Presse und Kanzler überbieten sich mit Falschbehauptungen zu Putin-Interview
„Russlands Präsident Putin hatte in einem Interview mit Tucker Carlson indirekt mit einem Einmarsch in Polen gedroht“ schreibt die „Zeit“. Wahrheitswidrig. Diese Behauptung, Putin hätte im Interview mit Tucker Carlson mit einem Einmarsch in Polen gedroht, ist eine glatte Lüge. (Dazu weiter unten gleich mehr)
Diese Lüge findet sich in einem Artikel zum Aufenthalt von Olaf Scholz an einem „irren News-Tag“ in Washington.
Eine dieser „irren News“ war eben das Interview von Tucker Carlson mit Präsident Putin, eine andere der „push alert“, in der eine kurzfristige Pressekonferenz mit Präsident Joe Biden angekündigt wurde. Biden wollte sich zum Abschlussbericht in der Biden- Dokumenten-Affäre äußern, in dem ihn der Sonderermittler Robert als „wohlmeinender älterer Mann mit schlechtem Gedächtnis“ bezeichnet hatte.
Präsident Bidens Reaktion auf dieser kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, in der Biden auch auf Fragen zu seinem Gedächtnis einging, bezeichneten deutschsprachige Medien (wie es scheint irgendwie verabredungsgemäß) als „er wütete“, (ntv), hatte einen „Wutanfall“ (kroneTV), reagierte „verärgert“ (AFP). Blöd nur, dass man auf keinem der dazu gezeigten Videos auch nur ansatzweise eine dieser Reaktionen erkennen konnte. Biden sprach, wie immer in den letzten Monaten zu beobachten, in seinem monotonen Singsang, mit reglosem Gesichtsausdruck und ohne emotionale Gesten.
Keine Frage, Journalisten machen auch Fehler. Zumindest hört man diese Entschuldigung immer dann, sobald ihnen Falschmeldungen nachgewiesen werden können. Doch das Journalisten jetzt auch schon beim Zuschauen Fehler machen? Meine Vermutung: Sie haben gar nicht hingesehen, sondern schreiben einfach etwas ab, was ihnen andere vorgeschrieben haben. (Z.B. Presseagenturen)
Doch um den Rest der „Biden-Gedächtnis-Pressekonferenz“ noch schnell abzuhandeln, hier der abschließende Verlauf.
Ganz so, als wolle Biden seine eigene Erklärung „My memory is fine“ Lügen strafen, taperte er nach Abschluss dieser Pressekonferenz, er war bereits auf dem Weg zum Ausgang, zurück ans Rednerpult, blätterte suchend in Unterlagen und wollte sich noch zum Gazastreifen äußern. Dabei verwechselte er erneut -wie in den letzten Tagen häufiger zu beobachten- Länder und Staatschefs. „Wie sie wissen ….. wollte der mexikanische Präsident al-Sisi die Tore dort nicht öffnen …..“ Naja, Mexiko ist etwas weit weg vom Gazastreifen. Aber Ägypten, dort ist Al-Sisi Präsident, hätte etwas für den benachbarten Gazastreifen machen können.
Soweit Bidens Presskonferenz vom 8. Februar 2024. Einen Tag später kam Kanzler Scholz zu einem Arbeitsbesuch. Wie immer gab es für die Presse kurze, öffentliche „Bemerkungen von Präsident Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem bilateralen Treffen“.
„Olaf, wir haben viel zu besprechen“, führte Biden aus und dankte Scholz für sein Kommen. Dieser wiederum betonte Biden gegenüber die beiderseitige „Rolle, um den Frieden in der Welt zu wahren.“ Besonders „angesichts der immer noch andauernden russischen Aggression gegen die Ukraine“.
Um daran einen Satz anzuschließen, der sowohl den Journalisten Tucker Carlson als auch den russischen Präsidenten Vladimir Putin freuen durfte. Scholz gab zu verstehen, dass er einer von bisher gut 203 Millionen Nutzern war, die sich das Carlson Interview mit Putin angesehen hatten. (190 Millionen Aufrufe auf „X“, 13,25 Mio. auf YouTube. Abgerufen am Sonntag, 11. Feb, 2024)
„Als wir kürzlich dieses lächerliche Interview sahen, das Putin gab, wurde uns klar, dass er immer eine Menge Lügen über die Geschichte dieses Krieges erzählt“. (HIER das Video dazu)
Doch dieser Sichtweise, dass Putin im Video „a lot of Lies about the History of this War“ erzählte, muss ich vehement widersprechen.
Schade Kanzler. Entweder hatte er das Interview -immerhin gut zwei Stunden lang- nicht selbst gesehen, und ihm wurde von seinem Stab nur eine schriftliche Zusammenfassung des Interviews angefertigt, oder, auch diese Möglichkeit kann man nicht ausschließen, er wollte als braver Verbündeter der US-Presse und ihren oft hanebüchenen Aussagen zu Putin nicht in den Rücken fallen.
Ich jedenfalls habe in diesem Interview keine einzige „Lüge“, oder gar „a lot of Lies“ von Putin zur Geschichte dieser Auseinandersetzung gehört. Alles was ich im Video hörte -und in einer guten Übersetzung im Transskript nachlesen konnte- war nachprüfbar faktenbasiert. (HIER Putins Aussagen im Faktencheck)
Wobei Scholz in seiner kurzen Bemerkung zu Putin auch etwas sagte, das man weder von ihm, noch von den zahlreichen Scharfmachern in Deutschland so noch nie zu hören bekam.
Putin „möchte einen Teil des Territoriums seiner Nachbarn bekommen“ so Scholz. Man beachte: „Einen Teil“!
Versuchte man bisher bei uns in Deutschland und Europa damit Angst und Schrecken vor den Russen zu verbreiten, wenn die Ukraine den Krieg mit Russland nicht gewinnen könne, würde Putin die komplette Ukraine schlucken, sich die Baltischen Staaten einverleiben und auf dem Weg nach Deutschland auch in Polen einmarschieren, so klingt Scholz im Ausland plötzlich wesentlich kleinteiliger und differenzierter. Diese Aussage, sie konterkariert die bekannten Kriegstreibereinlassungen von Kiesewetter, Strack-Zimmermann bis Hofreiter, wird sicherlich in deutschen Medien nur vereinzelt auftauchen. Umso mehr sollte man sie sich merken!
Und hier schließt sich der Kreis zum eingangs zitierten Artikel der „Zeit“, und der darin erhobenen Behauptung, Putin habe im Carlson-Interview „indirekt mit einem Einmarsch in Polen gedroht“.
Sehen wir uns dazu die Stelle im deutschen Transkript zum Interview an. Die betreffende Stelle ist -zugegeben- etwas länger.
Tucker: Glauben Sie, dass die NATO besorgt ist, dass dies zu einem globalen Krieg oder einem nuklearen Konflikt führen könnte?
Wladimir Putin: Zumindest ist es das, worüber sie reden. Und sie versuchen, ihre eigene Bevölkerung mit einer imaginären russischen Bedrohung einzuschüchtern ………
Tucker: Die Bedrohung, auf die Sie sich beziehen, ist eine russische Invasion in Polen. Lettland. Expansionistisches Verhalten. Können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Sie russische Truppen nach Polen schicken?
Wladimir Putin: Nur in einem Fall, wenn Polen Russland angreift. Und warum? Weil wir kein Interesse an Polen, Lettland oder sonst wo haben. Warum sollten wir das tun? Wir haben einfach kein Interesse.
Tucker: Nun, das Argument, ich weiß, dass Sie das Wissen, ist, dass er in die Ukraine einmarschiert ist. Er hat territoriale Ziele auf dem ganzen Kontinent. Und Sie sagen unmissverständlich, dass Sie das nicht haben.
Wladimir Putin: Das kommt überhaupt nicht in Frage. Man muss einfach kein Analytiker sein. Es widerspricht dem gesunden Menschenverstand, in einen globalen Krieg verwickelt zu werden, und ein globaler Krieg wird die gesamte Menschheit an den Rand der Zerstörung bringen. Das liegt auf der Hand. Es gibt durchaus Mittel der Abschreckung. Sie haben uns die ganze Zeit über Angst eingejagt. Morgen wird Russland taktische Atomwaffen einsetzen. Morgen wird Russland das einsetzen. Nein, übermorgen. So what. Um in der Konfrontation mit Russland auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz zusätzliches Geld von den amerikanischen und europäischen Steuerzahlern zu erpressen. Aber das Ziel ist es, Russland so weit wie möglich zu schwächen.
Soweit das, was Putin im Interview auch zum Einmarsch in Polen sagte. Da ist nichts, auch nichts indirektes, von einem Einmrasch in Polen zu hören.
Fazit: In der heutigen Zeit müsste man schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, würde man sich ungeprüft auf Einlassungen des Kanzlers oder meist interpretierenden Berichten in unserer Presse einlassen. Wie dieses Beispiel zeigt, kann man ihnen vielfach nur Propaganda, aber keine ungefärbten Information entnehmen. Wer wirklich Informiert sein möchte darf sich nichts vorkauen lassen und muss -selbst wenn es wie beim Carlson-Interview zwei Stunden dauern sollte- sich der Mühe unterziehen, sich Informationen zusammen zu suchen. Wenn nicht, darf man sich als nachplappernder Dünnbrettbohrer fühlen der eines Morgens aufwacht und sich fragt: Wie konnte ich es nur zulassen, dass man mich so verarschen konnte.