Unfreiwillige Spaßvögel aus Politik und Medien belustigen das Volk
Musste man früher Titanic, Eulenspiegel, Pardon oder MAD lesen, um sich satirisch, spöttisch und humorvoll über das Zeitgeschehen zu informieren, reicht es heute völlig aus, sich mit der Nachrichtenlage aus den sonst üblicherweise trocken und sachlich informierenden Mainstream-Medien zu beschäftigen. Deren Nachrichtenvermittlung steht einem Satiremagazin zuweilen in nichts nach.
Was aus dem Großteil dieser Medien auf die Leser, Hörer oder Zuseher losgelassen wird, wie belangloses zweit- bis drittrangiges als zeitgeschichtlich bedeutend gehypt oder kommentiert wird, kann auch bei oberflächlich informierten Menschen zumindest Erheiterung auslösen.
Da werden Erzählungen von sich selbst nicht als politische Trottel wahrnehmenden Dummschwätzern, geifernde Wortmeldungen von Wetterhexen oder die Sprache verhackstückenden Gestalten als substanziell hochwertiges Gedankengut ausgebreitet, obwohl diese nur ihre Dummheit öffentlich vor sich hertragen. Zwerchfell, was wünscht du dir mehr?
Das man dadurch von wichtigerem abgelenkt, eine absichtsvoll inszenierte Kampagne befördert und so hinters Licht geführt werden soll, macht politische und mediale Erzählungen und Bestrebungen nicht minder lachhaft. Besonders lachhaft, wenn sie sich wenig später als vollkommen haltlos erweisen.
Zu viele der in dieser Nachrichten produzierenden Welt leben und arbeitenden Zeitgenossen verkennen ganz offensichtlich ihr Dasein in einer Minderheitenblase, die gegen eine Mehrheit in der wirklichen Welt anschreiben und ansenden möchte.
Diese sich außerhalb dieser Blase befindliche Mehrheit lebt und arbeitet nicht in Erzählungen, sondern in der wirklichen Welt, in diesem „da draußen“, wie es oftmals von Politikern gesehen wird. In diesem „da draußen“ hat man gelernt, dass man dem, was da seit einiger Zeit aus dieser Blase nach draußen dringt, nur noch mit Spott und Humor zu begegnen ist. Also Politik und Medien, solange ihr uns „da draußen“ nicht ernst nehmt und glaubt uns nachrichtentechnisch manipulieren zu können, sehen wir in euch nur das einzig mögliche: Spaßvögel!
Dagmar Henn sah sich einige dieser Erzählungen an. Es ist nicht überliefert, ob sich der eine oder andere aus den Reihen der Urheber darüber im Klaren war, wie lächerlich er oder sie sich damit machen würden.
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Chemnitz, Potsdam, Sylt – eine echte „Virtuelle Realität“ der Hysterie
Von Dagmar Henn
Es scheint längst völlig normal zu sein, dass aus unbedeutenden Ereignissen ein Skandal gebastelt wird, der dann die politische Entwicklung vorgibt, während tatsächliche Skandale untergehen. Das war nicht immer so, aber die letzten Jahre sind davon geprägt.
Aufgeblasen, verzerrt, inszeniert oder gleich ganz erlogen – in den letzten Jahren wurde die politische Debatte in Deutschland immer wieder von Erzählungen bestimmt, die bestenfalls nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Vielleicht ist es an der Zeit, da einmal zurückzublicken, damit man wahrnehmen kann, wie groß der Einfluss dieser Erzählungen ist.
Weil sie so weitreichende Folgen hatte, fangen wir mit der Maidan-Erzählung an. Die „friedlichen Demonstranten“, die nur wegen eines Ultimatums der EU aufliefen, haben es ziemlich schnell geschafft, das Land in eine Imitation Deutschlands von 1933 zu verwandeln. Die Bilder aus der Zeit vor dem Putsch sorgten vor allem aus einem Grund für völlig einseitige Sympathien: weil die Polizeieinheiten, die die Regierungsgebäude schützten, dargestellt wurden, als handele es sich um den Typ Aufstandsbekämpfungspolizei, die man aus dem Westen kennt, ausgestattet nicht nur mit Schild und Knüppel, sondern auch mit Pfefferspray und Schusswaffen und dem Recht, diese Schusswaffe auch zu benutzen. Das war jedoch nicht der Fall – jede Form von Gewaltanwendung durfte nur auf Befehl erfolgen, und Pfefferspray wie Schusswaffen hatten sie gar nicht. Da kann man allerdings noch sagen, es handle sich „nur“ um eine Lüge durch Unterlassung.
Die nächste große Erzählung findet man im Sommer 2015. Fünf Tage vor dem Eintreffen der russischen Luftstreitkräfte in Syrien übrigens, weshalb ursprünglich etwas ganz anderes beabsichtigt gewesen sein kann, als später einfach Deutschland mit geflüchteten Syrern zu fluten. Über das kleine Detail, dass jedoch zuvor die deutschen Hilfszahlungen für die Flüchtlingslager in der Türkei halbiert wurden, sprach man selbstverständlich nicht gern. Und auch darüber natürlich nicht, dass die rührenden Bilder aus dem Münchner Hauptbahnhof, die für das Bild der „Willkommenskultur“ gebraucht wurden, um den Preis des Verzichts auf eine effizientere Versorgung im Ostbahnhof entstanden. Trotzdem, der große Manipulationsapparat steckte da noch in den Anfängen.
Die nächste Runde lief im Winter 2015/2016, diesmal als Abwehr: die Kölner Silvesternacht. Hunderte sexueller Belästigungen, Diebstähle, selbst Vergewaltigungen überwiegend durch junge Nordafrikaner. Inzwischen, über acht Jahre später, nach unzähligen Prozessen, ist es kaum noch abzustreiten, dass da eine Unmenge Übergriffe passierten. Aber in den Tagen, Wochen, Monaten danach war die mediale Front so dicht, dass jeder als Rassist beschuldigt wurde, der es wagte, überhaupt darüber nachzudenken, dass auf dem Vorplatz des Doms in dieser Nacht sehr seltsame Dinge geschehen sind, obwohl es Videos und Zeugenaussagen auch von Migranten gab, die mitnichten in den Chor einstimmten. Alle, die die Ereignisse für real hielten und von ihnen entsetzt waren, seien Rassisten und Ausländerfeinde, hieß es.
ann folgten die „Chemnitzer Hetzjagden“. Diesmal eine vollkommene Erfindung, in die Welt gesetzt von der Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich. Wochenlang wurde daraus eine Erschütterung über die rechtsradikalen Abgründe des deutschen Ostens gekocht. Dabei war jener Mord, der diese Chemnitzer Demonstrationen auslöste, nichts, was in ein sauberes Schema passt. Die Täter waren zwar Araber, aber das Opfer war Deutschkubaner. Wahrscheinlich war die Kölner Reaktion tatsächlich noch defensiv, aber dann hatte man entdeckt, wie nützlich derartige Erzählungen sind, um die eigene Klientel zu stabilisieren, indem man ihr immer wieder erklären kann, wie gut sie doch sei.
Nun, wie oben schon erwähnt, die Erzählungen zur Ukraine sind nicht wirklich wahrhaftiger und nehmen ebenfalls viel Raum ein, auch zwischen „Chemnitz“ und „Potsdam“, aber das sind Kollektivtaten, das wird auf NATO-Ebene gestrickt. Auch die ganze Corona-Nummer kam eher von außen. Hier geht es um jene Geschichten, deren Autoren höchstwahrscheinlich Deutsche sind.
Anfang dieses Jahres kam dann „Potsdam“. Inzwischen wurde sogar bekannt, dass Verfassungsschutzpräsident Haldenwang sehr wohl nicht nur vorab von dieser Veranstaltung wusste, sondern sogar selbst mehrere Pressevertreter darüber informiert hatte – vor dem Treffen, versteht sich. Dass die Darstellung, die Correctiv lieferte, vieles verzerrte und nie die Rede von Deportation war, steht inzwischen auch fest. Im Grunde fehlt nur noch eine einzige Information, damit sich das Ganze als Staatsverschwörung zu Propagandazwecken enttarnen lässt: der Name jenes Mitarbeiters im Bundesamt für Verfassungsschutz, der die ganze Potsdamer Veranstaltung angeregt hatte.
An das Resultat dürfte man sich noch gut erinnern. Dutzende Regierungsaufmärsche „gegen rechts“ und ein ganzes, den Rechtsstaat zerstörendes, neues Gesetzespaket. Das schmeckt ein wenig nach Reichstagsbrand und Ermächtigungsgesetz, aber es ist ja gegen „rechts“, also ist alles gut.
Dazwischen gab es dann eine kleine Pauseneinlage mit Spionage-Nummern, und jetzt wird aus einem kurzen Video betrunkener Jugendlicher im Grunde die nächste Potsdam-Nummer hochgefahren, weil es ja schließlich so entsetzlich ist, was da gesungen wurde (wobei man Schwierigkeiten haben dürfte, noch Böses daran zu finden, wenn man den Ort des Gesangs nach Ramstein verlegt).
Der Unterschied zwischen den Ereignissen auf der Liste und dem früher üblichen Umgang mit sensationellen Erzählungen besteht nicht nur darin, dass die Ereignisse, die früher eine derartige Medienpräsenz erreichten, heute nur noch müde Schlagzeilen produzieren. Der Cum-Ex-Skandal zusammen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihrem Umgang mit Pfizer müssten mindestens dreimal so groß rauskommen wie das Märchen von Potsdam. Beides wird aber, wenn man die Medien betrachtet, nicht ansatzweise in der gleichen Liga gehandelt. Demonstrationen gegen Regierungskorruption gab es schon gar nicht. Dabei geht es hier um reale Taten mit ganz materiellen Folgen in Milliardenhöhe.
Nein, der entscheidende Unterschied besteht darin, dass die falsche Erzählung nie mehr verschwindet, nicht einmal, wenn sie nach Strich und Faden zerlegt ist. Wie oben erwähnt ist von der Potsdam-Nummer nicht mehr viel Substanz übrig. Dennoch führen immer wieder Politiker der transatlantischen Einheitspartei die angeblich geplanten „Deportationen“ an. Selbst die „Chemnitzer Hetzjagd“ wird noch immer als Referenz verwendet. Es ist nicht so, dass es niemanden mehr gäbe, der diese Geschichten widerlegt. Nur ist die Mauer zwischen den zwei Teilen der deutschen Medienlandschaft längst so hoch, dass es diese Informationen kaum in den Mainstream schaffen – und wenn doch, dann bei Weitem nicht in der Größe, die der ursprünglichen Geschichte zugemessen wurde.
Das größte Narrativ in meiner Jugend, das ungefähr den gesellschaftlichen (und juristischen) Auswirkungen der Linie Köln-Chemnitz-Potsdam-Sylt nahekommt, waren die Geschichten rund um die Rote Armee Fraktion, die RAF. Da gab es allerdings immer wieder, auch im Zusammenhang mit den Stammheim-Prozessen, Berichte über mögliche V-Leute, und Zweifel an den Selbstmorden 1977 in der JVA Stammheim hegte nicht nur eine winzige radikale Minderheit. Das Thema wurde unter sämtlichen denkbaren Blickwinkeln durchgekaut und versickerte dann letztlich eher wegen der Erschöpfung aller Beteiligten. Dabei ist es natürlich noch lange nicht abgeschlossen, denn alles, was unter der Überschrift „dritte Generation“ stand, ist eigentlich nur noch seltsam. Und für eine endgültige Bewertung bräuchte man eben die Akten der westdeutschen Geheimdienste, die bekanntlich nicht freigegeben werden.
Manchmal sind große Anläufe auch schnell geplatzt. Nach dem Oktoberfest-Anschlag 1980 erklärte der damalige CSU-Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß, das seien Linksradikale gewesen. Aber noch bevor sich diese Lesart, die ihm natürlich sehr nützlich gewesen wäre, den Ausmaßen der Hysterie während der Schleyer-Entführung auch nur annähern konnte, stellte sich heraus, dass sich einer der Bombenleger selbst mit in die Luft gesprengt hatte und dass der auch noch zur Wehrsportgruppe Hoffmann gehörte.
Das, was nach der völlig konstruierten Potsdam-Geschichte losgetreten wurde, lässt sich im Grunde nur mit dem Herbst 1977 vergleichen. Interessanterweise passt das auch in Bezug auf die Gesetze, die damit vorangetrieben wurden. Aber der „Deutsche Herbst“ war nach drei Monaten wieder vorüber, dann begann die Phase der Proteste gegen diese Gesetzesverschärfungen, in der man wieder sagen konnte, dass ein SS-Untersturmführer Hanns Martin Schleyer, der einst unter dem SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich die tschechische Industrie „eingedeutscht“ hatte und in der Tschechoslowakei als Kriegsverbrecher verurteilt war, nur begrenzt Sympathieträger ist.
Längerfristiger wurde das alles erst mit dem Dauerthema „DDR“, deren nachträgliche Verteufelung zu zentral war, um ein Ermatten oder ein Widerlegen zuzulassen, nicht einmal aus der bereits historischen Distanz von mehr als 30 Jahren. Im Gegenteil: Parolen, die viele in den 70ern noch für überflüssige, verstaubte Relikte der Adenauer-Jahre hielten, wurden so lange zugebuttert, bis sich Heiligenschein und Pferdefuß endlich wie gewünscht verteilten. Seitdem ist nicht nur eine realistische Betrachtung der deutschen Nachkriegsgeschichte unmöglich, sondern auch die Toleranzgrenze für nachweisliche Fiktionen wurde gewaltig ausgeweitet.
Die heutigen Kampagnen laufen nicht aus, sie gehen einfach in die nächste über. Das Ergebnis ist ein permanenter Zustand der Hysterie, der vernunftfreien Aufgeregtheit, die wie ein Steppenbrand auf den nächsten brennbaren Haufen überspringt, der ihr angeboten wird. Damals half es noch abzuwarten, bis die Aufregung sich etwas gelegt hatte, um dann wieder vernünftig debattieren zu können.
Mittlerweile aber reden wir über ein System, das sich vollständig selbstreferenziell verstärkt, unabhängig nicht nur von der Wahrheit der aufgestellten Behauptungen, sondern sogar von der Frage, ob Teile der Erzählung oder sogar die ganze Story längst widerlegt sind. Es ist nicht nur ein plötzlicher, kurzfristiger Wahn – es ist eine völlig abgekoppelte Virtuelle Realität. Auf das Widerlegen einzelner Fakten reagiert dieses System wie eine Gummiwand. An einer Stelle wird kurz nachgegeben, und danach ist alles wieder wie zuvor. Nur die Wirklichkeit außerhalb dieser Virtuellen Realität wird unterdessen immer hässlicher.
Der Text von Dagmar Henn, der wir für das Recht zur Zweitveröffentlichung danken, erschien zuerst beim Feindsender RT.