„Menschenfresser haben derzeit ein besseres Image als Berufspolitiker“

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PAF-SPD-Kreisvorsitzender zum Direktkandidaten gewähltBürgersicht Interview

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Der „große“ Bundestagskandidat drückt den „kleinen“ Landtagskandidat. Für die beiden Pfaffenhofener scheint es gut zu laufen. Wurde der große, Florian Simbeck, als Bundestagskandidat bereits vor Wochen nominiert, musste der kleinere, Markus Käser, noch bis vergangene Woche warten, bis auch er, diesmal für den Bayerischen Landtag, von der heimischen SPD nominiert wurde.

Irgendwie war er Zeit seines bisherigen Lebens schon immer für andere da. Auch außerhalb der offiziellen Politik. Ob früher als Klassensprecher, später als Jugendpfleger oder Initiator und Unterstützer unterschiedlichster Jugendkulturprojekte: Immer schob er für andere an, engagierte sich auf dem jeweiligen Platz, „eine gute und friedliche Gesellschaft zu organisieren und wenn man so will, damit das Glück der Mitbürger zu erhöhen“. (Markus Käser in seiner Bewerbungsrede bei der Aufstellungsversammlung)

Fast zwangsläufig führte das zuerst in die SPD und im weiteren Verlauf, nach der Wahlkampfunterstützung für den amtierenden Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker, in den Stadtrat als Wirtschaftsreferent und in der Landkreis-SPD zum Kreisvorsitzenden.

Und jetzt stehe ich heute hier vor ihnen, und bewerbe mich für die Landtagskandidatur“, warb Käser -am Ende bei 38 erfolgreich- vor den 39 stimmberechtigten SPD- Delegierten im Pfaffenhofener Bürgerzentrum Hofberg.

Seit der Aufstellungskonferenz am 27.Januar sind bereits einige Tage vergangen, doch für den Schritt vom Kandidat bis zum Einzug ins Maximilianeum als Abgeordneter fehlt noch das Votum des Pfaffenhofener Souverän am 15. September 2013.

Menschenfresser haben derzeit ein besseres Image als Berufspolitiker

Im „Bürgersicht-Interview“ wollen wir mit dem „Noch“ Kandidat klären, wie er sich die kommenden Monate bis zur Wahl vorstellt und womit er diesmal das Wohlbefinden der Mitbürger durch seine Arbeit im Bayerischen Landtag steigern möchte.

Bürgersicht: Herr Käser, wo wären sie heute, wären sie beizeiten der CSU und nicht der SPD beigetreten?

Käser:

  1. In der Kreisstadt Pfaffenhofen auf der Oppositionsbank
  2. Wahrscheinlich die meiste Zeit im Keller um mich wegen der unzähligen Kehrtwenden und Irrwege dieser Partei zu schämen
  3. weltanschaulich im Maggie Kochstudio der 50iger. (lacht)

Habe aber ehrlich gesagt nie drüber nachgedacht. Für mich kam nur die SPD in Frage.
Und, dass man nicht unbedingt deshalb zu SPD geht, weil man vor hat durch Netzwerke oder Seilschaften aufzusteigen oder gar durch Politik reich zu werden, kann man mir und uns allen denke ich wirklich abnehmen.

Bürgersicht: Wahlkampf führten sie in der Vergangenheit bisher für andere. Sehr erfolgreich für ihren Freund, den Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker, etwas weniger erfolgreich für den SPD Kandidaten bei der Landratswahl, Franz Rotmeier. Wer wird sie bei ihrem Wahlkampf unterstützen?

Käser:
Das habe ich mich auch schon mal gefragt… Aber mittlerweile mache ich mir keine Sorgen mehr. Unterstützer und Freunde haben sich bereits gefunden. Darunter auch viele Kreative mit Lust auf Veränderung. Ein tolles Team, zu welchem gerne noch weitere dazu stoßen können.

Ich werde ab März ein regelmäßiges Kampa-Treffen durchführen zu welchem jeder Unterstützer herzlich willkommen ist. Passend zum bunten Wahlziel haben wir letztes Wochenende gemeinsam mit Unterstützern in der Villa Kunterbunt im bayerischen Wald mit unseren Planungen begonnen.

Es soll Bleibendes geschaffen werden

Wir bauen unsere Wahlkampfaktionen auf  Wissen, Witz und Werte. Das Rezept für eine Kommunalwahl wie in Pfaffenhofen ist zwar nicht 1:1 übertragbar – aber eine „Zutat“ wird auch in den kommenden Monaten eine Rolle spielen: Wahlkampf muss auch Spaß machen. Uns und der Bevölkerung.

Und es soll Bleibendes geschaffen werden. Beispielsweise wurde im Wahlkampf 2008 der Energie- und Solarverein Pfaffenhofen geboren. Heute ist das einer der aktivsten Vereine im Landkreis. Wir wissen natürlich, dass wir nicht von der Poleposition aus starten – aber es heißt auch frei nach dem Sprichwort: „Der erste Vogel fängt den Wurm“, aber… „die zweite Maus bekommt den Käse(r)“.

Bürgersicht: Wie sie gerne erzählen, sagte ihre Mutter zu ihnen: „Politik ist ein schmutziges Geschäft“. Was reizt sie daran, nach den überschaubaren Verunreinigungen im kleinen Kommunalgeschäft eines Rathauses, sich im Parlament nun richtig schmutzig zu machen?

Käser:
….Meine Mutter hat zwar fast immer recht. (lacht)

Ich halte aber trotzdem dagegen: „Es kommt halt drauf an!“ Ich weiß, sogar Menschenfresser haben derzeit ein besseres Image als Berufspolitiker. Aber für mich ist das eine Herausforderung.

Ich weiß auch, ich muss die Leute durch mein Handeln überzeugen. Vertrauen kann man nicht plakatieren oder herbeireden, Vertrauen muss man sich verdienen. Für mich hat Politik eine ganz einfache Bedeutung – nämlich mitzuhelfen, eine gute und friedliche Gesellschaft zu organisieren und wenn man so will, das Glück seiner Mitbürger zu erhöhen. Und das jeder an seinem Platz, in seiner Rolle, ob ehrenamtlich im Ortsverein in der Kommune, in der Staatskanzlei und genauso auch im Kanzleramt.

Zu tun gibt es da wirklich genug!

 Das Glück teilen und Zufriedenheit organisieren

Energieunabhängigkeit, Familienförderung, ÖPNV, Azubis  für Handwerk und Mittelstand, Bürgerbeteiligung und Demokratieupgrade… u.v.m. zum Wahlkampfauftakt.

Und da wären dann auch noch auch die großen gesellschaftlichen Fragen, die wir trotz unserer privilegierten Lage in der Region auch nicht außer Acht lassen dürfen:

In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Solidarität vs. Eigenverantwortung Was sind Gemeinschaftsaufgaben und was nicht? Privatisierungen vs. Allgemeingut. Ist ständiges Wachstum der richtige Weg? Globalisierung vs. Regionale Wertschöpfung Was tun wir gegen Verschwendung? Konsumüberfluss vs. Effizienz.

Andererseits geht es nicht nur um materielle Dinge. Es geht um Kultur, um politisches Selbstverständnis um Toleranz um Weltoffenheit. Es geht ganz einfach darum darum, wie es in der bay. Verfassung Artikel 3 steht. „Der Staat ist fürs Gemeinwohl da“! Es geht darum dass alle mitkommen können, dass alle die gleichen Vorrausetzungen bekommen, dass keiner verloren geht und dass immer der Mensch im Mittelpunkt unserer Handlungen steht.

Vielleicht sind uns ja die Buthanesen schon einen Schritt voraus: Sie haben einfach das Bruttoinlandsprodukt durch ein Bruttoinlandsglück ersetzt. (lacht)

In jedem Fall gilt: „Von nix kommt nix!“.
Das Glück zu teilen und Zufriedenheit zu organisieren, dabei Neues zu schaffen und Vielfalt zulassen – dafür will ich mich mit aller Kraft einsetzen.

Bürgersicht: Mächtige Baustellen, die sie hier ansprechen. Wie wollen sie Veränderungen herbeiführen, wenn sie nach der Wahl mit der SPD erneut die Oppositionsbänke drücken, weil Aiwanger und seine „Opfesoft-Truppe“ von den Freien Wählern mit der CSU die Regierung bilden werden.

Käser:
„Opfälligkeiten“ dieser Art finde ich nicht angebracht.. (lacht) Das ist eher Strategie der Retro-Truppe um den bayerischen Horst Case Seehofer.

Aiwanger und die Freien Wähler sind schlaue Leute.
Die FW wissen ganz genau, dass Politik auf Augenhöhe in einem bunten Bündnis für sie nicht nur ein Ministerium mehr bringt, sondern auch die Mischung aus grün, sozial und frei die unterschiedlichen Lebensentwürfe unserer Bevölkerung wesentlich besser abbildet als die „Bayern-SED“ und ein Anhängsel.

Außerdem dürfte das Schicksal der FDP in Bayern ein abschreckendes Beispiel sein. Deshalb heißt es hoffentlich bald: Am Himmel weiß und blau – auf Erden bunt!

SPD-Sommerevent in Geisenfeld

Bürgersicht: Eine Woche nach der Landtagswahl findet die Bundestagswahl statt. Es würde sich doch im Landkreis anbieten, sie und der Bundestagskandidat Florian Simbeck würden die eine oder andere Veranstaltung gemeinsam bestreiten?

Käser:
Machen wir auch so.
Wir bestreiten den gesamten Wahlkampf mit unseren Freunden aus Freising auf einem Gebiet und organisieren Veranstaltungen miteinander wo es Sinn macht.
Darunter auch ein Sommerevent in Geisenfeld am Weiher… Mehr kann ich heute leider noch nicht verraten….

Ein SPD- Abgeordneter ist zuerst seiner Region verpflichtet

Bürgersicht: Sie sagten bei Ihnen kommt die Region zuerst. Erwarten Sie Ärger aus der Parteizentrale?

Käser:
Das wäre mir egal. Aber ich glaube nicht, dass mir deshalb jemand einen Maulkorb verpassen würde.

Ein Abgeordneter ist nicht in erster Linie Partei sondern in erster Linie seiner Region und seinem Gewissen verpflichtet. Das ist beim Machtsystem CSU leider mittlerweile kaum mehr vorhanden. Die CSU ist vom bayerischen Löwen zum Chamäleon mutiert (was übrigens übersetzt Erdlöwe heißt) und genau so unterirdisch ist, was uns alles so zugemutet wird. Immer wieder siegen aus Machtgier Parteitaktik über regionale Interessen und den letzten Rest von Anstand.

Beispielsweise mit der Leistung unserer aktuellen Regierungsabgeordneten können wir uns jederzeit für die Publikumswette bei „Wetten dass“ bewerben: „Wetten, dass Sie keine 10 Personen finden, die ihnen 3 sinnvolle Projekte aufzählen können… die unserer Region auch was gebracht haben.“

Nehmen wir nur die Stimmkreisreform, bei welcher unser ganzer Landkreis für einen Seehofer-Listenplatz verkauft wurde und uns das auch noch als Vorteil für die Region dargestellt wurde. Welchen Vorteil ein Ex-Ministerpräsident haben soll, das müssen andere erklären… aber egal wie es ab September in Bayern aussieht – ein Mini-Stimmkreis ist schlichtweg kein Vorteil für die Region sondern ein Beispiel für Machtmissbrauch.

Bürgersicht: Herr Käser, wir danken ihnen für das Gespräch

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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