Erfüllungsgehilfe Ukraine sieht sich als Partner

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Wer sich mit dem Westen einlässt kann als Menetekel für andere enden.

Partnerschaften sind Gemeinschaften die sich zu bestimmten Zwecken zusammenfinden. Ob Lebens-, Geschäfts,- oder Unternehmenspartnerschaften, sie alle sind darauf ausgerichtet, die jeweilige Kooperation durch wechselseitiges Geben und Nehmen mit Leben zu füllen.

Länderpartnerschaften hingegen laufen etwas anders. Meist wird -mit Betonung auf Demokratieförderung und Stützung von Menschenrechten-, zuerst gegeben, also in Vorleistung investiert, um später -so zumindest die Hoffnung-, vom dadurch erlangten Goodwill günstige Wirtschaftsbeziehungen mit diesen Ländern zu erreichen. So verfährt auch Deutschland, das über das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) dafür Globale- aber auch rein „Östliche“ Länderpartnerschaften unterhält.

Den dabei zugrunde liegenden Impetus hatte der frühere „Minister für besondere Aufgaben“ und „Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit“, Egon Bar, im Jahr 2013 in einem Vortrag vor Gymnasiasten folgendermaßen formuliert: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt“.

Sieht man in der lockeren, von der eigenen Seite dominierten Kooperation mit einem „Partner“ in ihm nicht mehr nur den Erfüllungsgehilfen zur Durchsetzung eigener Interessen, geht man zur Erzielung gegenseitiger Wettbewerbsvorteile auch echte Abhängigkeiten in Form von Bündnissen und Allianzen ein. (NATO, EU)

Wobei einige Politiker, speziell in der Ukraine, in dem „Wieselwort*“ Partnerschaft, (*Definition für vage und unscharfe Bedeutung) etwas gleichrangiges zu einer Allianz oder einem Bündnis verstehen.

Wobei sie partout nicht wahrhaben wollen, dass die „Partner“ den Ukrainischen Staatsapparat samt seinem Präsidenten nur als Erfüllungsgehilfen westlicher Interessen sieht, und man ihnen weder eine Allianz noch ein Bündnis zubilligen wird.

Das hindert jedoch die ukrainische Regierung nicht – in totaler Verkennung der Gegebenheiten- überall in der Welt „Partner“ zu sehen, an die man, Bündnispartnern gleich, Forderungen stellen kann. Zuletzt, und das war der ausschlaggebende Punkt diesen Artikel zu schreiben, forderten sie Südkorea auf, ein für April geplantes Gastspiel des Bolschoi-Theaters zu unterbinden. „Wir fordern unsere internationalen Partner auf, die kulturelle Zusammenarbeit mit dem kriminellen russischen Regime und seinen Kulturvertretern auszusetzen„.

Der Auftritt mit der Ballerina Swetlana Sacharowa war Kiew auch deshalb ein Dorn im Auge, weil ein enger Freund des russischen Präsidenten, der Dirigent Waleri Gergijew, der Leiter des Bolschoi-Theaters sei, und deshalb in der Ukraine auf einer schwarzen Liste stehe. Hallo Welt, die Präsenz dieses Herrn auf einer von uns erstellten schwarzen Liste dürfte für euch doch Handlungsanweisung genug sein, um auch von euch geächtet zu werden.

Diese in derartigen Forderungen aufscheinende Hybris des ukrainischen Staatsapparates begann sich zu einem Zeitpunkt auszubilden, als die kürzlich ihren Rücktritt verkündende US-Topdiplomatin Victoria -„Fuck the EU“- Nuland 2014 noch Wurstsemmeln auf dem Maidan in Kiew verteilte. (Ihr zu Ehren wurde auf Erlass des Kiewer Bürgermeisters Witali Klitschko die Tschaikowski-Straße in Wulizja Wiktorii Nuland -Straße umbenannt)

Kurz vorher wurde ein für die Ukraine wenig vorteilhaftes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt, (nach den Maidan-Unruhen trat es 2016 durch Ratifizierung einer ukrainischen Übergangsregierung in Kraft), startete man im Beisein des damaligen CIA-Chefs Anti-Terror-Operation im Donbas, und wurde dazu vom Westen militärisch massiv auf- und ausgerüstet. Darauf aufbauend glaubte die ukrainische Staatsführung fortan aus jedem einfach nur dahingesagten Halbsatz eines aus dem Westen in die Ukraine entsandten „Partners“, eine unmittelbar bevorstehende Bündnisvereinbarung mit dem Westen herauszuhören. (Selenskyj erinnerte in den zurückliegenden Monaten nicht nur einmal an „Entscheidungen, die versprochen“ aber nie eingehalten wurden)

(Irgendwie erinnert mich das an die Zeit nach dem Mauerfall in Deutschland, als ein Heer von sogenannten „BesserWessis“ in die neuen Bundesländer einfiel um mit der Kohlschen Vision der demnächst im Osten „blühenden Landschaften“ im Rücken, die Belange der Ostdeutschen negierend ihren Reibach zu machen)

Zwischen seinen täglichen Durchhaltemeldungen auf Telegram dämmerte es Selenskyj wohl, dass seinem Land vom Westen nur die Rolle des Erfüllungsgehilfen zur Erlangung einer strategischen Niederlage Russlands zugestanden, dieses „solange wie nötig“ unterstützende Schulterklopfen jedoch nicht in eine Allianz oder ein Bündnis mit dem Westen münden würde.

Da man jedoch nur schwer aus der selbstdefinierten Rolle eines westlichen Partners herausfindet, oder es einfach zu schmerzhaft für Regierung und Volk wäre sich diesen Selbstbetrug einzugestehen, macht man einfach so weiter und tut so, als könne man, sozusagen als gleichberechtigter Partner, alles fordern, wozu man im ukrainischen Staatsapparat glaubt ein Recht zu haben.

Waffen, Geld, Zuwendung, Ideologie oder wie oben angesprochen, auch kulturelle Sichtweisen wird man wohl noch fordern dürfen. Doch nur weil dieses Verhalten gegenüber ukrainischen Unterstützern lange Zeit unwidersprochen hingenommen wurde (Ex-Botschafter Andrij Melnyk lässt grüßen) lässt es sich nicht unendlich fortführen.

Besonders dann nicht, wenn sich die Erkenntnis breit macht, der ukrainische Erfüllungsgehilfe habe seine Aufgabe nicht zur Zufriedenheit der Schulterklopfer erfüllt und man jetzt Überlegungen anstellen müsse, in der Ukraine mit eigenen Bodentruppen selber einzugreifen. Das hieße für Selenskyj seine Dienste würden nicht mehr benötigt und er könnte sich vertrollen.

Mit ihm würde auch die bisherige Ukraine verschwinden und bestenfalls noch als Menetekel für diejenigen dienen, die auf vermeintliche „Partnerschaften“ mit dem Westen setzen oder gesetzt haben, und jetzt das ernüchternde Ergebnis realpolitischer Machtpolitik zur Kenntnis nehmen dürfen.

Oder, und damit knüpfe ich abschließend an den Auslöser für diesen Artikel an, um es mit einer Aussage aus einem Drama* von Friedrich Schiller zu sagen: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit Arbeit getan, der Mohr kann gehen.“ (*Die Verschwörung des Fiesco zu Genua)

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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