Allein in Deutschland sind mehr als 350 Kommunen und Landkreise gegen CETA
„Undemokratisch„, „anti-europäisch“ und „anmaßend„. Die deutsche Presse prügelt unisono auf die Volksvertretung des Regionalparlaments im südlichen Belgien ein. Die Wallonen bestehen doch tatsächlich auf ihr demokratisches Recht, anderer Meinung zu sein. Ein kleines Parlament maßt sich an, die gesamte EU zu blockieren. Was die Mainstreammedien in ihrer Gleichklang-Berichterstattung ausblenden: Insgesamt 2.087 europäische Kommunal- und Landkreisparlamente lehnen das Handelsabkommen ebenfalls ab!
Die Stadt Pfaffenhofen sprach sich schon 2014 gegen das Handelsabkommen aus
So auch der Stadtrat in *Pfaffenhofen. Oder zum Beispiel die bayerische SPD. Doch, und daran krankt die SPD derzeit insgesamt, auf dem SPD-Konvent vom September in Wolfsburg stimmte eine Zwei-Drittel-Mehrheit- überraschenderweise jetzt auch die Delegierten der Bayern-SPD- grundsätzlich für das EU/Kanada-Abkommen. Die Zustimmung im Handelsministerrat der Europäischen Union war damit gesichert. Und der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Gabriel nicht beschädigen.
Vergessen auch die hunderttausend Demonstranten. Quer durch die Bundesrepublik und Europa versammelte sich die Zivilgesellschaft und protestierte -Anfangs in der öffentlichen Berichterstattung völlig ausgeblendet- gegen potenziell negative Auswirkungen des Handelsabkommens. Zum Beispiel gegen die Aufweichung der Europäischen Standards im Umwelt-, Gesundheits-, Verbraucher- und Arbeitsschutz, oder die Entmachtung der lokalen Parlamente und Verwaltungen bei Entscheidungen über die künftige Gestaltung der öffentlichen Infrastruktur.
Nur im Parlament der Wallonie fand dieses „Nein“ zum Handelsabkommen Gehör. In den Parlamentarischen Demokratien des restlichen Europas fand es keinen Widerhall.
Nachtrag 27.Oktober 2016:
Dafür gab es Druck. Die „Gemeinschaft“ -besonders im Verbund mit deutschen Medien- setzte den wallonischen Ministerpräsidenten mit Drohungen, Unterstellungen und Halbwahrheiten unter Druck. Zum Beispiel mit der kolportierten Empörung, diese kleine Region habe sich im letzten Moment quergestellt.
Eine französische Zeitung rückt da einiges gerade. Und nennt die wirklichen Verhinderer.
Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette berichtet am 24. Oktober im Interview mit der französischen Zeitung „Libération“ davon, „dass er die Kommission schon vor gut einem Jahr von den sehr ernsten Bedenken der Wallonie und einem entsprechenden Beschluss des dortigen Parlaments berichtet habe“, schreibt der Volkswirtschaftler und Wirtschaftspublizist Dr. Norbert Häring in seinem Blog.
„Die wichtigste und – wenn sie stimmt – bisher nicht bekannte Aussage des wallonischen Ministerpräsidenten Magnette gegenüber Libération betraf die in Ceta vorgesehenen Spezialgerichte für Investoren: Die Kanadier, mit denen Magnette sehr zum Missfallen der Kommission und der hiesigen Medien die Frechheit hatte, direkt zu reden, hängen überhaupt nicht an den Spezialgerichten für Investoren, die den Wallonen (und vermutlich einer Mehrheit der europäischen Bürger) ein Dorn im Auge sind. Es sind die EU-Kommission und ihre Alliierten unter den europäischen Regierungen, die hierauf beharren“.
Sind die Wallonen nun undemokratisch, wie der Mainstream meint, nur weil sie allein anderer Meinung sind?
Weder noch. Weder sind sie undemokratisch noch allein! Die freie Bewertung eines Abkommens entgegen der „gängigen“ Bewertung Anderer entspricht eventuell einer anderen Qualität, jedoch der freien Meinungsbildung, dem demokratischen Prinzip der Abstimmung und ist damit alles andere als antidemokratisch. Noch sind die Wallonen, wie die Karten für Deutschland und Europa zeigen, mit ihrer Ablehnung des Abkommens allein.
(Selbst in Kanada sieht man das Abkommen skeptisch. Dort schreibt die Gemeinnützige Organisation „The Council of Canadians“ (Der Rat der Kanadier) zu CETA: „Der geheime Verhandlungsprozess und die globale Agenda der Unternehmen sind eine Beleidigung der Demokratie auf beiden Seiten des Atlantiks“)
Nicht nur wegen CETA geht’s mit den „Meinungsmachern“ der Mainstreampresse bergab
Anders als die Wallonen könnten die Mainstream Medien und ihre Alpha-Journalisten bald allein sein. Wenn sie weiterhin unbeirrt gegen Teile der Bevölkerung anschreiben, ansenden und mit unverhohlener Arroganz ihre verzerrte Wirklichkeit als „pluralistisch“ ausgeben, wird die Glaubwürdigkeit der Medien einem neuen Tiefpunkt erreichen und die Auflagen der „Qualitäts-Zeitungen“ weiter sinken. (Wie auch die Einschaltquoten oder Aufmerksamkeitsspannen für Nachrichtensendungen mit täglich annähern identischer Nachrichten- und Bewertungsauswahl der unterschiedlichsten Zampanos in den öffentlich rechtlichen TV-Anstalten von ARD und ZDF)
Wie die „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V“ (IVW) für das 3. Quartal 2016 feststellte, sacken die Auflagen der Mainstreampresse weiter ab.
Vorneweg der Axel Springer-Verlag. Die Auflage der „BILD“ verringerte sich gegenüber Vorjahresquartal um 248.540 auf nunmehr 1.789.997 verkaufte Exemplare, die der „Welt“ um 11.248 auf 93.289 verkaufte Exemplare. (Die überregionale „Welt“ liegt nun nahe am Regionalblatt „Donaukurier“ mit seinen um 708 auf 80.775 abgerutschten verkauften Exemplaren. Inklusiv der 1607 ePapers)
Die überregionalen „Qualitätszeitungen“ wie Süddeutsche Zeitung (299.196 verk. Exemplare, -14.619), Frankfurter Allgemeine (219.666, -11.694) oder die Wochen- und Sonntagszeitungen (Bild am Sonntag, 994.098, -88.412, Die Zeit, 417.520, -9.197, Welt am Sonntag, 239.917, -20.896, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 211.747, -24.400) verloren ebenfalls kräftig.
Der Trend der kürzer laufenden Druckmaschinen und der fortlaufend ansteigenden Remittenden (gedruckte aber unverkaufte Exemplare) wird sich nicht abschwächen, solange Abonnenten und Gelegenheitskäufern wesentliche Informationen vorenthalten werden. Die CETA-Berichterstattung im Mainstream der „Mainstream-Medien“ ist nur ein Beispiel von vielen, warum das Publikum auf alternative Medien ausweicht.