Wenn der Tourismus baden geht – Die unendliche Geschichte um den Geisenfelder Wasserskipark

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In windigen Wahlkampfpostillen geben sich lokale Politiker gerne großsprecherisch. Sie zählen dann endlos lange auf, was sie alles zu tun gedächten, wenn sie nur vom Wähler die nötige Unterstützung bekämen. Hinterher sind die guten Vorsätze zu 90 % vergessen. Eines der Schlagworte, die immer wieder auftauchen, ist die „Förderung des Tourismus in Geisenfeld„.

Die Förderung von was? Was soll das, Tourismus, in einer Kleinstadt ohne nennenswertes Bettenangebot? Da lohnt es sich doch mal genauer hinzusehen, angesichts der hohlen Phrasen vom Tourismus. Welcher Wahnsinn hat den Bürgermeister und seine Anhänger ergriffen, als sie den Tourismus fördern wollten?

Wenigstens hat sich inzwischen ein heimischer Bauunternehmer und Stadtrat der Freien Wähler ein Herz gefasst, und ein sehr passables Hotel errichtet. (Und wegen der guten Auslastung wird es gerade erweitert) Fehlt nur noch, dass sich der Bürgermeister wieder einmal mit fremden Federn schmückt, und sich -wie bei Solarparks privater Investoren- auch mit diesem Hotel brüstet.

Seitdem ist in Sachen Tourismus nichts mehr geschehen, wenn man von den Kindereien um den Stadtstorch absieht und den Rentnerausflügen aus der näheren Umgebung zu diesem Spektakel.

Braucht Geisenfeld überhaupt Tourismus? Geht es der Stadt und der Region nicht ohnehin gut? Was könnte Besucher in die Gegend locken? Doch nicht die Kirchlein und die Barockbildchen und die Landschaft? Gibt es nicht tausendmal bedeutendere Architektur und unendlich viel spannendere Landschaften andernorts?

Nun, im Augenblick kann man gut auf Touristen verzichten. Was aber, wenn die Fahrzeuge von Audi sich angesichts explosiv steigender Spritpreise nicht mehr so gut verkaufen? Was, wenn es mit Cassidian in Manching weiter abwärts geht? Was, wenn der Flugverkehr in Freising angesichts der Preise für Flugbenzin empfindlich zurückgeht und damit die ganze Region schwächelt?

Dann wäre vielleicht ein weiteres wirtschaftliches Standbein nicht schlecht. Man nennt so etwas Diversifikation.

 TOURISMUS

Glaubt man den Veröffentlichungen des Landratsamtes, so ist „die touristische Schatzkiste im Landkreis Pfaffenhofen gut gefüllt„. Doch stecke auch viel Entwicklungspotential im Landkreis.

Tourismus wird von den Menschen im Landkreis gemacht, und mit Ihnen wollen wir als Landkreis diesen Weg beschreiten und ein Konzept entwickeln„, so Landrat Wolf auf dem 1. Tourismustag in Wolnzach.
Da wollen wir von „Bürgersicht“ nicht abseitsstehen. In lockerer Folge werden wir versuchen dieses Potential aufzuzeigen aber auch die Hemmnisse zu benennen.

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Nehmen wir ruhig an, dass alles genau so kommt, wie es die Peak-Oil-Theorie  zwingend vorhersagt: der Benzinpreis bewegt sich auf die fünf Euro zu. Dann sind nicht nur minderentlastende Umgehungsstraßen die größte vorstellbare Idiotie. Auch Flugreisen werden sich dann so verteuern, dass die beliebten Fernreisen ans Meer wieder zum seltenen Ereignis werden.

Man wird gezwungenermaßen in die nächste Umgebung verreisen, in die Berge, maximal nach Italien und gerne mit der Bahn.

Spätestens dann wäre die Zeit für einen Tourismus im Landkreis Pfaffenhofen gekommen.

Allerdings stehen, wenn es soweit kommt, zahllose Regionen ebenfalls in den Startlöchern und werden um die begehrten Gäste buhlen. Entscheidend wird sein, welche Region sich einen Vorsprung erarbeitet hat. Deshalb ist es wichtig, die Tourismusfrage jenseits von Geschwätz und Schönrednerei ernsthaft zu durchdenken.

Ist der Landkreis Pfaffenhofen für Besucher attraktiv und wenn ja, unter welchen Umständen und für welches Klientel? Was muss man verändern bzw. anbieten, damit man das Zielpublikum erreicht? Welche Attraktionen fehlen, was müsste ins Angebot?
Das Paket, das zu schnüren ist, beinhaltet tausende von Gästebetten gleichzeitig mit einer touristischen Infrastruktur und einem attraktiven touristischen Angebot. Im Augenblick fehlt dafür eine Initialzündung.

Doch halt. Da war doch was. Die Baggerseen des nördlichen Landkreises sind von der Fläche her vergleichbar mit dem Schliersee.

Gab es da nicht das Projekt eines Wasserskiparks?

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=c0waomLYVHU[/youtube]

Einen Wasserskipark  muss man sich vorstellen wie einen Skilift für Wassersportler. Sechs oder mehr Gittermasten sind im Kreis aufgestellt und halten die Zugseile. Acht bis zehn Wasserskiläufer bzw. Wakeboarder werden gleichzeitig an Bügeln fast lautlos durchs Wasser gezogen. Das bedeutet, dass an einem Tag nur 80 bis 120 Sportler auf einem derart genutzten Badesee unterwegs sind. Für die Wasserqualität ist das hervorragend, da es über die Verwirbelung zu einem gesteigerten Sauerstoffeintrag kommt.

Wie die Anlagen in Wörth an der Isar (Video), Friedberg bei Augsburg (Bilder) und Aschheim bei München (Bilder) zeigen, sind Wassrskiparks bei vorwiegend jüngeren Sportlern hochattraktiv. Sie sind allemal ein Grund, in Geisenfeld zu nächtigen. Möglicherweise wäre eine solche Anlage genau der Zündfunke, der Investoren bewegen könnte, das Bettenangebot in der Stadt wesentlich zu steigern.

An dieser Stelle kommen wir zurück auf das Trauerspiel bzw. auf die Tragikkomödie, die das Management dieser Stadt auf vielen Gebieten inszeniert.

Auf der städtischen Homepage findet man nach längerem Suchen folgenden Eintrag:


Auch die Nöttinger Weiher sind ein beliebtes Ziel für Badegäste. Einer dieser Weiher soll im Jahr 2008 zusätzlich durch eine Wasserskianlage noch an Attraktivität gewinnen„.

Immer wieder erstaunlich, die Aktualität dieser Homepage und ihre besondere Würdigung des Tourismus.

Wie wir der Presse entnehmen können dauert das Trauerspiel um die Wasserskianlage nun schon acht Jahre lang. Immer wieder gab es bürokratische Einwände, die eine Genehmigung verhinderten.

Mehrere Investoren haben schon entnervt aufgegeben. Der damalige Stadtrat und jetzige Bürgermeister Staudter hat in all den Jahren für die Anlage offenbar keinen Finger gerührt.
Vor zwei Monaten sollte die Sache dann trotzdem zum Erfolg führen und die Anlage im April in Betrieb gehen. Doch weit gefehlt.

Kürzlich hat während einer Bürgerversammlung in Nötting der Bürgermeister ungerührt verkündet, dass sich der Bau schon wieder verzögert, weil die Behörden weiterhin Auflagen machen wegen einer aus ihrer Sicht benötigten Barrierefreiheit und wegen eines Sicherheitskonzepts im Falle eines Hochwassers. Wie bitte, möchte man da fragen, seit wann sind Rollstuhlfahrer auf Wasserkiern unterwegs?

Wäre es nicht die Aufgabe eines Bürgermeisters hier den Baubürokraten Beine zu machen?

Besonders pikant ist auch die Tatsache, dass der neue Landrat den Tourismus besonders fördern möchte. Also wo sind unsere Stadträte und unser Bürgermeister, wenn es darum geht, auf einem wichtigen Feld endlich zu punkten? Haben sich die Herrschaften bei der Aufregung um eine niemals kommende und sinnlose Umgehungsstraße schon so verausgabt, dass sie hier versagen?

Hoffen wir, dass die schläfrigen Lokalpolitiker doch noch aufwachen und dass der Wasserskipark der Anfang einer touristischen Erfolgsgeschichte wird.

Über nonbescher

Das Kürzel steht für einzelne Autoren, deren Erlaubnis Bürgersicht bekam, ihre auf anderen Websites erschienenen Artikel hier zweitverwertend veröffentlichen zu dürfen.

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