„Pfaffenhofen ist bunt“ gegen AfD-Veranstaltung: Am Ende ein zahlenmäßig nur mäßiger Erfolg.

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Ein Kommentar zum beschämend geringen Zuspruch einer „Gegendemonstration“

Von Bernd Schuhböck

Zählt man die offiziell verlautbarten Teilnehmerzahlen der beiden politischen Kundgebungen vom Montag 17. September 2018 auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz zusammen, kommt man entweder nach Angaben der Polizei auf etwa 500-550 Teilnehmer oder nach Angaben der jeweiligen Veranstalter auf etwas über 800 Teilnehmer.

Über 200 Leute. Das ist echt eine Hausnummer hier in Pfaffenhofen“, wandte sich der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber an die etwas aufgelockert auf dem Platz vor der Rednertribüne vor dem Rathaus stehenden, und aus den Fenstern der umliegenden Häuser zuhörenden Personen. (Auf Nachfrage der online-Zeitung „Pfaffenhofen today“ sprach die Pfaffenhofener Polizeiinspektion von etwa 150 Personen)

In der Nähe des Marienbrunnens, am oberen Hauptplatz, zählte die Polizei 350- 400 Personen vor der Bühne des eilig nach Bekanntwerden der AfD-Veranstaltung organisierten „Pfaffenhofen ist bunt“ Bündnisses.

Auch Markus Käser, er zählte etwa 600 Personen bei dieser „Gegendemo“, war offensichtlich stolz über den Publikumszuspruch der von ihm organisierten Veranstaltung. „Ich bin begeistert von der Besucherzahl„, zitierte die örtliche Heimatzeitung den Versammlungsleiter.

Positiv für Pfaffenhofen: Beide Veranstaltungen verliefen friedlich.
Negativ für Pfaffenhofen: Das Zahlenverhältnis!

Da ruft ein überparteiliches, von zahlreichen Vereinigungen und Organisationen getragenes Aktionsbündnis “Pfaffenhofen ist bunt” zu einer „eine sehr, sehr breite Bevölkerung“ ansprechenden Demo auf, -Unterzeile “Kein Ort für braune Parolen“- und bringt nur etwas mehr als die doppelte Anzahl der bei der AfD-Veranstaltung gezählten Personen auf die Straße.

Wir wollten ein Angebot machen für diejenigen, die sagen: Wir wollen Gesicht zeigen“ wird Markus Käser nach der Veranstaltung zitiert.

Wo bitte kostet es den Einzelnen denn Mut, auf einer den breiten gesellschaftlich Konsens abdeckenden Demo „gegen Rassismus und rechte Parolen“, „gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit“, „für Menschenrechte“, und „für die uneingeschränkte Respektierung der in der Verfassung festgelegten Grundrechte“ zu sein, und dabei sein „Gesicht zu zeigen“?

Wo waren sie denn, die Mitglieder, Wähler und Sympathisanten von ÖDP, SPD, FW, Grüne oder der Linken als ihre heimischen Parteigrößen neben Friedensaktivisten, einem geschichtenerzählenden Schauspieler bei Gitarrenspiel und Gesang auf der Bühne ihre Anmerkungen zu den vielfältigen Themen eines überparteilichen, also All-Parteien-Bündnisses kundtaten?

Interessieren sich denn wirklich so wenig Bürger für diese Themen?

Bild: Privat

Warum zeigten dann doch unerwartet viele bei der AfD -einer Ein-Parteien-Veranstaltung, auf der ausschließlich nur die eigenen Themen abgearbeitet werden- ganz offen „ihr Gesicht? (Und das, obwohl Stunden vorher öffentlich bekannt wurde, dass das eigentliche „Zugpferd“, der AfD-Bundessprecher Prof. Jörg Meuthen, sein Kommen wegen Sicherheitsbedenken absagte)
Mussten die Zuhörer dieser AfD-Veranstaltung nicht befürchten deshalb als Antidemokraten, Nazis oder Rassisten beschimpft zu werden?

Oder als Abschaum bezeichnet zu werden?

Wie auf der privaten Facebook Seite von Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker. Dort postete Herker ein Bild, auf dem das Publikum vor Bühne der „Bunt“ Veranstaltung zu sehen war. Versehen mit seiner Bekundung, „Ich bin stolz auf diese Stadt“.

Du musst schon auf die richtige Seite schauen Herr Bürgermeister“ kommentierte jemand darunter. (Gemeint war die gegenüberliegende Kundgebung der AfD)
Das wiederum nutze ein offensichtlich „bunter“ Anhänger zum Kommentar „Wer interessiert sich schon für Abschaum?“.
Auf meinen darauf folgenden Einwand, das wäre aber jetzt doch zu „Bunt“, die Gegenseite als „Abschaum“ zu bezeichnen, bekräftigte der Angesprochene in einem weiteren Kommentar seine Haltung und schrieb, „Wie gesagt, die AfD definiere ich lieber mit Abschaum. Punkt.

Da man derartige sprachliche „Ausrutscher“ öfters auf Facebook lesen darf, wundert es mich, dass sich trotz allem so viele auf den Platz der AfD-Veranstaltung wagten. Und jetzt frage ich mich: Wie viele wären denn gekommen, wenn sie nicht derartigen Anfeindungen oder Hassreden ausgesetzt wären?

Ich werde das Gefühl nicht los, wenn sich schon 150 oder etwas über 200 potenzielle Wähler trotz möglicher Stigmatisierung und für alle erkennbar ihr „Gesicht zeigend“ eine AfD-Wahlveranstaltung ansehen, und gleichzeitig zu einer „Gegen“-Demo, die „aufrechte Demokraten“ ohne gesellschaftliche Ächtung gefahrlos überstehen könnten, so wenige kommen, könnte es am Abend der Bayerischen Landtagswahl nach Auszählung der Stimmen ein böses Erwachen geben.

Am Ende der AfD-Veranstaltung zählte MdB Huber erneut Besucher und Zuhörer und bedankte sich spontan bei den „Pfaffenhofen ist bunt“ Demonstranten hinter der Polizeiabsperrung. Dank derer sei am Ende die Veranstaltung von ursprünglich 200 auf nun 300 Zuhörer angewachsen. In die aus den Reihen der Demonstranten angestimmten „Nazis raus“ Rufe stimmten alle zum Absingen der Bayernhymne auf der Bühne versammelten AfD-Redner mit ein.

Wenn es nicht so unterschiedlich motiviert wäre, könnte man diese beiderseitig gleichlautende Bekundung als friedliche Gemeinsamkeit zum Ende beider Veranstaltungen sehen.
Aber wer wollte das schon!?

Ergänzung

Zur „Bunt“- Demo in Eichstätt kamen mit ca. 1200 Teilnehmer 3x mehr Personen als zur, „Bunt“ Demo am selben Tag in Pfaffenhofen mit 350- 400 Teilnehmern. (AfD ca. 100 in EI und 150-200 Teilnehmer in PAF)

Betrachtet man nun die doppelt so hohe Einwohnerzahl Pfaffenhofens mit 26.122 Einwohnern gegenüber 13.512 Einwohnern in Eichstätt (Stand jeweils Dez. 2017) könnte man über die politische Desillusioniertheit der Einwohner Pfaffenhofens zumindest staunen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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