Die letzte demokratische Hoffnung trug Robe

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Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen. Zum „ESM“, dem Euro-Rettungsschirm. Die Bürger setzten große Hoffnung in diese Entscheidung. Denn letzten Umfragen zufolge vertrauen sie weit stärker dem Verfassungsgericht, auf dessen Zusammensetzung sie keinen Einfluss hatten, als dem Verfassungsorgan Bundestag, dessen Abgeordnete sie selbst wählen durften.

Wo drückt die Deutschen der Schuh, wovor haben sie die größte Angst? Seit 20 fragt die GfK (im Auftrag der R+V-Versicherung) in einer repräsentativen Studie die Deutschen nach ihren größten Ängsten. Der Dauerbrenner seit Beginn der Umfrage und 13 maliger Spitzenreiter der letzten 20 Jahre, die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten.

Seit 2001 plötzlich mit im Ranking: Die Angst vor „Überforderung der Politiker„. „Mit 55 Prozent rangiert die Furcht vor der Überforderung der Politiker in diesem Jahr auf Platz 2, gefolgt von der Befürchtung, dass sich die Wirtschaftslage verschlechtern könnte“, vermeldet die neueste Studie.

Das „Institut Allensbach“ meldet als Ergebnis seiner Umfrage:
Vertrauenswert Bundesverfassungsgericht 75%, Vertrauenswert Bundestag 39%.

Die Mehrheit der Deutschen zweifelt daran, dass die Volksvertreter ihren Aufgaben gewachsen sind und setzte als letzte Hoffnungen auf die rot gewandeten Richter in Karlsruhe. Doch den Richterspruch vom vergangenen Mittwoch zum „ESM mit Auflagen“ befürworteten nur 48% der Bürger. Bei 39% Ablehnung und einer von 75% der Befragten angegebenen Befürchtung, die Karlsruher Entscheidung berücksichtige die Interessen Deutschlands nicht ausreichend.

Bei der Komplexität des Sachverhaltes dürfte der Großteil der Bürger dabei vorrangig auf die Beruhigung eines diffusen Bauchgefühls gehofft haben. Könnte sich „Otto Normalbürger“ zum Beispiel auch substanziell mit der Ansicht eines Professors für EU-Recht auseinandersetzen, wäre er wie Heinrich Heine „um den Schlaf gebracht„, als dieser -in seinem Gedicht „Nachtgedanken“- in der Nacht an Deutschland dachte.

Dr. Gunnar Beck (University of London) schrieb in einem Beitrag der SZ vom 7. September: „Der Rettungsfonds (ESM) ist rechtswidrig„. Er „institutionalisiert den Verfassungsbruch„.(z.B. sind einmal gefasste ESM-Ratsbeschlüsse rechtlich weder revidier- noch einklagbar. Selbst bei fehlender parlamentarischer Prüfung, ein angeblich nicht zu unterlaufendes Mitspracherecht des deutschen Parlaments. ESM-Angehörige genießen Immunität, unterliegen einer lebenslangen Schweigepflicht und haben somit -böse formuliert- einen Freifahrtschein. Siehe Artikel 35 und 32)

Nachdem die Mehrheit der Deutschen ihr Vertrauen in die Berliner Politik gegen aufgeklärten Realismus tauschte, sich trotz allem einen neuen Hoffnungsträger in Karlsruhe ausguckte und auch von dort enttäuscht wurde, wo soll nun die eierlegende Wollmilchsau herkommen, die dem Deutschen Michel seine größten Ängste vertreiben könnte?

Selbst die ausgedehntesten Erkundungstouren bieten derzeit keine Erfolgsaussichten. „Curiosity“, die vor einigen Tagen auf dem Mars gelandete Sonde, prüft gerade erst, ob es dort überhaupt Leben gibt. Damit ist auch von Außerhalb der Erde erst mal keine Lösung dieses Problems zu erwarten!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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