Kirchenaustritt: Gebühren und Schikanen

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Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken. In Geisenfeld waren es heuer -konfessionsübergreifend- bis heute Donnerstag, 6. Mai, genau 34. Aber die beiden großen Kirchen in Deutschland legen Austrittswilligen zum Teil unerwartete Hürden in den Weg. Einige Kommunen, berichtet das Politmagazin PANORAMA in seiner heutigen Sendung ab 22:00 Uhr, versuchen über hohe „Austritts-Gebühren“ die Kirche vor Geldeinbußen zu schützen.

Die Zahl der Kirchenaustritte ist auf Rekordniveau. Wie die SZ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, haben allein im Bistum Augsburg in den ersten 4 Monaten diesen Jahres 5100 Katholiken den Austritt aus der katholischen Kirche erklärt. Das Politmagazin Panorama ging den Kirchenaustritten nach und berichtet in seiner heutigen Sendung über „die Kirche und das liebe Geld“. (22:00 Uhr – ARD)

„Ein Kirchenaustritt koste oft Gebühren“, so die PANORAMA-Redaktion, „einige Kommunen kassieren sogar bis zu 60 Euro. Der hohe Preis – das geben selbst Gemeindevertreter offen zu – soll die Kirche vor Austritten und damit verbundenen Geldeinbußen schützen“.

Für bayerische Kommunen dürfte das in der Regel nicht zutreffen. Nachfragen von „Bürgersicht“ im Geisenfelder und Pfaffenhofener Rathaus erbrachten folgende, seit dem Jahr 2000 unveränderte Gebührensätze für die „mündliche oder schriftliche Erklärung beim Standesamt“, zum Kirchenaustritt: Die Gebühren der jeweiligen bayerischen Standesämter richten sich nach Maßgabe der bayerischen kostenrechtlichen Vorschriften. Pro Person 31 € (25 € für den Austritt + 6 € für die Austrittsbescheinigung). Und, man höre und staune, es gibt sogar einen „Mengenrabatt“. Tritt ein Ehepaar -gleicher Konfession- gleichzeitig aus, bezahlen die Verheirateten nur insgesamt 41 € (mit und ohne Kinder).

Aus der Kirche ausgetretene Personen ab 1. Januar 2010 in Geisenfeld:

-bis zum Stichtag 6. Mai / 14:00 Uhr = 34 Personen / Gesamtes Jahr 2009 = ca. 60 Personen

Aus der Kirche ausgetretene Personen ab 1. Januar 2010 in der Stadt Pfaffenhofen:

-bis zum Stichtag 6. Mai / 14:00 Uhr = 114 Personen / Gesamtes Jahr 2009 = 138 Personen

Dies sei „nicht der einzige Versuch, Kirchenmitglieder und Einnahmen zu halten. Wer etwa denkt, er sei erfolgreich ausgetreten, kann bald eines Besseren belehrt werden“ so die Pressemitteilung von PANORAMA.

„So mancher, der sich längst als konfessionslos wähnt, wird nach einem Umzug plötzlich von der neuen Kirchensteuerstelle angeschrieben. Kann er seine Austrittsurkunde dann nicht mehr vorweisen, fordert die Kirche zum Teil die Kirchensteuer nach – in Einzelfällen bis zu sechs Jahre rückwirkend“.

Aber auch hier ticken die Uhren in Bayern etwas anders. Besser! Denn die Standesämter in Bayern sind nach § 14 des „Kirchenaustrittsgesetzes“ (in der Fassung vom 8. März 2007) angewiesen, „die Austrittserklärungen nach ihrem zeitlichen Anfall geordnet und nummeriert in besonderen Sammelakten jahrgangsweise zu verwahren und ein alphabetisch geordnetes Namensverzeichnis zu führen“. Wer also die bayerische Austrittsurkunde nicht sofort vorlegen kann, könnte sie bei seinem früheren Standesamt anfordern. „Für andere Gemeinden kann ich natürlich nicht sprechen. Aber wir in Pfaffenhofen löschen nichts“, versichert Frau Evelyn Moll vom zuständigen Bürgerbüro im Pfaffenhofener Rathaus die dortige Vorgehensweise.

Trotzdem darf man auf den Panorama-Bericht gespannt sein. Andere (Bundes) Länder, andere Sitten.

Wir Bayern gelten zwar gemeinhin als bodenständig, konservativ und gut katholisch, doch „gebührentechnisch“, zumindest bei Kirchenaustritten, sind wir sehr liberal.

Sofern sie die Sendung heute Abend nicht sehen können:

Nach der Sendung finden Sie die Beiträge als Video auf dieser Website Am Freitagnachmittag erhalten Sie dort zusätzlich die Beitragstexte zum Herunterladen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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