Elon Musk – Der medienpolitische Supergau

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Aber ja! Jetzt, wo sie es sagen, riech ich es auch“, raunte eine Konzertbesucherin einer ihr gegenüberstehenden Dame während einer Konzertpause zu. Diese hatte sich zuvor über die schlechte Akustik des Konzertsaals mokiert.

Die mit diesem Bonmot zum Ausdruck gebrachte Eigenart, die Umwelt mit der Fassade eines „mehr scheinen als Sein“ zu beeindrucken, konnte man anlässlich des zu Ende gegangenen Jahres 2024 besonders gut an Politikern, ihrem Drumherum und einigen Journalisten studieren.

Die Ignoranz ihres Tuns, wobei diese Unvernunft nicht zwangsläufig nur einem Mangel an Verständnis, sondern auch einem nicht besser wissen wollen geschuldet zu sein scheint, wird mit Arroganz, Selbstüberschätzung und Überheblichkeit kompensiert.

Da wird z. B. der in einer deutschen Zeitung veröffentlichte Meinungsbeitrag „Warum Elon Musk auf die AfD setztvon Elon Musk, einem US-amerikanischen Multimilliardär und auch in Deutschland investierenden Unternehmers, als „übergriffiger und anmaßender Wahlaufruf“ gewertet. (Kanzlerkandidat der CDU/CSU Friedrich Merz)

Musk wolle, so wie auch Putin, „dass Deutschland geschwächt wird und ins Chaos stürzt“. Und überhaupt: „Eine solche Einmischung verbietet sich“. ( 50% SPD-Chef, Lars Klingbeil).

Die zweite Hälfte dieses SPD-Vorsitzenden Duos, die 2019 mit dem zweitschlechtesten Ergebnis bei einer SPD-Vorsitzendenwahl ohne Gegenkandidaten gestartete Saskia Esken befand spezialdemokratisch, zwar könne im Wahlkampf auch „die Meinungsäußerung eines ausländischen Stichwortgebers eine Rolle spielen. Aber man muss sie nicht abdrucken„. Eine Einmischung von außen sei nicht zu akzeptieren. „Unsere Demokratie nimmt es nicht hin“ so Esken.

Der Meinungsbeitrag von Musk sei „Desinformation“ (ZDF-Journalistin Nicole Diekmann), gar „verfassungsfeindliche Agitation“ (Handelsblatt-Reporterin Teresa Stiens).  

Und dieser „Freifahrtschein für den rechtspopulistischen Milliardär Elon Musk“, müsse „Konsequenzen haben“, denn „Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen“, mahnt der Vorsitzende vom „Deutschen Journalisten-Verband“ (DJV), Mika Beuster.  

Ein in Deutschland sozialisierter Staatsbürger dürfte entgeistert auf derartige Einlassungen blicken. Hatte er doch von Kindesbeinen an z. B. gelernt, dass das Wesen einer Demokratie, das Ringen um den politisch richtigen Weg darin, Meinung haben und Meinungsvielfalt aushalten, gänzlich andere Festlegungen und Vereinbarungen beinhalten, als sie in den sich an Elon Musk abarbeitenden Wortmeldungen Verwendung finden.

Wer derartig abwegiges von sich gibt, egal welche Berufsbezeichnung er für sich reklamiert oder welchem gesellschaftspolitisch dominierenden Teil der Handlungselite er sich zugehörig fühlt, kann schwerlich in einem aufgeklärten, sondern muss in einem Bildung verabscheuenden Umfeld leben oder gelebt haben. Auch in einem Milieu mit dem Deutschen Grundgesetz kann er offensichtlich nicht gelebt haben. Denn das dort im Artikel 5 garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung wird von zu vielen an der Musk-Kritik beteiligten Personen entweder bewusst, in Unkenntnis oder aus Dummheit mit Füßen getreten.

Doch die Gründe für das in ihrer Kritik aufscheinende Defizit an Verständnis und Kenntnissen demokratischer Regeln sind dabei völlig unerheblich. Im Endeffekt bedeuten sie nur eines: Durch ihr Unvermögen disqualifizieren sich diese Personen für jedwede, wie auch immer geartete politische Einflussnahme in unserer, oder auf unsere Gesellschaft.

Eingangs dieses Artikels betrachteten wir also den Meinungsbeitrag eines ausländischen Milliardärs in einer deutschen Zeitung. In diesem Beitrag verteufelt der im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten in Deutschland nicht die AfD, sondern kritisiert das Versagen der „traditionellen Parteien“. Warum er in der AfD den „letzten Funke Hoffnung für dieses Land“ sieht, begründet er in seinem Meinungsbeitrag anhand zahlreicher Beispiele. 

Diese Einschätzung kann man in einem Land, das die Meinungsfreiheit wertschätzt, selbstverständlich haben. Doch wie es scheint, nicht unbedingt in Deutschland!

Hier wertet man diese Sichtweise als Desinformation, oder als übergriffige Wahlkampf Einmischung auf dem Niveau verfassungsfeindlicher Agitation. Eine Meinungsäußerung, die Deutschland ins Chaos stürze und die man deshalb besser nicht abdrucken hätte sollen.

Oberflächlich betrachtet erscheinen einem diese Reaktionen ziemlich überzogen, irgendwie wirr und total unangebracht. Mit einem Wort: Deplatziert!

Im Detail analysiert erbringen sie jedoch eine erschütternde Erkenntnis: Viel zu viele aus den Reihen derer, die sich einer politischen, journalistischen oder intellektuellen Elite zugehörig wähnen, sind Blender. Sie geben vor, eine Arbeit zu verrichten und zu beherrschen, die überdurchschnittliche Allgemeinbildung, berufsspezifisches Wissen und gesellschaftliche Verantwortung in sich vereinen.

Doch selbst homöopathische Dosen dieser Anforderungen scheinen in den schrankenlos inkorrekten Kritiken am Meinungsartikel von Musk nicht auf. Ungehemmt werden unsachgemäße Auslegungen und Begriffe in tradiert gegensätzliches impliziert, um mit idiologisch geschwängerten Sinnumdeutungen zumindest eine windige Deutungshoheit suggerieren zu können.   

Doch „eine pointierte Meinung ist noch keine Gefahr für die Demokratie“ stellte Tübingens Ex-Grüner Oberbürgermeister Boris Palmer in einem Meinungsartikel klar. Musks „Wahlempfehlung für die AfD führt nur zu hysterischen Reaktionen“, ergänzte er auf seinem Facebook-Profil, „weil die vorausgehende Analyse [in seinem Meinungsartikel] leider nicht so falsch ist“.

So richtig unappetitlich wird es für Beobachter aber erst, wenn man sich mit den Erinnerungslücken von Friedrich Merz beschäftigt. Der Mann, der die Rumänen anlässlich der bevorstehenden (jedoch abgesagten) zweiten Runde der Präsidentenwahlen am 8. Dezember 2024 auf „X“ aufforderte, „Stimmen Sie für die pro-europäische Kandidatin @ElenaLasconi“, kann sich schon am 29. Dezember nicht mehr an seinen „anmaßenden Wahlaufruf“ erinnern. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hat“. Was soll man davon halten? Entweder ist Rumänien keine westliche Demokratie, kein befreundetes Land, oder Merz verspricht sich einen Vorteil bei der in zwei Monaten stattfindenden Bundestagswahl, wenn auch er wie Scholz (Cum-Ex-Steuerskandal) Erinnerungslücken vorweisen kann?

Diese „Einmischung von außen“ (Sakia Esken) die man dem „westlichen Oligarchen“ (der Grüne Konstantin von Notz) Elon Musk nun vorwirft, pflegte man aus Deutschland heraus nicht erst seit es Friedrich Merz tat. Lars Klingbeil tat es 2024 in den USA, als er Kamala Harris „die Daumen drückte“. Der SPD-Bundestags Abgeordnete Ralf Stegner flog 2016 „eigens in die USA und zog für Hillary Clinton von Tür zu Tür“ (SPD-Postille Vorwärts).  Ursula von der Leyen tat es 2017 noch als Verteidigungsministerin, als sie in einer deutschen Talkshow dazu aufrief, den „gesunden demokratischen Widerstand der jungen Generation in Polen“ gegen die Regierungspolitik zu unterstützen.

Und anlässlich der für Oktober 2024 in Georgien anberaumten Parlamentswahlen, reisten im September 2024 4 Bundestagsabgeordnete des „Auswärtigen Ausschuss“ nach Georgien. „Um einen Punkt zu setzen“, wie einer der 4, Jürgen Hardt (CDU), am 6. September 2024 in einem Facebook- Video aus der Deutschen Botschaft in Tiflis erklärte. Er und 3 Abgeordnete aus der „Ampel“-Fraktion bekräftigten in Gesprächen mit Oppositionellen und der „Zivilgesellschaft“, ihre regierungskritische Haltung und die „uneingeschränkte Solidarität mit der georgischen Zivilgesellschaft“.

Und dieses orwellsche „doublethink“ dürfte sich in Deutschland auch in diesem Jahr weiterhin breitmachen. Als Indiz dafür kann man die Wortmeldung des Wahlkampfleiters und Stv. Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Deutschen Bundestag, Andreas Audretsch werten. Am 28. Dezember 2024 räumte er auf seinem „X“-Account gleich alles ab, was „unseren demokratischen Diskurs untergraben“ könnte: „Es beschädigt unsere Demokratie, wenn Herr Musk, der chinesische Staat od. Moskaus Troll-Fabriken unseren demokratischen Diskurs untergraben. Unsere Aufgabe als demokratische Kräfte ist es, das zu stoppen“. (Etwas gekränkt bin ich, dass er in seiner Aufzählung meine Opas gegen Denkverbotenicht erwähnte)

Also aufgemerkt:  Was wir Deutschen denken und tun, dürfen Musk und andere noch lange nicht denken und tun. Kein Wunder, dass uns die Welt so respektiert.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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