Gesundheitspolitik in der Hand der FDP: Chaos statt Gesundheit

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Ein Gastartikel von Elena Melanchthon-Öller  (Privatdozentin und Gesundheitsforscherin) / Mit den Begriffen Kopfpauschale und Gesundheitsprämie und den dahinter steckenden Konzepten haben sich CDU/CSU und FDP in der Gesundheitspolitik hoffnungslos verflogen. Der Begriff der Prämie weckt eher positive Assoziationen („Auszeichnung, Bonus“); der Begriff der Pauschale eher negative („gleichmacherisch, billig“). Tatsächlich ist der Begriff der „Prämie“ vieldeutig, sogar gegensätzlich: Als Bonus ist die Prämie eine Einnahme, als Versicherungsbeitrag dagegen eine Ausgabe. Die andauernd kontroverse Diskussion zeigt, dass die Begriffe nicht ausreichend deutlich machen, worum es tatsächlich geht.

Gesundheitsprämie, hier die Erläuterung auf Wikipedia

Schon die sprachliche Fehlleistung, dass ein Versicherungsbeitrag als Prämie deklariert wird, verrät viel über die zugrunde liegende Konfusion.

Gemeint ist der Versuch, die Finanzierung der Gesundheitsausgaben vom Lohneinkommen abzukoppeln. Danach sollen alle Bürger unabhängig von ihrem Einkommen den gleichen Beitrag für ihre Krankenversicherung entrichten, da sie ja dasselbe abstrakte Risiko einer Erkrankung tragen. Diejenigen Bürger, die die nötigen Mittel für die „Prämie“ nicht aufbringen können, werden vom Staat unterstützt.

FDP: Verlass bei "gesunden" Finanzen..... aber verlassen bei der Gesundheit.

Im Gespräch ist war einheitlicher Beitrag von 150 Euro pro Monat für jeden gesetzlich Krankenversicherten. Grundsätzlich wäre jede erwachsene Person, die der Versicherungspflicht in der GKV unterliegt, beitragspflichtig. Minderjährige müssten keinen eigenen Beitrag zahlen, Ehepartner wären beide beitragspflichtig, ebenso volljährige Kinder.

Da die anvisierten 150 Euro pro Monat die wahren Kosten nicht annähernd decken, wären noch erhebliche Zuschüsse aus Steuermitteln nötig.

Die Idee ist charmant. Der Krankenversicherungsbeitrag wäre nicht wie die zu entrichtenden Steuern einem zusätzlichen Progressionsfaktor unterworfen. Die Lohnnebenkosten würden nach der Umstellung sinken. Ein Einstieg in die Steuerfinanzierung der Gesundheitskosten könnte gelingen. Im Gegensatz zur lohnabhängigen Finanzierung hätte eine Steuerfinanzierung des Gesundheitswesens eine viel breitere Basis und wäre damit gerechter und stabiler.

Warum die Kopfpauschale zum Scheitern verurteilt ist

„Grau, teurer Freund ist alle Theorie,

und Grün des Lebens goldner Baum“.

Mephisto in Goethes Faust

Man stelle sich vor, es würden von 60 Millionen erwachsenen Deutschen jeweils 150 Euro in einer zentralen Stelle eingesammelt. Dann würde die Summe mit Steuermitteln aufgefüllt und wieder an alle Krankenkassen und Regionen verteilt.

Diese Konstruktion ignoriert die gewachsene extrem komplexe Struktur des Gesundheitssystems. Im Grunde würde dieses Vorgehen eine extreme Nivellierung regionaler Unterschiede bedeuten. So käme es zu gewaltigen Transfers von Bayern nach Norden und von Westen nach Osten. Die Bürgerproteste in den Regionen der Zahler wären so erheblich, dass die schwarzgelben Parteien dort für immer erledigt wären. Allein dieses Dilemma führt schon zum Scheitern des gesamten Projekts der Kopfpauschale.

Mehr Steuern – weniger oder keine Beiträge zur Krankenversicherung

Dann gibt es noch ein viel wesentlicheres Dilemma. Zwar würden auf der einen Seite die Beträge für die Krankenversicherung in Höhe von ca. 15% wegfallen. Aber andererseits müssten ca. 11% mehr Steuern erhoben werden.

Diese Umstellung wäre ausgerechnet von den Parteien (CDU/CSU/FDP) vorzunehmen, die seit Jahrzehnten vor jeder Wahl Steuersenkungen versprechen. Besonders die FDP gebärdet sich als Schutzpatronin der Steuerflüchtlinge. (Lesen sie dazu den Hintergrundartikel  der Basler Zeitung :“Zürcher Vortrag bringt Westerwelle in Erklärungsnot“ und den Bericht auf spiegel online: „Westerwelle kassierte Honorar von Liechtensteiner Bank„)

Gerade diese Partei hat ein unanständiges Verständnis für die maulenden Reichen des Landes, die mit allen Mitteln ihre Steuern nicht abführen wollen. (hier finden sie den Bericht auf „Welt-online“ mit der Bewertung der FDP zum Ankauf einer Schweizer Bankdaten-CD mit deutschen Steuersündern)

Der Versuch der FDP mit dem ehemaligen Bundeswehrarzt Philipp Rösler ein neues Kompetenzfeld ausgerechnet in der Gesundheitspolitik zu eröffnen, erinnert irgendwie an den Bock, der zum Gärtner gemacht wird.

Natürlich wird die zwanghafte Steuersenkungspartei FDP nicht die Steuern erhöhen um das Gesundheitswesen umzusteuern.

Also ist Stückwerk und Stümperei angesagt. Statt Reformen werden die Bürger mit den Zusatzbeiträgen zur Kasse gebeten.

Rösler präsentiert die bittere Rechnung (auf „focus.de)

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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