Bist du zu stark ….. versenken wir dich.

Lesedauer 11 Minuten

Muss man die AfD mögen? Kann man überhaupt eine Partei mögen? Nein, nicht wirklich. Doch was macht man, wenn eine von vielen geschmähte Partei sehr hoch, für viele zu hoch in der Wählergunst steht? Man lotet lautstark die Möglichkeit aus, diese Partei eventuell verbieten zu können.

Doch einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zufolge, gibt es in der bundesdeutschen Bevölkerung keine Mehrheit für ein Verbot der AfD. Bundesweit hielten sich Befürworter und Gegner mit jeweils 42 Prozent der Befragten genau die Waage; während im Westen die Befürworter mit 45 Prozent ganze 5 Prozent Vorsprung vor den Gegnern hatten, liegen im Osten die Gegner mit 51 Prozent weit vor den Befürwortern mit nur 32 Prozent.

Bei diesem Zuspruch beißt auch die durchsichtigste Verbots-Kampagnen auf Granit.

Läuft gerade eine große Kampagne für ein AfD Verbot

Von Dagmar Henn

Es ist, als würde man Dominosteinen beim Fallen zuschauen, so schnell ging das von dieser vermeintlichen „Enthüllung“ auf Correctiv bis zu einer Debatte über ein AfD-Verbot quer durch die deutsche Medienlandschaft. Viel zu schnell, viel zu geradlinig, viel zu einheitlich, um echt zu sein.

Es gibt Dinge, die machen mittlerweile misstrauisch. So beispielsweise die Tatsache, dass zeitlich passend zu einer Flut von Artikeln über ein ganz böses rechtes Treffen eine Umfrage veranstaltet wurde, wie viele Deutsche ein AfD-Verbot befürworten würden. Die Umfrage hatte vor der Veröffentlichung stattgefunden, die die gegenwärtige Welle auslöste. Ein Schuft, der Böses dabei denkt.

Inzwischen gab es sogar mehrere Demonstrationen, über die jeweils breit berichtet wurde, wie immer, wenn die vermeintlich „Guten“ unterwegs sind. Dabei ist der zugrunde liegende Artikel, den das grüne Parteigeheimdienstportal Correctiv veröffentlichte, trotz ganzer fünf Autoren derart dünn, dass man ihnen früher dringend geraten hätte, es doch lieber als Klempner zu versuchen denn als Journalisten.

Die dicht gedrängte Zeitfolge weckt unangenehme Erinnerungen. An die Rollatorputsch-Inszenierung beispielsweise, bei der man unzählige Journalisten mobilisierte, um einen vermeintlichen Staatsstreich zu schaffen, indem man einzelne Treffen mehrerer älterer Herrschaften aufblies. Das so vielfältig angeführte Gespräch bei Potsdam fällt in eine ähnliche Kategorie. Um das zu bemerken, muss man keinerlei Sympathien für die beteiligten Personen oder die von ihnen getätigten Überlegungen hegen; man muss nur Wort und Tat zu unterscheiden und die Wirksamkeit politischer Kontakte vernünftig zu bewerten wissen.

Pro Nase Spenden in Höhe von 5.000 Euro sollten die Teilnehmer abdrücken; das wären dann bei 30 Teilnehmern insgesamt 150.000 Euro geworden. Eine wahrhaft weltbewegende Summe, wenn die Kosten eines einzelnen Bundesparteitags deutlich darüber liegen und jede parlamentarische Partei für den Wahlkampf mehrere Millionen benötigt. Mit Geschick und Erfahrung kann man für diesen Betrag eine bundesweite Demonstration organisieren, wesentlich mehr aber auch nicht.

Die erste Voraussetzung dafür, dass eine derartige Geschichte funktioniert und die gewünschten Reaktionen hervorruft, ist wieder einmal die Kontaktschuld-These. Das merkt man auch am nachgelegten Material: Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla soll einmal 2021 bei einem Treffen gewesen sein, das Gernot Mörig, einer der Teilnehmer des Potsdamer Treffens, organisiert haben soll. Eine Formulierung, die nicht einmal erkennen lässt, ob besagter Mörig als Einlader zu erkennen war. Ein Treffen vor drei Jahren? Das ist ja schon fast so gut wie verheiratet …

Der Hauptvorwurf, der den Teilnehmern dieses Potsdamer Treffens gemacht wird, ist, dass sie unter der Überschrift „Remigration“ auch darüber geredet hätten, Eingebürgerten die deutsche Staatsbürgerschaft wieder abzuerkennen. Genau mit diesem Kontext entstehen dann Kommentare wie in der Zeit, die aus der Sicht von Deutschen mit Migrationshintergrund daraus eine große Bedrohung machen. Was wirklich voraussetzt, dass der Leser ein kurzes Gedächtnis hat – erst vor wenigen Wochen wurde auf breiter Front in den Medien gefordert, man müsse ein Bekenntnis zum „Existenzrecht Israels“ zur Voraussetzung einer Einbürgerung machen. Ein Bundesland führte das tatsächlich ein, und im Zusammenhang dieser Debatte tauchte auch die Forderung auf, man müsse jenen Eingebürgerten, die sichtbar anderer Überzeugung seien, die deutsche Staatsbürgerschaft doch irgendwie wieder nehmen können … aus denselben Kreisen, die sich jetzt laut über das Potsdamer Treffen empören.

Vielleicht ist es ja wirklich eine unangenehme deutsche Charaktereigenschaft, so gerne in Extreme zu verfallen. Eine ganze Generation lang war den Menschen, die in den 1970ern in die Bundesrepublik kamen, die Staatsbürgerschaft verweigert worden, aber jetzt gilt jeder als rechtsradikal, der nicht alles einbürgern möchte, was irgendwie über die Grenze kommt.

Da ist ungeheuer viel Heuchelei im Spiel und sehr wenig Menschlichkeit. Die Haltung, jeder müsse nach Deutschland kommen und bleiben dürfen, ist ebenso inhuman und irreal wie das vollständige Gegenteil, weil die Vorstellung, Migration sei grundsätzlich ein Quell des Glücks, nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun hat. Das deutsche Wort Elend belegt das, denn seine ursprüngliche Bedeutung lautet: die Fremde.

Aber das ist gar nicht der spannende Punkt, denn in Wirklichkeit war dieses Potsdamer Treffen nur in einer einzigen Hinsicht interessant, wie die Entwicklung der letzten Tage mehr als deutlich belegt: als Startschuss für eine breite Kampagne für ein Verbot der AfD. Wenn sich Luisa Neubauer vor dem Kanzleramt auf einer Demonstration dafür ablichten lässt und die Hamburger Jusos eine Demonstration anmelden, dann weiß man, dass die ganze Astroturfing-Szenerie beteiligt ist. Nachdem schon davor einige Politiker (unverzichtbar dabei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck) die große Gefahr durch die AfD beschworen und das Thema Verbot in den Vordergrund gespielt hatten, wurde inzwischen noch etwas nachgelegt – mit einer Debatte über einen Grundrechtsentzug für Björn Höcke. Ja, ernsthaft.

Letzteres wird in einer Petition gefordert, die seit vergangenem November auf dem Soros-Portal Campact Unterschriften sammelt. Nachdem sie erst eine Zeit lang im nordrheinwestfälischen Umfeld des Initiators in der Presse verbreitet wurde, wird sie nun bundesweit bekannt gemacht. Wieder ganz unschuldig, versteht sich. Schließlich sind es ja schon fast 600.000 Unterschriften.

Wir haben also eine Räuberpistole von Correctiv, dann eine Umfrage, die das Feld sondiert, eine Mediendebatte über ein Verbot und eine Reihe von Demonstrationen für dieses Verbot und gegen die AfD, und zu guter Letzt das mit dem Aberkennen der bürgerlichen Rechte. So bastelt man sich das, was in gewissen Zeiten das „gesunde Volksempfinden“ genannt wurde.

Für normale politische Abläufe geht das alles viel zu schnell. Wenn die Jusos aus dem Hamburger Norden zu einer Demonstration aufrufen, braucht es dafür einen Beschluss, und dann muss jemand anmelden, und der Aufruf muss noch verteilt werden; selbst mit digitalen Mitteln ziemlich knapp vom 11. Januar, an dem die Correctiv-Geschichte erschien, bis zum 12., an dem die Demonstration stattfand. Und dass die Jusos schnell waren, liegt auch schon einige Jahrzehnte zurück.

Nur, wenn die Regierung schon mit ihren Zustimmungswerten im allertiefsten Keller dümpelt und die Mehrheit der Deutschen sie lieber gestern als heute verabschieden würde, muss man schon ein wenig zuarbeiten, um den Eindruck gesellschaftlicher Unterstützung zu erwecken. Wäre interessant, zu wissen, wer Neubauer angerufen hat, damit sie vor dem Kanzleramt erscheint. Der Insasse desselben, oder lässt sie sich noch von niedrigeren Chargen herbeipfeifen? Die Dame ist immerhin Millionenerbin, und verglichen mit ihr dürften die in Potsdam anwesenden Millionäre schon fast Antrag auf Bürgergeld stellen. Was ist schon der Gründer eines Backwarendiscounters gegen die Erbin eines alteingesessenen Vermögens, das auch schon an Zwangsarbeitern verdiente?

Neubauer jedenfalls wurde durch die Kunstbewegung Fridays for Future zumindest für eine gewisse Altersgruppe als Bild des Guten etabliert, und so kann man sie als Beleg dafür einsetzen, dass die „Zivilgesellschaft“ (der Begriff stammt ursprünglich vom italienischen Kommunisten Antonio Gramsci, aber der hatte mit Sicherheit keine von Milliardären aufgeblasenen Politprojekte im Sinn) sich ganz große Sorgen um die deutsche Demokratie macht und ein Verbot der AfD ganz wichtig findet.

Ja, es gibt auch noch welche, die diese Idee nicht so gut finden, aber ihre Argumente sind schwach, etwa, das könne der AfD nützen. Oder das Verfahren werde lange dauern. Wobei das, wenn man an die Willfährigkeit des Verfassungsgerichts bei den Corona-Maßnahmen denkt, nicht mehr wirklich garantiert ist. Aber dass die Idee dieses Verbots selbst das wenige an Demokratie gefährdet, das in Deutschland noch übrig ist, dieser Gedanke taucht in den Medien selbstverständlich nicht auf.

Es ist ein klein wenig so, als würden sich politische Vorstellungen in dieser Blase viral übertragen. Denn jetzt in Deutschland diese Debatte zu betreiben, das hat viel gemein mit den Bemühungen der US-Demokraten, Donald Trump von den Wahllisten für die Vorwahlen zu streichen. In beiden Fällen fragt man sich, ob die Betreiber schlicht bösartig, arrogant und dumm sind, oder ob sie heimlich das Handbuch „Bürgerkrieg für Dummies“ umsetzen.

Denn eigentlich ist die Konstellation geradezu irrwitzig. Eine Regierung, die (man muss das regelmäßig wiederholen) eine die gesamte Volkswirtschaft schwer schädigende Kriegshandlung eines vermeintlichen Verbündeten hingenommen, wenn nicht gebilligt hat, die reihenweise zerstörerische Gesetze verabschiedet, sich mit Verve an einem Krieg beteiligt, der eine ganze Generation eines europäischen Landes zerstört, nur weil man in einem anderen die Regierung austauschen will, die sich gleichzeitig hinter Völkermörder stellt (und damit dazu beiträgt, genau den Staat zu zerstören, dessen Existenzrecht so bedeutend sein soll), sich einem senilen US-Präsidenten unterwirft und überhaupt in jeder nur denkbaren Weise Schaden anrichtet; die abweichende Meinungen verfolgt, wie das zuletzt vor siebzig oder noch mehr Jahren geschah und sich wider den Unwillen des Volkes hinter einer erneuerten Majestätsbeleidigung verschanzt; der die Arroganz aus jedem Knopfloch rinnt, während Geldbeutel und Kühlschrank der Eingeborenen immer leerer werden; von der niemand, außer vielleicht noch Anhängern der Grünen, einen Gebrauchtwagen kaufen würde; diese Truppe nimmt Anlauf, um eine Partei zu verbieten, die in mehreren Bundesländern über 30 Prozent der Stimmen bekäme. Auch wenn viele Wähler sie aus Verzweiflung wählen, weil das übrige Angebot so grausam ist.

Das geht nicht gut. Die erste Voraussetzung, die eine Regierung erfüllen müsste, um eine Partei zu verbieten, wäre ein Mindestmaß an Vertrauen, an Legitimität. Denn ein Parteiverbot, das ist kein Papier mit einem Beschluss darauf. Das ist die Eröffnung unzähliger Maßnahmen. Das KPD-Verbot 1956 erfolgte, um damit die Bewegung gegen die Remilitarisierung zu enthaupten, und das Verbot der Partei selbst war nur ein Puzzleteil; denn rundherum war zuvor schon alles verboten worden, wo man Mitglieder der Partei vermutet hatte, waren selbst Abgeordnete verhaftet, Demonstrationen verboten, Zeitungen verboten, Tausende inhaftiert worden; schon das Wort „Frieden“ war in einigen Jahren der Adenauerzeit geradezu suspekt. Das alles wurde getan, um die unwilligen Bundesbürger mit einer Armee zu versehen und in die NATO zu befördern.

Soll keiner behaupten, das wäre eine Kleinigkeit gewesen. Die KPD war zum Zeitpunkt des Verbots eine Partei, die knapp über fünf Prozent lag; die Adenauer-Regierung hatte tatsächlich zu diesem Zeitpunkt eine Mehrheit, und sie konnte sich in Verwaltung und Polizei auf die vielen Beamten des Naziapparats stützen, denen sie ihre Amtssessel wiederbeschafft hatte. Und da war das „Wirtschaftswunder“, das dafür sorgte, dass die Mehrheit der Deutschen zuversichtlich in die Zukunft blickte.

Das tut heute kaum jemand. Die Ampel hat keine Mehrheit in der Bevölkerung, und auch, wenn die Justiz sich zuletzt als überaus willig erwies, mal dieses, mal jenes Grundrecht anzugreifen, ob wirklich große Teile von Polizei und Verwaltung sich in dem Ausmaß an die Regierung gebunden fühlen, wie das zu Zeiten Adenauers der Fall war, ist auch fraglich. Und wir reden diesmal von einer 30-Prozent-Partei.

Wenn man den Zeitplan betrachtet und wahrnimmt, dass die ersten Vorbereitungen im November angelaufen sind und unter anderem so suspekte Strukturen wie das „Zentrum für politische Schönheit“ in diesem Monat begannen, für ein AfD-Verbot zu werben (diese Organisation war das erste Mal 2015 aufgefallen, als sie freien Zugriff auf die Wiese vor dem Bundestag erhalten hatte, um für offene Grenzen zu werben; ein Ort, der belegte, dass das Auftragsarbeit für die Regierung war), und im November auch die oben erwähnte Petition gestartet wurde, dann kann man sehen, dass in bestimmten Teilen des Fußvolks diese Agenda mit Vorlauf gesetzt wurde, damit man nun auf Zuruf die Darstellung des Volksempfindens erhalten konnte. Aber jeder, der die Entwicklungs- und Verbreitungsgeschwindigkeit realer politischer Forderungen kennt, etwa, wie viele Jahre es für den ersten Anlauf eines NPD-Verbots gebraucht hatte (das auch innerhalb der damaligen Linken nicht unumstritten war), erkennt an diesen Zeiträumen schnell, dass hier ein Plan abläuft.

Was sich übersetzen lässt mit: Diese Regierung will ein AfD-Verbot und alles, was dazugehört. Das geht nicht gut. Das kann nicht gut gehen. Selbst klassischer Macchiavellismus würde dazu raten, wenigstens ein Ventil zu lassen. Denn ein Dampfkochtopf ohne Ventil, unter dem man ordentlich einheizt, kann nur eines: Er explodiert.

Über nonbescher

Das Kürzel steht für einzelne Autoren, deren Erlaubnis Bürgersicht bekam, ihre auf anderen Websites erschienenen Artikel hier zweitverwertend veröffentlichen zu dürfen.

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