Energiewende -Stromschlag nur für Privathaushalte?

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Wintereinbruch Ende Oktober. Temperaturen unter null Grad und die Scheibe im Stromzähler dreht, einem Perpetuum mobile gleich, unermüdlich ihre Runden. Doch keine physikalische Ausnahmeenergieform hält den Verbrauchszähler am Laufen, es sind profane Cent und Euros die die Umdrehungen ermöglichen. Demnächst wird die Umdrehung wieder etwas teurer.

Gesicherte Zahlen wird es auch Ende diesen Jahres nicht geben, doch nach Schätzungen des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen dürften sie 2012 zwischen 600.000 und 800.000 liegen. Haushalte die von einer Stromsperre betroffen waren. Dort fehlten die nötigen Euros um die Aluminiumscheibe im Verbrauchszähler in Bewegung zu halten.

Bei finanzieller Notlage kommt der Deutsche nach und nach vielen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nach. Versicherungen, Miete, GEZ-Gebühr oder die Rechnung für Handy oder Telefon. Doch die Stromrechnung wird bis zum bitteren Ende immer gezahlt. Die Not musste in den betroffenen, nun stromlos gewordenen Haushalten also besonders groß gewesen sein.

Und diese Not dürfte sich im kommenden Jahr weiter ausbreiten. Daran werden keine Stromsparappelle und „kostenlose Energieberatungen“ der Bundesregierung etwas ändern.

Wem wegen eines prekären Arbeitsverhältnisses das Geld fehlt, seinen Kindern die Teilhabe an einem altersgemäßen „dazugehören“ zu ermöglichen, zunehmende Bildungsferne zu verhindern oder gesellschaftliche Deformationen durch verstärkte häusliche Präsenz auszugleichen, wie soll derjenige an Geld für energiesparende Haushaltsgeräte kommen? Diese Haushalte müssen mit veralteten Stromfressern durchs Leben kommen. Schon jede gegen eine Energiesparlampe auszutauschende Glühbirne gliche hier einer Großinvestition und wäre nur mit Rationierung oder Essensverzicht zu bewerkstelligen.

Doch Reduzieren des Stromverbrauchs wird die Kosten für elektrische Energie nicht merklich senken, da auf der anderen Seite die Kosten pro kWh angehoben werden. Begründung: Der Ausbau der Erneuerbaren Energie, das dazugehörende Gesetz (EEG) und die dabei anfallende EEG-Umlage zur Subventionierung der entsprechenden Anlagen.

Der Akzeptanzgrad der Energiewende ist in der Bevölkerung sehr hoch. Solange alle mitziehen. Alle die Strom verbrauchen. Wenn jedoch Großverbraucher von Umlagezahlung befreit werden, dadurch eine unumgängliche Anpassung dieser Umlage von 3,59 Cent auf 5,28 Cent pro kWh als unnötig hoch empfunden wird, ist es mit der breiten Zustimmung vorbei.

Da nach Berechnungen des Bundesverbandes Erneuerbare Energie faktisch nur noch die Hälfte der EEG-Umlage dem Ausbau der Erneuerbaren Energien dient, der übrige Teil der Umlage jedoch vor allem industriefördernde Funktionen hat, möchte man schon genauer wissen, wer hier auf Kosten der Privathaushalte eine „Strompreissenkung“ bekommt . (Die Befreiung soll Betrieben helfen, international wettbewerbsfähig zu bleiben)

Laut Antragsstatistik der Bundesregierung wird sich die Zahl der begünstigten Betriebe von 734 Betrieben im Jahr 2011 auf 2.057 Betriebe in diesem Jahr verdreifachen. Schaut man sich die Liste der begünstigten Betriebe genauer an (Der Link führt zum  Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) , findet man

Staats- und städtische Betriebe
Zum Beispiel die Stuttgarter, Augsburger oder Münchner Verkehrsbetriebe. Bundesweit profitieren 56 Verkehrsunternehmen vom EEG-Rabatt, neben der Bahn vornehmlich Verbünde in den Städten.

Molkereien
Z.B. Sachsenmilch (die größte Molkerei Europas) eine Tochter von Müller-Milch, Bayerische Milchindustrie e.G.

und, besonders kurios, drei Solarunternehmen.
Solarunternehmen Deutsche Solar GmbH (Freiberg/Hilbersdorf), eine Tochtergesellschaft des Photovoltaikunternehmens SolarWorld AG, Centrosolar Glas GmbH & Co. KG (Fürth), eine Gesellschaft der CENTROSOLAR AG und das deutsch-britische Unternehmen PV Crystalox Solar Silicon GmbH (Bitterfeld-Wolfen).

Besonders letztere verdienen an der Energiewende, wollen aber nichts dafür bezahlen. Bezahlen sollen hauptsächlich die Verbraucher des Haushaltsstroms.

Holger Krawinkel ,Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, macht in der „Badischen Zeitung“ folgende Rechnung auf:

Alle Befreiungen von der EEG-Umlage summieren sich mittlerweile auf mehr als vier Milliarden Euro.

Dieses Geld bekommen jene, die die Umlage nicht zahlen, von denen, die sie bezahlen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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