Streitschrift – KEINE MACHT DEN DOOFEN

Lesedauer 5 Minuten

So mancher Politiker, Wirtschaftsweise, Medienschaffende oder Religionsführer lechzt nach Berühmtheit. Viele von ihnen dürfen sich jetzt freuen, denn Dr. Michael Schmidt-Salomon, freischaffender Philosoph und Schriftsteller, hat dieser angeblich so intelligenten Spezies ein Buch gewidmet.

Finanzakrobaten, die mit Milliarden jonglieren, aber das kleine Einmaleins nicht beherrschen. Politiker, für die nur Stimmen zählen – statt Argumente. Religiöse Fanatiker, die uns mit modernsten Waffen ins Mittelalter zurückbomben wollen: Hinter der globalen Misere steckt, so Michael Schmidt-Salomon in seiner Streitschrift, eine einzigartige, weltumspannende Riesenblödheit.

Ein Aufruf zum Widerstand gegen den Irrsinn unserer Zeit.

Im Kapitel „Heilige Einfalt in der Politik“ weist er zum Beispiel auf die Unterschiede zwischen „Vollreligioten“ wie den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, und „religiotischen Hirnwürmern“ westlicher Staaten hin. Als Beispiel dafür dient Salomon die gegenwärtige Sozialministerin Ursula von der Leyen.

(Buchauszug)
Die ehemalige deutsche Familien- und gegenwärtige Sozialministerin Ursula von der Leyen – und sie ist wahrlich nicht die dümmste Vertreterin der Politikergilde, im Gegenteil! – verkündete 2006 vor laufenden Kameras, dass „die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes im Prinzip die Zehn Gebote zusammenfassen“ würden.
Wer hätte das gedacht?
Offenbar besitzt die Ministerin eine recht eigentümliche Ausgabe des deutschen Verfassungstextes: Denn seit wann, bitte schön, legitimiert das Grundgesetz Religionszwang und Sippenhaft, Sklaverei und die Unterordnung der Frau unter den Mann – allesamt Inhalte der Zehn Gebote? Andersherum formuliert: Seit wann enthalten die Zehn Gebote unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte (Artikel 1 des Grundgesetzes), das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2), die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3), die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Artikel 4) oder gar die Gewährung von Meinungs-, Presse-, Kunst-, und Forschungsfreiheit (Artikel 5)? Diese Rechte sind im Kanon der Zehn Gebote nicht nur nicht enthalten, sie stehen vielmehr in einem unaufhebbaren Widerspruch zur gesamten Ausrichtung der Bibel!
(Auszug Ende)

Alles halb so schlimm, würde dieser „religiotische Unsinn nicht politische Konsequenzen nach sich ziehen„, wie man an der Privilegierung der beiden christlichen Großkirchen sieht. Politiker nehmen hier die Einschränkung verfassungsmäßig garantierter Rechte hin. (Artikel 4, Grundgesetz)

In diesem Buch, das man nach Meinung von Ester Vilar „nicht mehr aus der Hand legen kann„, (Ester Vilar veröffentlichte 1987 das Buch „Der betörende Glanz der Dummheit“) wird auch der Leser nicht geschont, wenn er erkennt, dass in der Demokratie nicht nur alle Macht, sondern auch alle Blödheit vom Volke aus geht. „Letztlich erhalten wir doch nur die Hohlkopf-Politik, die wir verdienen. Wir sollten uns also selber an die Nase fassen: Was ist in unserer Entwicklung so schrecklich schiefgelaufen, dass wir diesen ganzen Stumpfsinn zulassen können?“ fragt Salomon in einem Interview des Humanistischen Pressedienst.

Der Mensch sei nicht „zu böse, sondern bislang einfach nur zu blöde, um gerechtere Verhältnisse zu schaffen„. Sogenanntes Schwarmverhalten bewirke beim individuell intelligenten Menschen eine kollektive Beschränktheit (Schwarmdummheit), bei individuell beschränkten Ameisen eine kollektive Intelligenz (Schwarmintelligenz).

Warum lassen wir „Ökonomiotie“ (ökonomischen Schwachsinn) zu, indem „das Kapital, das die wenigen besitzen, den vielen fehlt, um all die schönen Güter und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die zwar theoretisch bereitgestellt werden könnten, aber aufgrund des zunehmenden Ausfalls zahlungsfähiger Konsumenten keine Abnehmer mehr finden„.

Beispiel Hunger: Hierbei kann man sich über fünft belegte Brot freuen, doch mit dem zehnten, hundertsten, tausendsten Brot, das auf dem selben Tisch landet, kann man persönlich nichts mehr anfangen. Ökonomisch ausgedrückt: Je mehr Einheiten man von einem Wirtschaftsgut besitzt, desto weniger befriedigend ist es, noch mehr Einheiten dieses Wirtschaftsguts zu erhalten. Marktwirtschaftliche Systeme können so auf Dauer nicht funktionieren.

Warum nutzt der Mensch seine so hoch gerühmte Intelligenz vorrangig um sich „gegenseitig auszutricksen, auszuplündern, auszubeuten, abzuschlachten„, anstatt aus dieser Welt einen besseren, einen lebenswerteren Ort zu machen?

Homo sapiens, der „weise Mensch“– das ist in der Betrachtung Salomons etwa so originell wie der vegetarische Löwe, der steppende Regenwurm oder die bürokratische Spitzmaus.

Zutreffender wäre „Homo demens, der irre, der wahnsinnige Mensch. Denn genau das zeichnet uns vor allen anderen Tieren besonders aus: Nur wir sind irrsinnig genug, unser Leben für pure Fiktionen wie „Gott“ und „Vaterland“, „Ehre“ und „Ruhm“ aufzuopfern. Keine Ideologie ist absurd genug, als dass wir für sie nicht bis zum bitteren Ende kämpfen würden„.

Diese Streitschrift hat es dermaßen in sich„, schreibt die Süddeutsche Zeitung, „dass nur robuste Skeptiker ihre Freude daran haben werden. Aber dies dann ungeteilt, auf jeder einzelnen Seite geballter Verbalinjurien gegen die offenbar bekloppteste Spezies unter der Sonne„.

Damit der Homo sapiens sich irgendwann einmal gegen den Homo demens durchsetzen kann, die „Wissensbulimie„, also die „Erziehung zur Denkverödung“ nicht weiter kultiviert wird, werden auf der Internetseite keine-macht-den-doofen Belege und Beispiele für den globalen Irrsinn gesammelt, um aus den Beiträgen heraus die Nominierten für den „Homo demens-Award 2012“ zu generieren.

Wer war der größte Religiot des Jahres, wer der größte Politiot? Wem verdanken wir den verheerendsten ökonomischen oder ökologischen Irrsinn? Wer hat in den Medien oder in der Bildungspolitik am erfolgreichsten zur Verblödung der Massen beigetragen?

Diese Streitschrift liefert die Denkanstöße dazu!

Anmerkung:
Eine Online-Suche in der Geisenfelder Stadtbücherei ergab für dieses Buch aktuell keinen Treffer. Da bleibt nur der Eigenerwerb. Für 5,99 Euro sehr zu empfehlen.

Michael Schmidt-Salomon, Keine Macht den Doofen!,
Piper-Verlag 2012, 128 Seiten, € 5.99 (D),
ISBN 978-3-492-27494-4

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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