Es hat etwas gedauert, doch der Protest gegen das neue “PAG“ nimmt Fahrt auf. Zum Beispiel mit Demos in Ingolstadt und München
Es „droht Gefahr“. Naja, so genau wissen das viele jetzt noch nicht. Doch die Möglichkeit, dass die Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zukunft konkret werden könnte, läge zumindest ziemlich nahe. Und weil es so naheliegend wäre, das da demnächst was passieren könnte, greifen wir es auf. Das PAG, das zur Novellierung anstehende Polizeiaufgabengesetz.
Noch gibt es das wirklich, das Grundrecht auf Privatsphäre. Auch in Bayern. Es gilt solange, solange kein Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren einleitet und keine unaufschiebbaren Ermittlungshandlungen für andere Strafverfolgungsbehörden (Polizei) vorliegen. Ohne vorherige richterliche Anordnung in private Computer oder Clouds einzudringen, die Post mitzulesen oder Telefone einfach abzuhören, diese eines Überwachungsstaats würdigen Möglichkeit gibt es für die deutsche Polizei nicht. Im Regelfall.
Wird aus dem „Freistaat“ nun ein „Polizeistaat“?
Das bayerische Polizeiaufgabengesetz: Ein Gesetz das alle betrifft und ganz besonders die, die glauben, sie hätten eh nichts zu verbergen. pic.twitter.com/1hrUN7UUaM
— quer vom BR (@BR_quer) 9. April 2018
Der SPD-Rechtsexperte, Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete Franz Schindler erklärte, Polizeibeamte erhielten damit bereits vor der Begehung einer Straftat Rechte, die nicht einmal Richtern oder Staatsanwälten zustünden. Für Juristen eine „nicht mehr akzeptable Herabsetzung der polizeilichen Eingriffsschwelle„. (Markus Löffelmann, Richter am Landgericht München)
Zusätzlich entfällt die zeitliche Begrenzung der 14-tägigen Präventivhaft für sogenannte Gefährder. Der „Unterbindungsgewahrsam“ könnte auf Antrag der Polizei für die im Gesetz nur sehr vage definierte Gefahrenvermutung „Gefährder“ beliebig lange, (in wiederkehrenden 3-Monatszyklen) angeordnet werden.(Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen vom 24. Juli 2017)
Biedermann und „ich habe nichts zu verbergen“.
Sollte nun das verschärfte PAG verabschiedet werden, könnten sich demnächst die Biedermänner unter den bayerischen Bürgern eines besseren belehrt sehen. Sie, die sich bisher in ihrer Einfallt noch rühmten, sie hätten ja „nichts zu verbergen“, könnten das -wie der Zufall so spielt- in einer mindestens 3-monatigen polizeilich angeordneten Klausur möglicherweise überdenken.
Denn auch Biedermänner haben Smartphones. Gerät Biedermann damit zur falschen Zeit und am falschen Ort in das Raster einer Funkzellenabfrage, hinterlässt bei der nachfolgenden Handyüberwachung wegen ausdrucksschwacher Artikulation beim nun mithörenden Überwacher falsche, weil kryptisch anmutende Eindrücke, könnte Schluss sein mit dem uneingeschränkten Vertrauen in den Freistaat.
Denn bei der sich daran anschließenden Hausdurchsuchung (sie sind gerade zu zweit in ihrer Wohnung) könnten von der Polizei „Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben mußte„.(PAG, Art. 17)
Und was lässt sich im Bedarfsfall nicht alles unter diesem Text subsumieren. Und damit ist Biedermann der Gewahrsam sicher.
Das ist die Sicherheit, wenn man nichts zu verbergen hat.
Wer statt dieser Sicherheit lieber seine Freiheitsrechte gewahrt sehen will kann dafür etwas tun. Am besten Präsenz zeigen!
Dazu haben sich eine Vielzahl an politischen Parteien und Gruppen zum Bündnis gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz zusammengeschlossen: „NOPAG“
Darunter Bündnis 90/Die Grünen Bayern und Grüne Jugend München, FDP Bayern, Die Linke Bayern, ÖDP, Die Partei, SPD Bayern, MUT, Piratenpartei Bayern, auch attac, Bayerischer Journalisten Verband, digitalcourage, Humanistische Union Landesverband Bayern, IG Metall, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V., und die Gewerkschaft ver.di München.
Infos zu Demos in Ingolstadt (12. Mai) und München (laufend) hier über diesen Facebook-Link. (Keine Facebook-Anmeldung erforderlich)