Ilmtalklinik- Wer ist hier der Patient?

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Hatte sich ein leichtgläubiger Aufsichtsrat im Zusammenspiel mit einem fachlich überforderten Kreistag zu lange von einem Illusionisten nicht die Pfaffenhofener, sondern die Klinikwelt im Taka-Tuka-Land erklären lassen?

Und verwechselten einige, offensichtlich einfach gestrickte Mitglieder dieser Gremien nun in unverschämter Art Ursache und Wirkung der Klinikmisere, in dem sie die an die Öffentlichkeit gelangten Einzelheiten nicht als Nachweis ihres ureigenen Versagens, sondern als Hemmnis für Verbesserungen brandmarken?

Was ist dran an den Spekulationen, eine Aufsicht führende Stelle hatte bei der Vertragsverlängerung mit dem Klinikgeschäftsführer Ende 2012 gewarnt, sein Gehalt sei zu üppig und die Klausel mit der Abfindungsvereinbarung sollte nicht nur deshalb gestrichen werden?

Um die gebotene Einordnung der Vorgänge um die Ilmtalklinik baten wir Elena Melanchthon-Öller, eine intime Kennerin der bayerischen Kliniklandschaft.

Bild oben: Um einfältige Gemüter von der Gerüchteverbreitung über den Gesundheitszustand von Landrat Martin Wolf abzuhalten, weisen wir darauf hin, dass obiges Artikelbild eine Montage zeigt. Zum Bild der Ilmtalklinik wurde die Aufnahme des liegenden Landrats aus dem letzten Jahr montiert, als er sich im Landratsamt zur Blutspende einfand.

Ein Gastkommentar von Elena Melanchthon-Öller

Glaubten die Aufsichtsräte der Ilmtalklinik bis vor wenigen Tagen noch an den Weihnachtsmann? Oder war es doch der Osterhase oder der Klapperstorch?

Alles war in der Klinik in bester Ordnung. Man war felsenfest überzeugt, dass es demnächst aufwärts ginge. Wie kann es sein, dass man nun von entscheidenden geschwärzten Seiten in einem externen Bericht erfährt und dass der Geschäftsführer deshalb plötzlich „gehen möchte“? Wie kommt es obendrein zu einer skandalös hohen Abfindungssumme von ca. 500.000 Euro.

Diese „verantwortungsvoll und kompetent“ arbeitenden Leute (Aussage Landrat Wolf) mit „jahrzehntelanger Berufs- und Lebenserfahrunghätten „zusammen mit dem Geschäftsführer Marco Wödl“ die Problembereiche identifiziert und „Umsetzungsvorschläge“ erarbeitet.

Hinter solchen Beschönigungen des Landrats, ausgeführt im schönsten Bürokratendeutsch, kann man bereits das ganze Ausmaß an Inkompetenz, Naivität und Verkennung dieser Leute erahnen.

Eigentlich ist ein Aufsichtsrat ein Kontrollgremium!

Wie schon der Name sagt. Kontrolliert werden soll dabei die Geschäftsführung. Wenn aber der Geschäftsführer bei Sitzungen des Aufsichtsrates die Führung zu übernehmen scheint, wie soll dann jegliche Kontrolle funktionieren.

Simulation eines Aufsichtsrats

Wir wollen das mal in unserer Fantasie ausmalen. Man stelle sich Herrn Wödl als leitenden Angestellten der Klinik vor, wie er vor den biederen Aufsichtsräten alle Register zieht. Da er der einzige Profi in der Runde ist, fällt es ihm leicht, seinen Wissensvorsprung zu nutzen.

Da sitzen sie vor ihm, einfältig und ergriffen, und starren wie hypnotisiert auf immer neue Powerpoint-Präsentationen die Wödl auf die Projektionsfläche wirft. Immer neue Erklärungen, Lösungen, kühne Pläne.

Die Geschäftsführung der Klinik liegt im Argen.

Chaotische Umbauten und abenteuerliche Konstrukte haben zu Störungen geführt. Die Belegung und damit die Rentabilität sind unteroptimal. Ein mieses Personalmanagement hat im Mainburger Schwesterkrankenhaus zum fluchtartigen Weggang wichtiger Ärzte geführt. Defizite in Höhe von mindestens zwei Millionen sind in den letzten Jahren aufgelaufen. Das Beschwerdemanagement funktioniert überhaupt nicht. Die Kontakte zu wichtigen ärztlichen Partnern liegen auf Eis. In dieser Situation versucht der Geschäftsführer mit allen Mitteln bessere Zahlen zu schreiben.

Er setzt den Rotstift an, rücksichtslos bis über die Grenze des Verantwortbaren hinaus. Er dünnt das Personal aus, was zur hoffnungslosen Überlastung des Restpersonals führt. Es kommt zu einer furchtbar schlechten Stimmung im Haus, was wiederum der Öffentlichkeit nicht verborgen bleibt.

Ein Mühlstein für die Klinik

Man darf vermuten, dass der Geschäftsführer fast jeden denkbaren Fehler begangen hat, der in seiner Situation möglich war.
Gleichzeitig lässt sich dieser Geschäftsführer vom Aufsichtsrat ein mehr als fettes Jahresgehalt noch üppig steigern. Nicht nur das. Er fordert in seinem zu erneuernden Vertrag ein „Rückkehrrecht“, das sich nun als Mühlstein für die Klinik mit einem Gewicht von einer halben Million Euro erweist.

Dieses Rückkehrecht besagt, dass man Herrn Wödl im Fall seiner Entlassung noch zwei Jahresgehälter als stellvertretender Geschäftsführer überlassen muss. Hat Herr Wödl also im Dezember 2012, als sein Vertrag verlängert wurde, schon selbst mit seinem Scheitern gerechnet und vorgebaut?

Wie tölpelhaft müssen Aufsichtsräte sein, wenn sie bei der notwendigen Vorprüfung einer derart verrückten Forderung einen solchen Passus durchwinken. Ist das Ausfluss von „jahrzehntelanger Berufs- und Lebenserfahrung“?

Aufsichtsräte im Traumreich der Illusionen

Was aber tun die Aufsichtsräte? Sie vertrauen Wödl geradezu blind. Als quasi freimaurerisch elitärer Zirkel bleiben sie stur bei ihrer Version, dass eigentlich alles gut sei. Diese meist älteren Herrschaften, leichtgläubige und offensichtlich recht einfach gestrickte Männer, sind wie Wachs in den Händen eines Zauberkünstlers. Der Chefaufseher und Landrat Wolf beteuert bis zum jetzigen Tag, dass Herr Wödl eigentlich ein guter Mann sei.

Unverschämte Verwechslung von Ursache und Wirkung durch die Politiker

Spätestens an dieser Stelle kommt nun ein schon häufig aufgetretener Mechanismus ins Spiel. Statt Betroffenheit, Selbstkritik, Einsicht und Demut zu zeigen, weist man die Schuld den Kritikern und der Öffentlichkeit zu.

Man tut als habe es die Misswirtschaft, die Millionendefizite, den fatalen Geiz des Geschäftsführers, die ungeschickte Außendarstellung, das stümperhafte Beschwerdemanagement und die zahlreichen Managementfehler nie gegeben.
Die öffentliche Diskussion darüber hat dazu geführt, dass seitens der Geschäftsführung nicht mehr die nötige Dynamik gegeben war, diese Vorschläge umzusetzen“, so der Landrat.

Man muss sich diesen Satz in seiner Impertinenz auf der Zunge zergehen lassen.

Schuld sei die böse Öffentlichkeit, die alle diese Dinge ans Licht gebracht habe. Man könne so nicht arbeiten.

Ähnlich ist auch der Tenor anderer verantwortlicher Akteure. Reinhard Heinrich von der CSU behauptet kühn, der Aufsichtsrat habe seine Kontrollpflicht „gewissenhaft und überparteilich“ ausgeübt. Schon allein das Durchwinken des „Rückkehrrechts“ des Herrn Wödl kann man als Handlung zum Schaden des Landkreises deuten.

Nun soll nach Meinung der Schuldigen an dem Desaster endlich Ruhe einkehren Reinhard Heinrich (CSU) , der abgehalfterte Fußballtrainer Karsten Wettberg, der Altlandrat Rudi Engelhard und der polternde SPD-Fraktionsführer Martin Schmid fordern Ruhe für sich und ihr getroffenes Selbstverständnis. Man solle doch bitte die Klinik nicht in „den Wahlkampf“, bzw. „völlig in den Sumpf“ hinein ziehen.

Wie bitte?

Das ist wirklich bodenlos unverschämt von diesen skrupellosen Lokalpolitikern. Wer immer diese Diskussion in der Presse nachlesen will: An „der Klinik“, an ihren Mitarbeitern, an ihren Ärzten wurde so gut wie an keiner Stelle Kritik geübt.

Wohl aber an den Missständen bei der Geschäftsführung, an den anscheinend bewusstlosen Aufsichtsräten und an abwiegelnden Lokalpolitikern.

Die Ilmtalklinik an sich ist sicher ein sehr gutes Krankenhaus der Grundversorgung mit guten Ärzten, guter Ausstattung, engagierten Schwestern und Mitarbeitern. Eine angebliche Kritik an diesen 700 Leuten herbei zu fantasieren, das bedeutet diese Leute wirklich zu beschmutzen um von den eigenen schweren Defiziten abzulenken.

Rotzfrech stellen sich die zu recht kritisierten Kommunalpolitiker hin und heucheln, dass sie doch die „Klinik“ aus der Kritik heraus halten wollen. Dabei geht es doch nur um eigenes krasses Versagen, von dem abgelenkt werden soll.

Über nonbescher

Das Kürzel steht für einzelne Autoren, deren Erlaubnis Bürgersicht bekam, ihre auf anderen Websites erschienenen Artikel hier zweitverwertend veröffentlichen zu dürfen.

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