick über die Quellen verloren„.

( Um den aktuellen Stand der Plagiatsfunde auf „GuttenPlag_Wiki“ sehen zu können, bitte auf das Bild klicken)

Womöglich hatte es diesen Erkenntnisgewinn ohne das Studium der Internetseite „GuttenPlag“ für ihn nie gegeben. Wo er im laufe seines siebenjährigen Arbeitens an der Doktorarbeit „möglicherweise“ ,“teilweise“ den Überblick verlor, und nach der Verleihung des akademischen Grades und der Auszeichnung „summa cum laude“ auch keinen Überblick über „Fehler“ mehr brauchte, da sprangen die Plagiate „Gutti“ innerhalb nur eines Wochenendes plötzlich ins Auge?

Nur Gutgläubige würden diese Wochenend-Erkenntnis KaTegorisch bejahen!

Und davon scheint es in Deutschland erschreckenderweise mehr als genug zu geben. Schäumt bei dieser „guttigen“ Glaubwürdigkeitsshow nur das deutsche Bildungsbürgertum? Fühlen sich nur Angehörige aus der etwas über eine Million zählenden Riege der Doktor-Titel-Träger verarscht?

Es scheint fast so. Glaubt man den allzu bemüht ins mediale Licht gerückten Umfragen interessierter Kreise, so wird dem „noch Doktor“ (der Dr. müsste ja erst aberkannt werden, ein selbst gewählter Verzicht auf den Doktortitel ist Augenwischerei) in Deutschland derzeit alles verziehen.

Die Affäre um die Plagiate in der Doktorarbeit ist die Eine Baustelle, die er jetzt mit seinem Brief an die Universität Bayreuth beenden möchte. (Auszug: „Mit diesem Schreiben möchte ich Sie bitten, die Verleihung meines Doktorgrades zurückzunehmen„).

Sein eventueller Rücktritt als Verteidigungsminister bleibt jedoch die zweite Baustelle.

Auf der ersten Baustelle habe er die Öffentlichkeit „dreißt“ getäuscht, so die Opposition im Deutschen Bundestag. „Niemand, ich betone niemand, montiert in einem Umfang von über 100 Seiten fremde Texte, ohne zu wissen, was er tut. Das geht nicht ohne Vorsatz.“ zitiert die „FAZ“ den „Gutti-Stil“ imitierenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Jürgen Trittin.

Sollte es den schreibenden Schaufelbaggern aus der Ecke der Guttenberg Bewunderer nicht gelingen, die auf dieser Baustelle rumliegenden Glaubwürdigkeitsdefizite, überdehnten Wahrheiten, verbeulten Charaktereigenschaften und die Fässer mit der fauliger Brühe aus Realitätsverlust und Volksverarsche beiseite zu schaffen, so wird der adelige Oberpolier „ausdrücklich„, ganz „bewusst“ und nicht nur „vorübergehend“ oder „teilweise“ die Führung der dort tätigen Truppe einem Anderen überlassen müssen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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