Die Woche der gestärkten Bürgerrechte

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Eine gute Woche für Otto-Normalbürger.

Am Mittwoch springt Verbraucherministerin Ilse Aigner über ihren Schatten, und legt sich durch die Initiative „Klarheit und Wahrheit“ „und dem Verbraucherschutz-Portal Lebensmittelklarheit.deernsthaft mit der Lebensmittelindustrie an“ (Foodwatch Sprecher Martin Rücker). Einen Tag später, am Donnerstag stärkt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Rechte der sogenannten Whistleblower*– Arbeitnehmer, die auf Missstände in Unternehmen oder Institutionen öffentlich aufmerksam machen.

Wenn Verpackung und Werbung Inhaltsstoffe versprechen, die im Produkt nicht zu finden sind, fühlt sich der Verbraucher vom Hersteller getäuscht. Seit Mittwoch kann man sich öffentlich über diese Lebensmittel beschweren.

Melden Sie unzureichende Lebensmittelkennzeichnungen“ fordert das Portal “ lebensmittelklarheit.de“ seine Besucher auf.
Bei stichhaltigen Vorwürfen konfrontiert die fachlich zuständige Verbraucherzentrale Hessen die Hersteller damit, wartet 7 Tage auf deren Reaktion und veröffentlicht danach eine Stellungnahme.

Mit dieser Offensive, so Foodwatch Sprecher Martin Rücker, liefere die Regierung das Eingeständnis, „dass das Problem des legalen Etikettenschwindels existiert„.

 

Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein. (Kurt Tucholsky)

Auf andere Missstände wollte die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch hinweisen. Und wurde deshalb entlassen.

Die Pflegerin war in einem Altenheim einer landeseigenen Klinikkette beschäftigt und hatte mehrmals bei ihrem Arbeitgeber die Mängel bei der Patientenversorgung kritisiert. Das Unternehmen habe zu wenig Personal und sei deshalb nicht in der Lage, die Bewohner eines Pflegeheims ausreichend zu versorgen.

Als systematisch versucht worden sei, die Probleme zu verschleiern, indem Pflegekräfte angehalten worden seien, so nicht erbrachte Leistungen zu dokumentieren, erstattete die Pflegerin im Jahr 2005 Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber. Es folgte – nach deutschem Arbeitsrecht vollkommen korrekt- die fristlose Kündigung.

Der Pflegerin klagte dagegen, zuletzt vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Bundesverfassungsgericht, und scheiterte.

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bekam sie nun recht.

Wer Missstände im eigenen Unternehmen publik macht, darf deswegen nicht entlassen werden. (Heinisch v. Germany no. 28274/08)

Der EGMR sieht in der Entlassung eine Verletzung der Meinungsfreiheit und sprach der Pflegerin eine Entschädigung von insgesamt 15.000 Euro zu.

In einer demokratischen Gesellschaft sei „das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen so wichtig„, dass es gegenüber dem Unternehmensinteresse überwiege, sie das EGMR.

Das ist ein Sieg, der zeigt, dass auch die Schwachen mächtig sein können„, sagte Kläger-Anwalt Benedikt Hopmann dem Tagesspiegel. (Hopmann hatte zuletzt erfolgreich die Kassiererin „Emmely“ verteidigt)

Nach der Entscheidung können sich Beschäftigte endlich ohne Angst vor Kündigung an die Behörden wenden, etwa wenn im Unternehmen gravierende Missstände und Gefahren für die Belegschaft oder Patienten bestehen“, ergänzt Jens Schubert von der Gewerkschaft Verdi.

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*Whistleblower sind Menschen die illegales Handeln, Missstände oder Gefahren für Mensch und Umwelt nicht länger schweigend hinnehmen, sondern aufdecken. Sie tun dies intern innerhalb ihres Betriebes, ihrer Dienststelle oder Organisation oder auch extern gegenüber den zuständigen Behörden, Dritten oder auch der Presse.

Alles über Whistleblowing

Unter diesem Link können Sie erfahren, was Whistleblowing überhaupt ist und welche Bedeutung es für Gesellschaft, Staat und Wirtschaft haben könnte, wenn Whistleblower in Deutschland effektiv geschützt wären.

 Sie sind der Meinung, Whistleblower wären nur Nestbeschmutzer und machen alles nur zum persönlichen Vorteil?

Wenn Sie sich trauen, ihre Meinung zu überdenken, dann lesen sie hier die Whistleblower Fallbeispiele

Und wenn Sie jetzt noch etwas Zeit haben (ca. 1 Stunde) empfiehlt sich folgender Video Vortrag – Whistleblowing: Demokratie braucht Zivilcourage und Transparenz

Bild anklicken- Sie werden weitergeleitet zum Chaos Computer Club

 

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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