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Antisemitismus ohne begleitende Straftat ist nicht strafbar.

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Warum wird trotzdem der Eindruck erweckt es wäre anders?

Aktuell werden wir von Meldungen über „antisemitisch motivierte Straftaten“, „antisemitische Straftaten“ oder „Antisemitismus: Judenfeindlichkeit in Deutschland“ überschwemmt.

Seit den brutalen Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel, und der darauffolgenden, von der UN als teilweise völkerrechtswidrig eingestuften Abriegelung und militärischen Gegenschlägen Israels auf den Gaza-Streifen, setzen nicht wenige dieser Meldungen die daraufhin weltweit aufbrandende „Kritik am Vorgehen des Staates Israel“ mit „Judenfeindlichkeit“ gleich.

Medial und politisch einhellig gewertet wurden Aktionen der Israelischen Staatsführung als „das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich und seine Bürgerinnen und Bürger gegen diesen barbarischen Angriff zu verteidigen“ so Bundeskanzler Scholz. Mit Blick auf pro-palästinensische Demonstrationen in Deutschland forderte er „klare Kante“ gegen „Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit“. Denn, „wer Juden angreift, greift uns alle an„. Wobei Außenministerin Baerbock sich wohl an den griffigen Slogan „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo erinnerte, und sich populistisch zu „Heute sind wir alle Israelis“ verstieg.

Mit diesen dummen, bereits aus der Ukraine-Berichterstattung bekannten Vereinfachungen, versuchte man die Leitplanken im öffentlichen Diskursraum zu setzen, und humanitäre Überlegungen gegenüber den im Gaza-Streifen lebenden ca. 2,2 Millionen Palästinensern auszublenden.

Genauso, wie man es von Seiten der deutschen Regierung in den ersten Tagen nach dem Terrorangriff der Hamas eben praktizierte. Man blendete alles aus, argumentierte vehement gegen alles und diskreditierte jeden -u. a. auch gemäßigte, liberale Israelische Politiker und Staatsrechtler die von „Freiluftgefängnis Gaza-Streifen“, „Apartheitsregime Israel“ oder von „Kriegsverbrechen gegen Palästinenser“ sprachen- wenn es darum ging, die deutsche Solidarität mit Israel ins Schaufenster zu stellen. Kritik am Vorgehen des Staates Israel sei schon per se antisemitisch.

(Wobei z.B. die Menschen verachtende Einlassung des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant mit Bezug auf die Abriegelung des Gaza-Streifens von Deutschen Medien u. Politikern geflissentlich übersehen wurde: „Kein Strom, kein Essen, kein Sprit, alles ist abgeriegelt. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln dementsprechend„. Eine Rhetorik, die uns Deutsche an dunkelste Zeiten erinnert.

Wobei ein US-Präsidentschaftskandidat (Vivek Ramaswamy) noch weiter zurückfällt und sich vorzivilisatorische Vorgehensweisen im Kampf gegen die Hamas wünscht. Er wünsche sich, Israel möge 100 Hamas-Führer ergreifen, ihnen die Köpfe abschneiden, und diese zur Abschreckung auf Spieße gesteckt an der Grenze zum Gaza-Streifen aufstellen.)

Doch diese Tabuisierung unerwünschter Sichtweisen auf einen Konflikt, mit dem die Hamas mittels eines bestialischen Paukenschlags den bereits jahrelang schwelenden Israel-Palästina-Konflikt in den Focus des Weltgeschehens gerückt hatte, verfing nicht.  

Denn auch Israel muss sich wie jedes andere Land an das internationale Recht halten und darf, ja muss kritisiert werden können, wenn es dies nicht tut. Deutsche Staatsräson hin oder her!

Warum also sollten Meinungen oder Kundgebungen die sich mit Palästinensern solidarisieren als Antisemitismus gesehen werden? Sympathien oder Antipathien sind grundsätzlich nicht strafbar. Jeder kann „mögen“ wen er will. Selbst wenn ein „nichtmögen“ auf dummen, oberflächlichen Vorurteilen beruhen mag, solange man seine Antipathie nicht mit strafbewehrten Äußerungen oder Handlungen verknüpft, bleibt sie straffrei.  

Im Sinne des Strafgesetzbuchs (StGB) sind Zuneigung- oder Ablehnung- für sich allein genommen- weder eine „Gewalttat“, noch erfüllen sie denn Straftatbestand „Volksverhetzung“.  Sie stellen keine Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten dar (§126 StGB), billigen keine Straftaten (140 StGB), sind nicht beleidigend (185 StGB) oder bedrohen jemand (241 StGB).

Wer, warum auch immer meint, er mag keine Bayern, Sachsen oder eben Juden, dürfte z. B. schwerlich wegen Volksverhetzung verurteilt werden. Ohne begleitende Straftat, diese würde z.B. vorliegen, wenn man einem Bayern den Sepplhut oder einem Juden die Kippa vom Kopf schlagen wollte, wäre es nur eine Meinungsäußerung. Und die ist nicht strafbar.

(Und mal so nebenbei: Trotz einer demonstrativ von Politikern zur Schau gestellten vermeintlichen Solidaritätsbekundung empfehlen jüdische Gelehrte uns Deutschen: Wer nicht jüdisch ist und die jüdische Religion achten will, trägt keine Kippa. Seit der späten Antike steht dieses Kleidungsstück für den Ausdruck des eigenen jüdischen Glaubens)

Warum in der „veröffentlichten“ Meinung also diese Verwässerung des Begriffs „Antisemitismus“? Warum sofort die Verknüpfung von „Antisemitismus“ mit „Straftat“, und warum wird die Steigerung „israelbezogener Antisemitismus“ augenblicklich als „Hass gegen Juden“ bezeichnet?

Möchte man mit dem Versuch Meinungen, Stimmungen oder Gefühle zu kriminalisieren eine allgemein zulässige Kritik am Staat Israel unbedingt vermeiden? Und warum müssen wir Deutsche nach den Worten unseres Verteidigungsministers jetzt plötzlich „kriegstüchtig“ werden?

Was geht da gerade gewaltig schief!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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