Bauausschuss verweigert dem Bürgermeister die Bezahlung der vom ihm bestellten Sonnenschirme
Wie viel städtisches Geld darf der Bürgermeister von Geisenfeld eigenmächtig ausgeben, ohne sich vom Stadtrat die Erlaubnis dafür holen zu müssen?
Darüber scheint es in der Verwaltung und im Stadtrat unterschiedliche Auffassungen zu geben.
Mal scheinen es 1000 Euro zu sein, dann 5000 Euro oder gar 10.000 Euro sogenannte Verfügungsmittel.
Für welche Belange darf der Bürgermeister diese Verfügungsmittel einsetzen? Darf er die Beträge in dieser Höhe täglich, monatlich oder nur zusammengerechnet für 12 Monate geltend machen?
Selbst wenn das Stadtoberhaupt nicht näher definierte Ausgaben in eigener Zuständigkeit von bis zu 10.000 Euro vornehmen könnte, dürfte er deshalb zum Beispiel Sonnenschirme im Gesamtanschaffungswert von 13.802,06 Euro liefern und aufstellen, und den Gesamtbetrag beim Kämmerer zur Zahlung anweisen lassen?
Was der Bürgermeister in welcher Höhe bezahlen darf steht in der Geschäftsordnung
Bürgermeister Staudter tat genau das, bestellte für diesen Betrag Sonnenschirme und versuchte Tage nach der Anschaffung den Bauausschuss für die nachträgliche „Genehmigung der Beschaffung“ zu erwärmen.
Da der Bauausschuss diese „Beschaffung“ aber nicht bewilligt hatte, lehnte dieser die nachträgliche Genehmigung dafür in seiner Sitzung vom 26.06. 2013 ab und verwies die Angelegenheit an den Stadtrat. (Nach Recherchen von Bürgersicht wurde der Gesamtbetrag bereits von der Kämmerei bezahlt. Obwohl aktuell noch keine Bewilligung vom Stadtrat dafür vorliegt. Wedelt hier der Schwanz mit dem Hund?)
Kosten fallen an weil „runde“ gegen „eckige“ Sonnenschirme getauscht wurden.
„Da die (4) runden Sonnenschirme auf dem Stadtplatz zu wenig Schatten spendeten, war es naheliegend, diese durch quadratische zu ersetzen und die Runden auf die Terrasse des Maximilians umzusetzen„, wurde die Maßnahme und die dabei entstandenen Kosten in der Beschlussvorlage des Bauausschusses erläutert.
Kosten waren nicht nur durch die Beschaffung der 4 quadratischen Schirme (plus eines zusätzlichen runden Schirmes für das Maximilians) und der Schutzhüllen angefallen, sondern auch wegen der notwendig gewordenen Anbringung von Bodenhülsen (Vermeidung von Stolperfallen auf der Terrasse) einer Sonderlackierung und der Frachtkosten.
Auf dem Stadtplatz stehen jetzt 7 Schirme in unterschiedlichen Farben und Formen. 4 quadratische in grüner Farbe, 2 quadratische in bräunlich/roter Farbe und ein runder in grüner Farbe.
Viel blieb nicht übrig von der im März 2009 vom Stadtrat angestrebten und beschlossenen „optischen Aufwertung des Stadtplatzes„, die von einer extra dafür im Rathaus gebildeten Arbeitsgruppe als „harmonisches Bild“ mit „einheitlichen Schirmen“ umgesetzt wurde.
(Ein sechster, für die Terrasse des Maximilians notwendiger „runder“ Schirm konnte ohne weitere Kosten aus dem zwischenzeitlich abgeräumten „Altbestand“ des „kleinen Stadtplatzes“ genommen werden. Der Schirm stand dort für kurze Zeit vor der Bäckerei Elfinger und wurde nach deren Schließung entfernt)
Obwohl keine Dringlichkeit vorlag, bestellt der Bürgermeister am Stadtrat vorbei
Verfügungsmittel des Bürgermeisters sind in der Regel keine zweckfreien Mittel zur beliebigen Verfügung. Möchte oder muss Geisenfelds Bürgermeister -ohne jemand fragen zu müssen- städtisches Geld ausgeben, darf er das nur innerhalb der für ihn und den Stadtrat bindenden Grenzen einer Geschäftsordnung tun.
Was Geisenfelds Bürger nicht wirklich, aber alle Mitglieder im Geisenfelder Stadtrat zwingend kennen sollten, ist der Inhalt der Geschäftsordnung des Geisenfelder Stadtrats.
Abweichungen von der Geschäftsordnung sind nicht zulässig
Diese Geschäftsordnung erarbeitete und beschloss der am 8. Mai 2008 gerade neu gewählte Geisenfelder Stadtrat mit Wirkung vom 8. Mai 2008 für seine 6-jährige, bis ins Jahr 2014 geltende Stadtratsperiode.(Nach Auskunft und Kenntnis von Stadträten wurde diese Geschäftsordnung bis zum heutigen Tag weder geändert noch ergänzt)
In ihr verankerten Stadtrat und Bürgermeister -als verbindliche Arbeitsgrundlage- die rechtliche Grundlage ihres kommunalen Handelns in Geisenfeld. An die darin aufgestellten Selbstbindungen sind Stadtrat und Bürgermeister gebunden.
Um einer eventuell demnächst einsetzenden Legendenbildung vorzubeugen: Diese Geschäftsordnung fiel (oder fällt in den nächsten Tagen) weder plötzlich vom Himmel noch wurde sie von der zuständigen Aufsichtsbehörde im Landratsamt vorgegeben oder unter Verschluss gehalten. Sie liegt der Verwaltung, somit auch dem Bürgermeister und allen Mitgliedern des Geisenfelder Stadtrats seit Mai 2008 vor.
(Das Wissen um bestimmte Inhalte dieser Geschäftsordnung wurde fälschlicherweise bereits in der Vergangenheit als Wissen ausgegeben, dass man nur im Landratsamt haben konnte. Hier betraf es die Wissenslücke des Bürgermeisters als Vorsitzender des Bauausschusses. Siehe den Bürgersicht-Artikel vom September 2010: Bürgermeister korrigiert Staudter )
Eine „Wischi Waschi“-Passage wird zum Einfallstor für Anschaffungen und Zahlungen aller Art
Bis aufs Kleinste sind in dieser Geschäftsordnung zum Beispiel die Auf- und Ausgaben des Bürgermeisters geregelt. Auch die, die er „in eigener Zuständigkeit“ erledigen darf.
Zwei Beispiele:
- Bei „Vollzug dringender Rechtsvorschriften“ darf er zur „Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln“ im Einzelfall bis zu 10.000 Euro aufwenden.
- Geht ihn zum Beispiel ein Gemeindebürger um Erlass oder Stundung von Gemeindegebühren an, darf der Bürgermeister auf die Zahlung von bis zu 500,- Euro verzichten oder bis zu 6 Monate einen Betrag bis zu 5.000 Euro stunden.
Neben diesen sehr detailliert geregelten Ausgaben in der Aufgabenstellung der eigenen Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters findet sich aber auch ein Absatz, der dem Stadtoberhaupt als Einfallstor für Anschaffungen und Aufwendungen aller Art dient.
§ 12, Absatz 2, Punkt d) der Geisenfelder Geschäftsordnung lautet:
„Handlungen und Unterlassungen jeder Art …. Abschluss von Verträgen und sonstiger Rechtsgeschäfte, die Lieferungen und Leistungen an die Gemeinde zum Gegenstand haben … bis zu einer Wertgrenze von 10.000,- €“
Verwaltungsfachleute erkennen in dieser Vorgehensweise schlechten Stil. Doch der ist rechtlich nicht zu beanstanden
Aus diesem Gummipassus der Geisenfelder Geschäftsordnung kann man als Bürgermeister die Eigenwilligkeiten ableiten, für dessen Umsetzung und Bezahlung man niemand zu fragen braucht: zum Beispiel den Kauf von 24 Blumenkästen um eine Brücke damit zu schmücken (Stückpreis eines leeren Blumenkastens: 80,- Euro. Da bleibt noch Luft um den dazugehörenden Blumenschmuck bezahlen zu können)
Eine wertmäßig über diesen 10.000,- Euro liegende Anschaffung von Sonnenschirmen fällt nicht darunter!
Bei genauerer Betrachtung werden hier nicht nur der schlechte Stil und die unnötige Eigenmächtigkeit des Bürgermeisters sichtbar, so richtig lächerlich wird es, betrachtet man sich das Durcheinander der Schirme bei Farbe und Form auf dem Stadtplatz, plus die Begründung zur Anschaffung.
Lautete doch das Argument in der Beschlussvorlage, mit der der Bauausschuss die Anschaffung nachträglich genehmigen sollte, der Austausch der runden gegen die 4 quadratischen Schirme vor dem Restaurant Athos wurde erforderlich, weil die runden „zu wenig Schatten spendeten“.
Wie erklärt man den Geisenfelder Bürgern jetzt ein nur in ihrer Stadt auftretendes Sonnenbahn und Materialeigenschaften veränderndes Phänomen, das runde Sonnenschirme, sofern man nur ihren Standort verändert, eine gleichbleibend intensive Sonnenbestrahlung am Stadtplatz zu wenig, auf der Terrasse des Maximilians die Bestrahlung jedoch ausreichend abschattet.
Man wird es nicht erklären können!
Ebenso wenig, wie man den Stadträten bei ihrer Sitzung am 18. Juli wird erklären können, warum der Bürgermeister die Verhältnismäßigkeit nicht erkannte und nicht schon vorher zusammenrechnen konnte, ob eine von ihm gewünschte Anschaffung seinen Verfügungsrahmen erheblich übersteigen würde, und es guter Stil gewesen wäre, da keine Dringlichkeit vorlag, den Stadtrat bereits vor und nicht erst nach der Anschaffung um seine Genehmigung zu ersuchen!
Sollte der Stadtrat -nach der Sitzung des Bauausschusses- nun in seiner Mehrheit in der Stadtratssitzung am 18. Juli weiterhin verschnupft reagieren und dem Bürgermeister die Begleichung seiner Eigenwilligkeit verweigert, könnte sich der Kauf der Sonnenschirme zur „Geisenfelder Sonnenschirmaffäre“ und einem Fall für die Kommunalaufsicht auswachsen.
Für die Stadträte wird es bei der Bewertung dieser Angelegenheit darauf ankommen, ob sie eine derartige Vorgehensweise für die Zukunft ausschließen, oder sich auch zukünftig von Bürgermeister Staudter am Nasenring durch die Stadtratsmanege führen lassen möchten.
Gehaltskürzung für Bürgermeister
An dieser Stelle ist es an der Zeit, auf eine Entscheidung der Kammer für Disziplinarsachen am Verwaltungsgericht Regensburg vom März dieses Jahres hinzuweisen.
Die Kammer hatte gegen einen kommunalen Wahlbeamten (Bürgermeister) eine Gehaltskürzung als Strafe verhängt. Zehn Monate lang bekommt der Rathauschef ein Zehntel weniger überwiesen.
Der Bürgermeister hatte seine von der Geschäftsordnung eingeräumten Kompetenzen überschritten und einem Bürger eigenmächtig Erschließungsbeiträge in einer Höhe erlassen, die seinen Verfügungsrahmen überstiegen. (In einem vorangegangenen Verfahren vor einem Amtsgericht wurde er wegen Untreue im Amt zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 113 Euro verurteilt)
Wie die „Mittelbayerische Zeitung“ berichtet, fragte die Oberlandesanwältin den Angeklagten Bürgermeister während des Disziplinarverfahrens rhetorisch, was der Stadtrat in Viechtach überhaupt soll, „wenn sie das alles machen mit der Verwaltung. Das ist Arbeit gegen das Gesetz“.
Genau diese Frage, was der Stadtrat in Geisenfeld überhaupt tut, sollte der dem Bürgermeister diese erneut autokratische Vorgehensweise unbeanstandet durchgehen lassen, können sich die Bürger Geisenfelds im Anschluss an die Stadtratssitzung vom 18. Juli und bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr selber beantworten.
Der Stadtrat sollte es nicht mit einem Schuss vor den Bug des Bürgermeisters bewenden lassen.
Eine etwas nachdrücklichere erzieherische Maßnahme würde dem gelernten Berufsschulpädagogen und jetzigen Bürgermeister Staudter sicher gut tun!
Der kommunalen Selbstverwaltung selbstredend auch!