Schaffen es auch Gemeinwohl-Legastheniker in den Stadtrat?

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Wie ein Blick in eine beliebige Enzyklopädie neueren Datums zeigt, kann man es in Deutschland mit etwas Glück, prominenter Fürsprache und einer massentauglich verkauften Geschichte selbst in der großen Politik ohne einschlägige Kenntnisse weit nach oben schaffen. Unter dem Suchbegriff „Blender“, „Gelfrisur“ oder „am Ende meiner Kraft“ finden Interessierte den Eintrag über einen Schnellaufsteiger und ebenso rasanten Abstürzler mit 10 Vornamen: „Doktor Googleberg“ oder Karl-Theodor zu Guttenberg. Selbst nach dem Absturz des Freiherrn, es blieb bekanntlich nicht viel übrig vom Renommee des früheren Dr. Guttenberg, versuchten hochrangige CSU-Politiker allen Ernstes, dem Wahlvolk den Entzauberten als Hoffnungsträger in Wartestellung schmackhaft zu machen. Man glaubte offenbar, der „mündige“ Wähler würde schneller als üblich seine Politverdrossenheitsfestplatte löschen.

Viele der Akteure auf der großen Politikbühne absolvierten -zum warmlaufen- ihre Kür auf den Provinzbühnen ihrer Heimatstädte, in den dortigen Kommunen oder Landkreisen. Was sich dort durchsetzte, konnte doch nicht schlecht sein?

Wie kommt man ins Rathaus.(Außer durch die Tür)

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Wenn es gut läuft für eine Gemeinschaft, filtern sich vor einer Kommunal-Wahl ausreichend geeignete Kandidaten heraus, die die Gemeinschaft und ihrer Kommune würdig, aufrichtig und ohne Selbstgefälligkeit vertreten möchten.

Ist Qualität subjektiv?

Kann man eine allgemeingültige Aussage zur Qualität des Geisenfelder Stadtrats machen? Bürgersicht versucht es zum Beispiel mit folgendem Artikel, in dem aus der Haushaltsberatung 2013 berichtet wird: Respektlos: Der Geisenfelder Stadtrat

Läuft es schief für Bürger und Kommune, schlüpfen auch die denkbar ungeeignetsten Kandidaten durch einen Kriterienfilter, der kommunalen Sachverstand, soziale Kompetenz oder schlichte Aufrichtigkeit für vernachlässigbare Größen eines internen Auswahlverfahren erachten.

Alt eingesessene Familien oder dominante Arbeitgeber sind oftmals versucht, die Wahrung ihres Einfluss als Pflichtgefühl gegenüber dem Gemeinwohl auszugeben, um damit die intern als „Erbhof“ geltende Einflusstradition in politischen Gremien aufrecht erhalten zu können.

  • Was hat der Bürger davon, wenn ein örtlicher Bauunternehmer unbedingt in den Stadtrat will, um dem wichtigen „Herrschaftswissen“ seiner Profession näher zu sein?
  • Was hat ein Bürger davon, wenn ein Berufsschullehrer erneut Bürgermeister werden möchte, er aber in den vorangegangenen Jahren als Bürgermeister -und vorher als Stadtrat- allein vom Zuschauen schon überfordert schien?
  • Was hat ein Bürger davon, wenn ein Rentner in den Stadtrat will, dabei dem Bürgermeister aber nicht -wie es die Leitlinien vorgeben- auf die Finger schauen will, weil „der schon selber wisse, was er machen soll und darf“?

Das sind drei Beispiele, wie sie in jeder Stadt oder Gemeinde zu finden sein dürften. Beispiele, wie sie es in einer vom aufrichtigen Respekt gegenüber dem Bürger geprägten, nach den Regeln des Gemeinwohls funktionierenden Kommune eigentlich nicht geben dürfte. Doch leider gibt es derzeit kein Mittel oder auch nur die kleinste Regel, die Kandidaten am Tag ihrer Wahl nicht nur dem Anschein nach, sondern auf Grund ihrer Fähigkeit auswählen zu können.

So wird man nie erfahren, ob die Möchtegern-Gemeinwohl-Lenker vor ihrer Kür zum Kandidaten ihres Wahlvereins zumindest

ein einfaches, kommunalpolitisches Qualifizierungs-Seminar E-R-F-O-L-G-R-E-I-C-H besuchten, oder doch nur ihren Müttern das Versprechen gaben, einmal im Leben „etwas werden“ zu wollen?

Selbst wenn am Ende eines Wahltages nur die unqualifiziertesten Gestalten übrig blieben, die wegen ihres stadtbekannten Dummschwätzertums nur aus Gefälligkeitsgründen von einer Minderheit aus Freunden, Verwandten und sonst wie Abhängigen gewählt wurden, diese Gemeinwohl-Legastheniker würden in Übereinstimmung mit den derzeit gültigen Wahlgesetzen die Geschicke der Kommune von nun an zumindest mitbestimmen können.

Welche Wahlen kommen demnächst auf uns zu?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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