Fake News – Nur 47% der Deutschen trauen sich zu, diese auch zu erkennen.

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In einer Untersuchung bezweifelt die Mehrheit sogar die Einschätzungs- und Differenzierungsfähigkeit ihrer deutschen Landsleute.

DieWahrheit unter vielen möglichen Wahrheiten zu finden wird zunehmend schwieriger. Aber nicht unmöglich.

Eine im September 2018 veröffentlichte internationale Untersuchung des Markt- und Sozialforschungsinstituts „Ipsos“ zu „Gefälschten Nachrichten, Alternativen Fakten und Filter Blasen“ (HIER die gesamten Ergebnisse der Untersuchung  FAKE NEWS,POST-TRUTH AND FILTER BUBBLES als pdf) beleuchtet deren Wahrnehmung, den persönlichen Umgang damit und die Verwendung dieser, im politischen, medialen sowie zivilgesellschaftlichen Diskurses mittlerweile als feste Bestandteile verankerten Begriffe.

Vorausschickend jedoch eine allgemeine Betrachtung zur Befähigung, also zum Denkvermögen von Rezipienten/Empfängern, gehörte, gelesene oder gesehene Nachrichten zu verstehen oder zu erfassen.

Berücksichtigen wir dabei nur einige Merkmale intellektueller Fähigkeiten. (Keine Angst, hier geht es nicht um die oftmals von jeglicher Sach- oder Fachkenntnis befreite Kommentarritis auf Facebook oder anderen gleichgelagerten Foren in sozialen Netzwerken)

Bei der Benennung und dem Erkennen von Fake News geht es vorrangig um logisches Denken, korrekter Ableitung von Schlussfolgerungen aus bestimmten Vorgaben und korrektem Verstehen von Zusammenhängen.

Dass 14 Prozent (Rund 7,5 Millionen) der berufstätigen Bevölkerung sogenannte funktionale Analphabeten sind, also nur über mangelnde Lese- und Rechenkompetenz verfügen, beklagte in diesem Frühjahr schon Kanzlerin Angela Merkel. (2,3 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren gelten der Studie „Level-One Survey“ zufolge als vollständige Analphabeten. Sie können ihren Namen und einzelne Worte schreiben. Ganze Sätze aber können sie weder lesen noch verstehen)

Im Wiederspruch dazu weist die Alphabetisierungsrate, eine Kenngröße über die Fähigkeit der deutschen Bevölkerung im Alter von 15 Jahren, einen kurzen, einfachen Text über ihr alltägliches Leben lesen und schreiben zu können, amtlich mit 99 Prozent aus.

(Im Umkehrschluss kann man aus den oben genannten Daten jedoch nicht ableiten, dass die Mehrheit der Deutschen längere Texte, Statistiken oder komplexere Themen im Sinne von „Verstehen“ zweifelsfrei erfassen könne)

Nimmt man jetzt noch das Ergebnis einer Ipsos-Untersuchung vom August 2017 hinzu, nach der „jeder zweite Deutsche gesteht, von Finanzen nichts zu verstehen“, (im weitesten Sinn also auch weniger anspruchsvolle arithmetische Rechnungen nicht durchführen kann) verwundern die Ergebnisse einer internationalen Untersuchung/Befragung zu Lügenpresse, Fake News und alternativen Fakten nicht.

Was verstehen Sie unter dem Begriff „Fake News„?

Eingangs der vom „Ipsos Institut“ repräsentativ in Deutschland und weiteren 26 Ländern durchgeführten Befragung, wurde den 19.243 teilnehmenden Personen die Frage gestellt, was sie unter dem Begriff „Fake News“ verstehen. (Alle Befragten der Studie waren zwischen 16 und 64 Jahre alt, in Kanada und den USA zwischen 18 und 64 Jahre)

Was verstehen Sie unter dem Begriff „Fake News“? (Antworten in Deutschland/Mehrfachnennung möglich)

  • 62 %Geschichten, in denen die Fakten falsch sind.
  • 26 %Geschichten, in denen Medien oder Politiker nur die Fakten wählen, die Ihre Argumente stützen.
  • 25 %Ein Begriff, den Politiker und Medien verwenden, um Nachrichten zu diskreditieren, denen Sie nicht zustimmen.
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Dabei ist nur jeder dritte Bundesbürger (30%) der Überzeugung, häufig oder regelmäßig auf Nachrichtenberichte zu stoßen, in denen bewusst Falschmeldungen verbreitet werden.
Im Gegenzug geben vier von zehn Deutschen (42%) an, eher selten oder nie Falschnachrichten in den Medien ausfindig zu machen.

Diese letzten beiden Aussagen könnten die „Wahrheitslieferanten“ in Funk, Fernsehen und Printmedien fürs erste beruhigen. Wäre da nicht der große Rest dieser Untersuchung.

Konterkariert werden obige Selbsteinschätzungen nämlich, wenn man die Antworten auf die Frage betrachtet, ob sich die Befragten überhaupt in der Lage sehen, Falschmeldungen als solche zu erkennen.

Deutsche schätzen eigene Medienkompetenz in Bezug auf Fake News als gering ein

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Nicht einmal jeder zweite Deutsche (47%) ist davon überzeugt, Falschnachrichten auch als Falschnachrichten erkennen zu können.

Das zeigt sich auch bei der Fremdwahrnehmung.

Mit 53% überwiegt der Anteil der Deutschen die glauben, der Durchschnittsbürger des eigenen Landes sei nicht im Stande, wahre Begebenheiten und Unwahrheiten voneinander zu unterscheiden.

 

Die Mehrheit zweifelt an der Einschätzungs- und Differenzierungsfähigkeit ihrer Landsleute. (Grafik links)

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Und nicht nur das. 62% der in Deutschland befragten Personen denkt, dass sich die Menschen in Deutschland nicht mehr für Fakten interessieren, die Menschen glauben einfach, was sie wollen (Grafik rechts)

 

 

Nur die ANDEREN leben in einer Filter Blase

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55% denken, dass ihre deutschen Landsleute in einer Filter Blase leben, meistens auf der Suche nach Meinungen, denen sie bereits zustimmen.
ABER nur 22% sehen sich in ihrer eigenen Blase lebend.

„Die“ Wahrheit unter vielen möglichen Wahrheiten zu finden wird zunehmend schwieriger.

Besonders wenn das Vertrauen in die Politik sinkt und nach Ansicht der Befragten der Missbrauch von Fakten zunimmt.

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Frage:
Glauben Sie, dass der Durchschnittsdeutsche heute mehr oder weniger darauf vertraut, das Politiker die Wahrheit sagen als vor 30 Jahren.

5% glauben an mehr,
65% glauben an weniger Vertrauen gegenüber Politikern.

 

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Frage:
Glauben Sie, es gibt mehr oder weniger Lügen und Missbrauch von Fakten in Politik und Medien in Deutschland als vor 30 Jahren?

46% glauben es gäbe mehr,
13 % glauben es gäbe weniger davon in Deutschland.

 

Dr. Robert Grimm, Director Ipsos Public Affairs, bewertet die Ergebnisse der Umfrage wie folgt:
In den Daten wird eine Resignation vor der Komplexität der Lebenswelten und dem Datenüberfluss in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft ersichtlich, in der es schwer fällt, sich in verschiedene Expertensysteme in Politik und Wirtschaft hineinzudenken.
Während sich Informationskanäle multiplizieren verlieren Staat, Wissenschaft und traditionelle Medien die Informationshoheit.
Sich emotionsgetriebenen Meinungsbildern hinzugeben, welche unmittelbare Erlebniswelten mittels leicht zugänglicher, bipolarer Gegenüberstellungen wie Opfer-Täter, Eliten-das Volk, Inländer-Ausländer gestalten, ist dabei eine einfachere Lösung als die Wahrheit unter vielen möglichen Wahrheiten zu finden.
Dort setzt der Populismus an
.“

Passend zum Thema hier der Ausschnitt aus einer Fernsehsendung vom 9. Nov. 2017 in der der damalige Außenminister Dietmar Gabriel überraschend deutlich und offenherzig auf die Lieferanten von Fake News einging.(Seine Einlassungen waren eventuell mit ein Grund dafür, dass er nach der Bundestagswahl 2017 bei der Regierungsbildung am 14. März 2018 als Außenminister ausgebootet wurde)

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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