Toilettenpapier und die Simulation von Politik in Geisenfeld

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Wird der Dauerwahlkampf der Staudters auf dem Bürgerfest fortgeführt ?

Auf welcher der 3 „Eventbühnen“ des Bürgerfestes werden sie sich wann präsentieren? Dieses kleine Ratespiel unter professionellen (Stadträte) und anderweitig politisch interessierten Beobachtern (Bürger) wird auch dieses Jahr zu lustigen Spekulationen über das Ehepaar Staudter führen.
In der einen ein kühles Bier, die andere Hand zur Faust in der Tasche geballt, so werden zumindest einige Stadträte die öffentlichen, die Anmutung von Dauerwahlkampf verströmenden Auftritte von Bürgermeister und Kulturreferentin verfolgen. Show statt Substanz.

Bundestagspräsident Norbert Lammert nannte diesen Vorrang der Unterhaltung gegenüber echter Information in seiner Festrede anlässlich der Verleihung des „Herbert-Riehl-Heyse“-Journalisten-Preises am 18. Juni in München „Verdrängung von authentischer Politik durch Simulation von Politik“.

Der Bürgermeister einer Kleinstadt hat in der Regel nicht viel Möglichkeiten viel Aufhebens von sich zu machen. Provinzpolitik stößt in der Bevölkerung auf vergleichbares Interesse wie eine Diskussion über die Unterschiede der Reißfestigkeit von mit Aloe oder Kamille getränkten Toilettenpapier.

Lokalpolitik und Toilettenpapier sind beides Langweiler und damit sogenannte Low-Interest-Produkte.

Da trifft es sich gut, wenn die Kommune, der man als Bürgermeister vorstehen darf, mit dem sogenannten Subsidiaritätsprinzip fremdelt, also die Bürger Organisation und Eigenverantwortung für Veranstaltungen skeptisch begegnen und man deshalb als Bürgermeister und in Personalunion eines umtriebigen städtischen Veranstalters das rundum Sorglospaket der Volksbelustigung offerieren kann.

Jetzt kann man mit Steuergeldern -also auf Kosten der zu belustigenden Bürger- auch jede noch so kleine Bühne bespringen, zu Beginn jeder Veranstaltung halbwegs angemessene Sätze über die Anwesenden streuen und mit seiner Präsenz nicht nur bei Unbedarften den Eindruck erwecken, den sich Publicitysuchende so sehr wünschen:

Irgendwie sympathisch was der so alles für uns macht.

Wenn jetzt noch die eigene Ehefrau es schafft in den Stadtrat gewählt zu werden und dort den publicityträchtigen Referentenposten für Kultur bekommt, könnte es nicht besser laufen. Veranstaltungen können nun im Doppelpack bespielt und im Idealfall auf einer einzigen Veranstaltung gleich von beiden eine Ansprache unters Volk gebracht werden.

Wie unangemessen und aufdringlich dieser Drang der beiden Staudters nach Öffentlichkeit ausfällt, konnte man beim Abschluss der „Restlich„-Veranstaltung auf dem Stadtplatz beobachten.

War schon die Auftaktveranstaltung dieser als Erinnerung an den Holocaust gedachten Veranstaltungsreihe eine vom Publikumszuspruch her trist zu nennende Angelegenheit, versiegte das Publikumsinteresse an der Schlussveranstaltung völlig.

Das hinderte jedoch die Staudters nicht, er in der Funktion als Bürgermeister/städtischer Veranstalter und sie in der Funktion als Kulturreferentin/städtischer Veranstalter jeder eine Rede an die sehr, sehr überschaubaren Zuhörer zu richten. Das in dieser Situation weniger mehr bedeutet hätte, dies den beiden auch für die Zukunft klar zu machen, sollte endlich vom Stadtrat in Angriff genommen werden.

Es kommt zunehmend einer Bürgerbelästigung gleich,

auf städtischen Internetseiten, öffentlichen Plätzen oder städtischen Einrichtungen über zwei zwar omnipräsente städtische Funktionsträger, doch darüberhinaus substanziell und an ihren Aussagen gemessen relativ unbedeutende Personen zu stolpern.

Da kann man zum Beispiel auf der städtischen Facebook-Seite das Video eines Kindergartenjubiläums betrachten, in dem sich der als Gratulant gerierende -natürlich manuskriptlose-Bürgermeister in einer auf Zusammenhang gequälten Rede über das Wetter, anwesende Trachtenträger, die bayerischen Farben und Luftballons als Ballersatz schwadroniert. Man möchte die verbale Stolperei schon wegklicken, doch dann kommt´s: die Kulturreferentin eilt ins Bild und reicht ihrem Bürgermeistergatten für jede Kindergartenbedienstete je eine putzige Kaffeetasse mit Stadtwappen als Geschenk. Da waren sie also erneut. Die Staudters nun auch auf Facebook.

Hinter dieser und allen anderen Veranstaltungen auf denen Staudter draufsteht, steckt immer die Stadt! Finanziell, ideell und personell!

(Wer betreut eigentlich die oben angesprochene Facebook-Seite? Im Gegensatz zur städtischen Internetseite wird hier keine zuständige Person genannt.

  • Wird diese Facebook-Seite mit den „Staudtermedien“ nicht von einer städtischen Mitarbeiterin, sondern von einer Privatperson betreut?
  • Eine Privatperson die von der Stadt bezahlt wird?
  • Am Ende sogar aus dem Kulturetat?)

Der im Stadtrat, Bürgerschaft und bei Vereinsvorsitzenden zunehmende Ärger über die „dauerwahlkämpfenden Staudters“ und die darauf folgende Hofberichterstattung  über Bürgermeister und Kulturreferentin lässt sich sehr gut nachvollziehen, wenn man sich folgende Situation vor Augen führt:

Was würde geschehen, würde jeder Stadtrat/Stadträtin mit dem ihm/ihr überantworteten Referat die Öffentlichkeit derart intensiv und personenbezogen suchen wie die USB-Stadträtin mit dem Referat Kultur?

(Der Bürgermeister, qua Definition „der Vertreter der Kommune in der Öffentlichkeit“ und die anderen Stadträte der USB-Fraktion mit ihren Referaten Jugendarbeit und Kindergärten sind ja schon gut dabei)

Vorausgesetzt alle Stadträte würde das Bedürfnis und das Selbstverständnis überkommen, es im Bestreben um Bürgergunst und Publicity Bürgermeister und Kulturreferentin gleichzutun, das Geschrei wäre nicht mehr auszuhalten! Hier nur zwei, der Aktualität der vergangenen Tage geschuldeten Beispiele:

  • Nach jedem größeren Regenschauer würde sich die Friedhofsreferentin in einem Zeitungsartikel mit den neuesten Meldungen über abgesenkte Grabstätten melden.
  • Passend dazu würde sich der Referent für die Hochwasserfreilegung mit den neuesten Wasserstandsmeldungen öffentlich Gehör verschaffen, und dabei dem Bürgermeister den Marsch wegen vermeintlicher Versäumnisse blasen.

Vermutlich würde man täglich von mindestens einem der insgesamt 19 Referenten (plus Kulturreferentin) einen Selbstdarstellungsartikel in der Zeitung und auf der städtischen Homepage lesen können.

Wie weit das Selbstverständnis der Staudters bei Auftritten in der Öffentlichkeit inzwischen geht, erlebten am 18. Januar 2013 die Anwesenden im Sitzungssaal des Geisenfelder Rathauses.
Als Hausherr durfte auch Bürgermeister Staudter den von der örtlichen CSU an diesem Abend zum Neujahrsempfang geladenen Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer begrüßen.

In der von ihm bei öffentlichen Auftritten gewohnt manuskriptlosen, und deshalb oftmals schwafeligen, wenig strukturierten Vortragsweise –eine Unart, die man bei rhetorisch suboptimal aufgestellten Kantonisten in dieser Gehaltsklasse eigentlich nicht mehr antreffen dürfte– versuchte er mittels eines quälend langen 15- minütigen PowerPoint-Vortrages dem Gast -und gleichzeitig allen Einheimischen- Geisenfeld sehr detailliert nahe zu bringen. („Sie sind ja leider im Dunklen angekommen. Es war bei der Weihnachtsbeleuchtung ja viel, viel schöner„)

Er wolle den „Herrn Bundesminister ein bisschen mit Geisenfeld vertraut machen“ und er denke, „das das eine oder andere auch wichtig ist„. Geisenfeld sei eine Stadt „mit 10120 Einwohnern. Davon zur Zeit im Ortskern ca. 5 bis 6 Tausend, und dann in 13, 14 Ortsteilen der Rest„. Präzise beim Zitieren des Textes in der aufgezeigten Textfolie, oberflächlich in der freien Rede.

Und als könne er davon ausgehen, das Nachfolgende würde irgendjemand im Raum interessieren– Anwesend waren größtenteils Mitglieder und Parteigrößen aus den Reihen der örtlichen- und überregionalen CSU- brachte Geisenfelds Bürgermeister seine Frau ins Spiel.(Ohne dabei ihre Funktion als Stadträtin zu erwähnen)

Er sei „vorher schon des Öfteren gefragt worden, wo denn meine Frau heute sei„. Die sei in Würzburg, „bei der Stadtführertagung, um unseren Tourismus wieder (sic) auf Vordermann zu bringen und noch besser zu machen„. (Das mit dem Fremdenverkehr hatten bisher nur sehr wenige in Geisenfeld so gesehen)

Den fragenden Blick seines Ministers, was der mit Informationen von derartiger Relevanz anfangen sollte, quittierte der Referent von Bundesminister Ramsauer mit einem entschuldigenden Achselzucken. Was Provinzbürgermeister eben so erzählen, wenn sie keiner einbremst.

Dr. Ramsauer bedankte sich auf seine Weise beim  Bürgermeister. Zu Beginn seiner Rede begrüßte der Bundesverkehrsminister  neben dem damals aktuellen CSU-Ortsvorsitzenden Martin Lachermeier auch alle vermeintlich wichtigen Leute im Raum mit Namen. Nur beim Bürgermeister beließ er es beim „Herr Bürgermeister“. Der Name Staudter kam ihm nicht über die Lippen. (Wie er auch sonst jeder  Erwartung und Bitte des Bürgermeisters an diesem Abend eine Abfuhr erteilte)

Im Bemühen, sich möglichst lange beim viel erzählen reden zu hören, bekommt in Ermangelung wirklich relevanter Informationen auch die nebensächlichste Belanglosigkeit einen unangemessen großen Stellenwert.

Wie die schwadronierende Person übrigens auch. Belangloses erfährt man am ehesten von belanglosen Personen! Egal, von wie vielen „Eventbühnen“ herab oder zu welchen Anlässen sie auch langweilen mögen.

Das Problem in Geisenfeld ist nicht der unterhaltungswillige Bürger, das Problem rührt daher, dass mittlerweile unter dem amtierenden Bürgermeister auch die kleinste Geburtstagsfeier mehr oder weniger willkürlich als Event klassifiziert wird.

Ob die dabei zur Verfügung zu stehen habenden Vereine wollen oder nicht. Im Verbund mit willfähriger Berichterstattung werden Stimmungen und unübersehbare Ablehnung hinter den Kulissen vom Bürgermeister einfach zur Zustimmung umgedeutet.
Der Bürger, der all das Gerangel hinter den Kulissen nicht mitbekommt, soll beide Staudters schließlich im nächsten Jahr erneut wählen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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