Gekreisel um Geisenfelds heimliche Umgehungsstraße Gadener Straße

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12 bebauungsplanlastige Tagesordnungspunkte für 15 anwesende, eine Klimaanlage herbeiwünschende Mitglieder des Stadtrats. Die Themen dieser Stadtratssitzung vom 21. Juni wirkten auf dem Papier sehr schnell abhandelbar. Doch schon beim zweiten Tagsordnungspunkt stand plötzlich ein Versäumnis der Vergangenheit im Raum: Die verkorkste Planung der Gadener Straße!

300 Bauplätze gäbe es aktuell in der Großgemeinde Geisenfeld. Doch keiner davon werde zum Kauf angeboten, bilanzierte Bürgermeister Staudter den aktuellen Stand in Geisenfeld. Auch angeblich vorliegende Anfragen nach städtischen Grundstücken im Zuge des Einheimischen-Models müsse man abschlägig bescheiden.

Das könnte sich nun ändern. Im Ortsteil Zell, genauer im „Schlossäcker II„, könnten Flächen mit aufgelassenen Hopfengärten demnächst zur Wohnbebauung genutzt werden. Dazu sollte unter Tagesordnungspunkt 2 der Stadtrat, in einem ersten Schritt, für die im Flächennutzungsplan bereits als Baugebiet ausgewiesenen Flächen, einen Aufstellungsbeschluss bejahen.

Direkt an der Gadener Straße gelegen, begrenzt von der Kreuzung Mettenbacher Straße zum Bau- und Wertstoffhof und zwei Häusern bis zur Oberzeller Straße, sah der Bürgermeister in dem Baugebiet zweierlei.

Zum einen die Behebung eines Engpasses bei Bauwilligen, zum anderen eine erneute Einnahmequelle für den Stadtsäckel. Konnte man dabei doch als Stadt, wie üblich in diesen Fällen, einige Grundstücke günstig vom Eigentümer erwerben und diese als „Einheimischenmodell“ weiterverkaufen.

Ich sag es jetzt ganz vorsichtig“,
meldete sich Stadtrat Franz Wittman in der Debatte zu Wort.
Wir sprechen hier über ein neues Baugebiet an Geisenfelds heimlicher Umgehungsstraße“.

Die Verkehrssituation auf und an der Gadener Straße in Zell sei schon jetzt bedenklich. Besonders die Kreuzung Gadener- Mettenbacher Straße in der Nähe des Kindergarten müsste hinsichtlich der dort unfallträchtig gefahrenen Geschwindigkeiten beruhigt werden. Immer wieder passiere dort etwas. Wenn jetzt noch durch den demnächst anstehenden Ausbau der Gadener Straße der Verkehr auf ihr absehbar anschwellen wird, gäbe es nur eine einzige Lösung:

Ein Kreisel müsse anstelle der jetzigen Kreuzung gebaut werden!

Der verringere ganz automatisch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge und überfahrene Stoppschilder gehörten damit der Vergangenheit an.
Ein neues Baugebiet, an einer Straße mit dieser Verkehrssituation“ warf Stadtrat Hans Schranner ein, sei mit der zu erwartenden Verkehrszunahme nach dem Ausbau der Gadener Straße „ohne Kreisel schwer vermittelbar“. Die zukünftigen Anwohner „werden die ersten sein, die bei der zukünftigen Verkehrssituation auf die Barrikaden gehen werden“ gab Schranner zu bedenken. Neues Baugebiet und die Berücksichtigung eines Kreisels müssen dort Hand in Hand gehen, präzisierte Schranner seine Forderung.

Sobald im Ortsteil Gaden Bewegung in die Verkaufsgespräche zwischen Stadt und den vom Straßenausbau betroffenen Grundstückseigentümern kommt, können sich die Anlieger der Gadener Straße in Zell verstärkt Gedanken machen.

Verkehr der bisher auf der Münchner Straße zur Maximilianstraße und weiter über die Regensburger Straße zur B300 und zurück floss, dürfte bald vor ihrer Haustür über die dann nicht mehr „heimliche“, sondern verkehrstechnisch „günstigste“ Verkehrsroute führen.
Das mit dem St. Florian wird auf der Gadener Straße ebenso funktionieren wie anderswo“, meinte nach der Sitzung ein Stadtrat. „“Der Verkehr der nicht mehr oben über die Stadt fließt muss doch vorher irgendwo abgeflossen sein“. Daran würde auch die, mittlerweile nicht mehr so hoch im Kurs stehende Umgehungsstraße im Geisenfelder Norden nichts ändern.

Das dieser Verkehr dann durch dichte Wohnbebauung fließen wird und sich Autos an vorhandenen Engstellen der Straße gegenseitig blockieren, dass ist der den Gesamtzusammenhang vernachlässigenden Planung im Geisenfelder Rathaus zu verdanken.

Demnächst können die Zellerer an der Gadener Straße mitzählen, wie viel von den bei der letzten Verkehrserhebung gezählten rund 10.000 Fahrzeugen von der Münchner Straße und den etwa 900 LKWs und Lieferfahrzeugen von der B300 aus Richtung Gaden nun täglich bei ihnen zusätzlich vorbeikommen.

Einige werden ihre draußen unbefangen tobenden Kinder unter strengere Beobachtung stellen und andere werden, unabhängig von den dann fallenden Quadratmeter-Preisen eventuell überlegen, ganz weg zu ziehen.

Schließlich hatte man sich Familienleben in einer betont „familienfreundlich“ gebenden Provinz Stadt verkehrstechnisch weniger belastend vorgestellt!

Debattenbedarf erkannten nun auch andere Stadträte.

Die zukünftige städtische Einnahmequelle durch das vom Bürgermeister forcierte Baugebiet drohte durch die aufkommende „Kreiseldebatte“ schon vor dem Anzapfen der Geldquelle zu versiegen.
Erkannte man doch schon Jahre vorher, es wäre sinnvoll, genau an dieser Kreuzung einen Verkehrskreisel zu bauen. Doch gebaut wurde er nicht. Ein Grundstückseigentümer sah sich dafür nicht in der Verantwortung und verkaufte der Stadt die benötigte Teilfläche nicht! Warum sollte er Jahre später seine Meinung ändern?

Wir dürfen bei dem anstehenden Beschluss die Notwendigkeit eines Kreisel nicht mit dem Baugebiet verknüpfen“ versuchte der Bürgermeister das Baugebiet zu retten. „Wir sollten über diesen Kreisel trotzdem nachdenken“, meldete sich Stadtrat Erich Deml zu Wort. Und Wittmann schob seine favorisierte Gesamtlösung nach:„Bebauungsplan und Kreisel sollten bei diesem Beschluss kombiniert werden“.

 

Und jetzt geschah das, was bei ähnlich gelagerten Beschlüssen
im Geisenfelder Stadtrat immer geschieht.

Der durch die Debatte gewonnene Erkenntnisgewinn (so ein Kreisel würde das demnächst sicher anschwellende Verkehrsproblem lösen) wurde von den Stadträten -vordergründig- nicht zwingend als Bedingung für den anstehenden Beschluss gesehen. (zuerst Baugebiet ausweisen, bauen lassen und später, obwohl heute schon absehbar, mit den Problemen irgendwie fertig werden).

Da man nach der nächsten Wahl jedoch erneut im Rathaus sitzen möchte, dann auf den schon heute ins Auge gefassten neuen Möbeln im Sitzungssaal, musste verantwortliches Handeln dokumentiert werden.

Und so verpasste der Bürgermeister dem ursprünglichen Beschlussvorschlag vor der Abstimmung eine Beruhigungspille in Form einer Ergänzung.

Der Kreisel soll geprüft werden“ findet sich nun als letzter Satz im Beschluss über den „Aufstellungsbeschluss“ zum Bebauungsplan Nr.79. Mit dem Beschluss wurde das Baugebiet -absehbar unaufhaltsam- auf den Weg gebracht und der Kreisel wird geprüft. Doch wird er -absehbar grundstücksbedingt- am Ende leider nicht realisiert werden können.

Diese Beruhigungspille in Form eines Placebos ermöglichte im Stadtrat die einstimmige Zustimmung.

Kommunalpolitik kann in Geisenfeld so einfach sein!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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