Wie das EU-Parlament mal schnell die Geschichtsbücher umschreiben möchte.

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Eine geschichtsvergessene Resolution vom 19. September 2019

Mit einem Blick zurück (Zweiter Weltkrieg) möchte das „Europäische Parlament“ nicht nur, das wir Europäer uns „den Herausforderungen der Welt von heute stellen“, sondern von dort wird uns auch erklärt, das der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gänzlich anders als bisher zu sehen sei.

Wir müssen nur das richtige Geschichtsbewusstsein dafür haben.

Denn als „am 23. August 1939, die kommunistische Sowjetunion und das nationalsozialistische Deutsche Reich den als Hitler-Stalin-Pakt bekannten Nichtangriffspakt und dessen Geheimprotokolle unterzeichneten“ haben beide Länder „die Weichen für den Zweiten Weltkrieg gestellt“. Man beachte die Reihung.

Eine unter maßgeblicher Mittwirkung Polens entstandene Entschließung des EU-Parlaments listet dabei zwar den in unmittelbarer Folge  nach Hitlers Überfall auf Polen erfolgten Einmarsch der Sowjetunion im Osten Polens auf, unterschlägt aber zum Beispiel den polnischen Einmarsch und die Landnahme von Teilen der Tschechoslowakei.

Umso geballter thematisiert die Resolution die Kriegshandlungen der damaligen Sowjetunion. Den Angriffskrieg gegen Finnland, die Besetzung Rumäniens und das „Einverleiben der  unabhängigen Republiken Litauen, Lettland und Estland“.

(Kurzer geschichtlicher Abriss:

Der am 30. November 1939 von der Sowjetunion begonnene Krieg mit Finnland war die Folge  gescheiterter Verhandlungen über Gebietsabtretungen und die Grenzverlagerung nach Westen in Folge eines Gebietstauschs zwischen beiden Ländern. Leningrad (Heute St. Petersburg) lag „nur“ 35 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt und war nach Einschätzung der Sowjetunion somit in Reichweite der Geschütze der deutschen Armee, deren Einmarsch man in Finnland von sowjetischer Seite befürchtete. Diese Distanz wollte man vergrößert sehen. Der Angriff auf Finnland war zwar strategisch nachvollziehbar bleibt aber trotzdem ein Angriffskrieg.

Das damals antisemitisch durchsetzte Rumänien stellte sein Territorium im Oktober 1940 als Aufmarschgebiet für den deutschen Ostfeldzug zur Verfügung, trat an der Seite der Achsenmächte im November mit eigenen Soldaten in den Krieg ein und begann im  Februar 1941 mit Massakern an mehr als der Hälfte der in Rumänien lebenden Juden. Als die Sowjetarmee die deutsche Wehrmacht zurückschlug und die Front 1944 Rumänisches Gebiet erreichte, wechselte man in Folge eines Staatsstreiches die Fronten, und kämpfte nun auf Seiten der Alliierten und der Sowjetarmee die Rumänien nun besetzt hielt. Die Pariser Friedenskonferenz verweigerte 1946 Rumänien den Rang eines Mitalliierten.

Zwischen September und Oktober 1939 schloss die Sowjetunion Verträge mit Litauen, Lettland und Estland die es ihr ermöglichte, Militärstützpunkte auf dem Territorium der baltischen Staaten zu errichten. Im Windschatten von kommunistischen Staatsstreichen besetzte die Sowjetunion danach diese Länder um einen Korridor für die deutsche Armee zu verhindern)  

Wie schon angeführt gibt diese Resolution des EU-Parlaments eine merkwürdig geschichtsvergessene Sichtweise der Vorgänge in und um den Zweiten Weltkrieg wieder. Die zwanghafte Festschreibung der Sowjetunion als gleichrangigen Verursacher dieses Krieges in Europa versucht zu viele geschichtliche Wahrheiten auszublenden.

Die Erkenntnis, dass Geschichte von den Siegern geschrieben wird, (und demzufolge nicht sein kann was nicht sein darf) wird angesichts dieser Resolution auf eine neue Stufe gestellt. Mit dem Versuch, sich erneut an der ehemaligen Sowjetunion abzuarbeiten, versteigen sich einige EU-Länder in Geschichtsklitterung, um ihre eigene Rolle in der damals offen faschistisch und antisemitisch aufgeladenen Epoche zu camouflieren.

Nicht wenige werden diese „Entschließung“ nutzen wollen, um die Geschichtsbücher in ihrem Sinne umschreiben zu können. (Judendiskriminierung in Polen gab es bereits vor dem Einmarsch deutscher Truppen. Doch in Polen gibt es mittlerweile ein Gesetz, das die Thematisierung  der damaligen Judenverfolgung durch große Teile der polnischen Rechten in Polen unter Strafe stellt)

Und so verwundert es nicht, dass man in der Entschließung des EU-Parlaments erkennt „dass zwar die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes in den Nürnberger Prozessen aufgeklärt und entsprechende Strafen verhängt wurden, das Bewusstsein für die Verbrechen der stalinistischen und anderer Diktaturen jedoch nach wie vor dringend geschärft werden muss und moralische und rechtliche Bewertungen dieser Diktaturen vorgenommen werden müssen“.

Na dann lasst uns den Scheinwerfer zukünftig auf die richtige „rechtliche Bewertung“ richten. Dazu sollten wir uns, auch wenn einige von uns Geschichtsbücher gelesen haben, in denen anerkannte Historiker zu ganz anderen Bewertungen kamen, zukünftig an unsere Geschichtserklärer aus dem EU-Parlament halten.

Denn dort sitzen diejenigen, die den Kampf „für eine gerechte Welt“ in Schriftstücken festhalten, auf das „die tragische Vergangenheit Europas auch künftig als moralische und politische Inspiration dienen sollte, und die praktische Umsetzung der europäischen Werte für alle Menschen zählen“ sollte.

Dieser Schlusssatz stammt ebenfalls aus besagter EU-Parlaments Resolution.

Na dann, lasst uns in diesem Sinn mal die Welt bekehren!

 

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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