Landratswahl- Wettlauf um Vertrauen -KW22

Lesedauer 7 Minuten

Prinzipiell sollte man jeder Person dankbar sein, die sich in das Hamsterrad Politik begibt. Mit einer Einschränkung: Die Person sollte glaubwürdig sein! Unter diesem Gesichtspunkt wird Bürgersicht die 5 Pfaffenhofner Landratskandidaten bis zum Wahlausgang im Juli begleiten. Wer greift in den Sack, mit dessen Inhalt er den Wählern Sand in die Augen streut? Wo kommt heiße Luft statt Substanz. Und nicht zuletzt: Wie gestaltet sich die mediale Aufbereitung?

Teil 1 einer wöchentlichen Betrachtung zur Wahl des Landrats im Landkreis Pfaffenhofen.

Bis jetzt kam nicht mal ein kleines, wenigstens klitzekleines Skandälchen heraus. Dabei hatte ein Interview vom 1. Juni, genauer eine Passage aus einem Interview mit dem SPD-Landratskandidaten Franz Rothmeier für erhofft „ordentlich Wirbel“ sorgen sollen. Mit einer Aussage „dass Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen zerstört werden sollten“, hatte Rothmeier doch vor laufender intv-Fernsehkamera „indirekt eine Straftat gutgeheißen“, so der Schreiber (M.K.) eines in mehreren Versionen vorliegenden Donaukurier-Artikels vom 3. und 4. Juni.

Hatte derselbe Schreiber (M.K.) am Tag der Auftaktveranstaltung des „Pfaffenhofener Bündnis gegen Gentechnik“ diese Passage beim Interview seines Fernsehkollegen aus dem hauseigenen Medienverbund seines Arbeitgebers noch verpennt, und Landratskandidat Rothmeier nur mit dem unverfänglichen Satz zitiert, Gentechnik ist genauso wenig beherrschbar wie die Atomkraft„, sah er Tags drauf, dass sich dieser Straftats-Zitatschnipsel „auf Facebook wie ein Lauffeuer verbreitet“. (Da züngelnde Flammen eines „Lauffeuers“ zahlenmäßig nur schwer zu erfassen sind, blieb er deren genaue Zahl schuldig)

Macht man sich nun die Mühe, und unterzieht besagten intv-Bericht (2:44 Minuten Länge) des Reporters H.H. einer genaueren Betrachtung, bekommt man eventuell eine Ahnung von den Landratskandidaten und der diesbezüglichen Berichterstattung in den nächsten Wochen. (3 von 4 im Bericht erwähnten Kandidaten waren auf der „Bündnis“-Veranstaltung anwesend)

Siehe auch Kasten weiter unten: Der Korinthenkacker stoppt mit (KW22).

Zu dem Tage vorher angekündigten Termin kam intv-Reporter H.H. verspätet. Hatte jedoch einen vorher aufgenommenen O-Ton des CSU-Landratskandidaten Martin Wolf im Gepäck. „Das Gen-Monster ist los im Landratswahlkampf in Pfaffenhofen“ eröffnet H.H. seinen Beitrag, bevor er den eigens nach Pfaffenhofen angereisten Landesvorsitzenden der bayerischen Grünen, Dieter Janecek, seinen Aufsager abspulen lässt. Der spricht die Widersprüchlichkeit der CSU-Akteure auf Bundes- und Landesebene im Umgang mit Gen-Technik, und die Pro-Gentechnik- Haltung des hiesigen CSU-Landratskandidaten an. Der habe bei einer Abstimmung im Pfaffenhofener Rathaus nicht gegen Gentechnik gestimmt.

Wohl als Zeichen der Ausgewogenheit zu werten, kommt nun der CSU-Landratskandidat Martin Wolf im Bericht zu Wort. (Nach einem Zwischenschnitt auf ein „Gen-Monster„, „eine Art Wolpertinger aus Kuh und Hase, mit Affenpfote, Krokodilpranke und Bärenfuß“, wie man im Zeitungsbericht „Das Monster und der böse Wolf“ von M.K. lesen durfte)

Gentechnikfreier Anbau. Die Warenströme gehen quer durch Europa. So hab ich das auch begründet, und die Schilder können das nicht halten. Insofern muss eine öffentliche Stelle immer auch auf die Korrektheit hinweisen„, so Martin Wolf.

Klingt ziemlich konfus, dürfte aber dem Zwang des Reporters geschuldet sein, mit dem vorliegenden Interview-Material irgendwie in die Thematik seines Berichtes zu kommen. Mit einer weiteren Interview-Passage des Kandidaten Martin Wolf gelingt dies besser.

Ein zweites ist“ so Wolf, „wir hatten in der Vergangenheit auch immer wieder einmal Feldzerstörungen„. Gott sei Dank hatte man die nie im Landkreis Pfaffenhofen, doch er „will kein Klima der Angst und der Repression“ eröffnete der CSU-Landratskandidaten einen im Landkreis bisher nicht vermuteten meteorologischen Nebenschauplatz und bringt den intv-Reporter damit in die Spur.

Hatte doch mit Feldzerstörung „einer der 3 Landratskandidaten kein Problem“ kommentierte Reporter H.H. mit akzentuierter Stimmlage seinen Bericht und brachte Kandidat Franz Rothmeier ins Bild.

Wenn man eine Gen-freie Zone haben will, sollte man die auch zerstören, die Felder“ so Rothmeier in seiner unfreiwillig ehrlich aber auch tollpatschig zu nennenden Einlassung . Die Feststellung des Reporters, dies sei eine Straftat, quittierte Rothmeier verlegen mit „da ham sie recht„.

Das war es dann aber auch, mit dem Reporterglück.

Der Korinthenkacker stoppt mit (KW 22)

Präsenz der Kandidaten in Fernseh-und Internetinterviews

Intv-BerichtWahlkampf-Offensive“ (Laufzeit 2:49)

  • -Wolf: 25 sec. = Platz 1
  • -Rothmeier: 14 sec. = Platz 3
  • -Deml: 23 sec. = Platz 2
  • -Böhm: 10 sec. = Platz 4
  • -Daschner: 0 sec. = Platz 5

Pafnet.tv BerichtDiskussion um Gentechnik“ (Laufzeit 5.49)

  • -Wolf: 119 sec. = Platz 1
  • -Rothmeier: 36 sec. = Platz 4
  • -Deml: 49 sec. = Platz 2
  • -Böhm: 47 sec. = Platz 3
  • -Daschner: 0 sec. = Platz 5

Der Kandidat der Freien Wähler geht auf die Frage nach möglichen Feldzerstörungen gar nicht ein„, hört man im weiteren Verlauf die Reporterstimme aus dem „Off“. In der etwas verunglückt geschnitten Eingangspassage mit Kandidat Rolf Deml, kann man noch ein „Nein“ auf eine weggeschnittene Frage hören. Bei Gentechnik müsse „man hier sehr, sehr langfristig denken“ spricht Kandidat Rolf Deml von den Freien Wählern in die Kamera.

Dass Deml dabei in der „Bauchbinde“, einer Einblendung von Namen und Funktion am unteren Bildrand, als „Rolf Deml (CSU)“ bezeichnet wird, dürfte am „Benjamin“-Status“ des Kandidaten liegen, der als Neuling auf der politischen Bühne noch nicht jedem Berichterstatter als Kandidat der Freien Wähler präsent sein dürfte.

Doch Deml, ganz frisch von den Freien Wählern für sie entdeckt, macht als Neuling die beste Figur in diesem Gen-Bericht. „Wir können letztendlich immer noch nicht abschätzen, welche Risiken die Gentechnik birgt“ mahnt Deml. Zu nennen sei hier das Beispiel Alergieauslöser. „Hier kann ein Zusammenhang zumindest nicht ausgeschlossen werden„. Es wäre „aus meiner Sicht fahrlässig, hier für die Gentechnik zu plädieren„, solange man nicht alle Erkenntnisse habe, argumentiert Deml.

Es scheint, als wisse Politneuling Deml wovon er spricht. Zumindest bleibt er beim Thema, was man vom nächsten, im Bericht unmittelbar folgenden Kandidaten, dem Kreistagsprofi Günter Böhm von der AUL, nicht sagen kann.

Der Gehalt von Sinn oder Unsinn in Kandidatenaussagen erschließt sich in zeitlich ungewollt schneller Abfolge.

Wie wir jetzt beim „EHEC-Skandal sehen„, verschwurbelt sich AUL-Kandidat Günter Böhm von der Gentechnikdebatte in die Gefilde Antibiotika resistenter Keime, „kann es nicht sein, das wir mittlerweile schon gar nicht mehr wissen, wo unsere Lebensmittel herkommen, die Ursprungsländer schon gar nicht mehr zu identifizieren sind„.

Als Unbeteiligter mag einen diese Themaverfehlung noch amüsieren. Als Wähler wird einem erneut bewusst, warum Böhm als Kandidat bei der Landtagswahl 2003 ein Stuhl im Maximilianeum verwehrt wurde.

Hieß es in der Eingangsmoderation zu diesem intv-Beitrag, 3 Kandidaten haben einen Konkurrenten angegriffen, „den Favorit der CSU„, so durfte dieser Kandidat, zumindest indirekt, auch das Schlusswort haben.

Reporter H.H. beschließt seinen Fernseh-Bericht mit einem Hinweis auf den CSU-Kandidaten Wolf. Der stelle fest, dass genmanipulierte Inhaltsstoffe in unserer Nahrungskette bereits heute nicht mehr zu identifizieren sind. Und das sei auch legal.

Zu Wochenbeginn (6. Juni) durfte sich Martin Wolf (CSU) erneut zu Wort melden. Der Donaukurier berichtete über seinen Wahlkampfauftakt. Den absolvierte Wolf „ohne verbale Rundumschläge“ und das „trotz der Schläge unter die Gürtellinie, die ihn in Sachen Gen-Monster-Debatte in den vergangenen Tagen getroffen hätten„, wusste der hier bereits mehrmals zitierte Schreiber M.K. zu berichten. Und schob noch ein Interview nach. Wer Schwarz wählt, wählt Gentechnik sei das „Credo“ der Wolf-Gegner, schrieb M.K. in der Einleitung dieses Interviews.

Frage: „Und was ist denn nun Ihre persönliche, uninterpretierte Meinung zur Agro-Gentechnik?

Antwort „Man muss Fortschritt gestalten und nicht ablehnen. Ich bin der Agrarforschung gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Doch weder Industrie, noch Forschung haben es in den letzten Jahrzehnten verstanden, eine Akzeptanz für diese Technologie zu erreichen. Und jetzt müssen sie akzeptieren, dass die Bevölkerung Gentechnik ablehnt und nicht haben will. Man kann nicht gegen den Willen der Menschen handeln„.

Frage: (besser Feststellung) „Sie werden trotzdem scharf attackiert„.

Antwort: Mit einer sachlichen Auseinandersetzung habe ich überhaupt kein Problem. In dem Moment aber, wo es unter die Gürtellinie geht – wenn ein Monster mit meinem Namen verbunden wird –, sind die Grenzen der Fairness überschritten.“

Als Leser hat man es jetzt schwarz auf weiß:

Eindeutige Fragen werden von Wolf zweideutig beantwortet.

Und noch eines fällt auf:

Weder ein Studium der Betriebswirtschaft noch die Tätigkeit als Referatsleiter im Bayerischen Landwirtschaftsministerium schützen offenbar vor Leseschwäche. Oder ist es nur eine absichtsvoll missinterpretierte Wertung, sein Name werde mit einem Monster in Verbindung gebracht?

Schlechter Stil oder Defizit? Beides möchte man bei „seinem“ Landrat im Landkreis Pfaffenhofen nicht haben!

Was wohl diese Woche für uns Wähler bereit hält?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

Schon gelesen?

Geisenfeld -Protest der Landwirte nimmt kein Ende

Landwirte in Oberbayern auf dem Weg zu einem Protesttreffen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert