Schaffen es auch Gemeinwohl-Legastheniker in den Stadtrat?

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Wie in anderen bayerischen Kommunen, so machen sich demnächst auch in Geisenfeld viele Stimmensammler auf, uns auf die Abgabe unserer Stimmen an irgendeiner Wahlurne einzustimmen.

Zuerst sollen wir am 15. September die Mitglieder des Bayerischen, eine Woche später die des Deutschen Bundestages und am 16. März 2014 dann die Bürgermeister und die Stadt- und Kreisräte in den Landkreisen wählen.

Wobei die Geisenfelder, wegen des Überschreitens der Einwohnerzahl von 10.000 jetzt 24 statt wie bisher 20 Stadträte bekommen werden. Die bekommt man natürlich nicht mit der Post, die müssen gewählt werden. Viele der dort bisher Aktiven nehmen sich schon vorher selbst aus dem Spiel und scheiden freiwillig aus dem Stadtrat. (Ob sich zu den bekannt gewordenen 6 Aussteigern -2 wegen beruflicher Überlastung und 4 aus Altersgründen- noch welche wegen sich selbst eingestandener Stümperei zum Ausscheiden entscheiden, wird sich noch zeigen)

Dafür hat der erste Bürgermeisterkandidat bereits in diesem Frühjahr seinen Hut in den Ring geworfen. CSU-Stadtrat Johann (Hans) Schranner, nach Meinung vieler Beobachter einer der wenigen mit Rückgrat ausgestatteten Stadträte, in einem oftmals nach duckmäusernder Schulkinderatmosphäre riechendem Stadtrat.

Sofern seine Parteifreunde ihn lassen, traut er sich zu, dem schulmeisternden Amtsinhaber die Amtskette streitig zu machen.

Ein durchaus realistisches Unterfangen. War der amtierende Bürgermeister doch als einer von drei Kandidaten bei der letzten Wahl nur zweitplatzierter. Bis zur Stichwahl. Diese konnte er -wegen einer Wahlempfehlung der Wählergruppierung des drittplatzierten Kandidaten- knapp für sich entscheiden. Sollte es bei der anstehenden Wahl im Nächsten Jahr erneut zu einer Stichwahl kommen: Eine Empfehlung würde die damals empfehlende Gruppierung kein zweites Mal aussprechen. Versichern zumindest führende Köpfe dieser Wählergruppierung ernüchternd. Als Bürgermeister hatte sie der derzeitige Amtsinhaber und frühere Berufsschullehrer doch zu sehr enttäuscht.

Wobei sich der amtierende Bürgermeister bezüglich der Kommunalwahl 2014 noch nicht erklärt hat. Versuchte Amtsinhaber Christian Staudter vor der letzten Wahl im Jahr 2008, die politischen Wettbewerber über seine Absichten lange im Unklaren zu lassen (um dann mit einer neuen, unabhängigen Wählergruppierung anzutreten) dürfte dieses Spiel kein zweites Mal gelingen.

Beobachter gehen davon aus, allein die Abstriche bei Gehalt, komfortablen Rentenbezügen und der mögliche Ansehensverlust bei Verzicht auf den Titel werden bei Bürgermeister Staudter das „go“ für die nächsten 6 Jahre auslösen.

(Nach einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung (aus dem Jahr 2008) unter Deutschlands Bürgermeistern, in der sie ihre heutige Situation mit ihrer Zeit vor Amtsantritt vergleichen, ist bei 67% das Selbstvertrauen gewachsen, 66% empfinden mehr Anerkennung als früher und für 55% hat sich die finanzielle Lage verbessert)

Wie gründlich Staudter bereits die ersten 6 Jahre seine Tätigkeit als Bürgermeister von Anfang an missverstanden haben dürfte, zeigt sein prätentiöser, wie aus der Zeit gefallen wirkender Leitspruch, den er schon vor seiner Kandidatur öffentlich bekannt gab:

Steh an der Spitze um zu dienen (nützen), nicht um zu herrschen” (Praesis, ut prosis, non ut imperes, Bernhard v. Clairvaux)

Welche derart wichtige Position glaubte Staudter als Bürgermeister einer Provinzstadt fortan bekleiden zu können, um sie mit einem Leitspruch schmücken zu müssen? Und noch wichtiger: Was wollte er dem Bürger mit genau diesem Spruch sagen?
Das seine Durchlaucht als Geisenfelder Bürgermeister die Wahl zwischen „Herrschen“ oder „Dienen“ gehabt hätte, er sich aber gnädiger Weise fürs „Dienen“ entschieden hatte?

Obwohl man sich hierbei unweigerlich fragen muss, welches Geschichtsverständnis heute an Schulen vermittelt wird, dürfte dieses Beispiel selbst Berufsschülern zeigen, wie robust und belastbar unsere halbwegs funktionierende demokratische Staatsform angesichts dieser Attitüden noch immer ist.

Was Staudter zur erneuten Kandidatur noch fehlen dürfte, wäre eine öffentlichkeitswirksame „Krönungsmesse“, die zumindest den Anschein in der Öffentlichkeit erwecken solle, eine überwältigende Anzahl von Anhängern habe ihm die erneute Kandidatur angetragen. Die dazugehörenden Weihrauchfässer sollen bereits an die üblichen Jubelschreiber verteilt worden sein.

Die „Show-Staudters

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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