Mein Dilemma bei der anstehenden Bundestagswahl

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Umgangssprachlich ausgedrückt stehen die wahlberechtigten Bürger Deutschland im Frühjahr 2025 vor einer Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Denn die Kanzlerkandidaten aus der Reihe der aussichtsreichsten Parteien bei der anstehenden Bundestagswahl kommen entweder von der CDU/CSU oder der SPD.

Die von anderen Parteien als Kanzlerkandidat ausgerufenen Personen, zu nennen wären hier Alice Weidel von der AfD und Robert Habeck von den Grünen, sind bei dieser Wahl nur Zählkandidaten. Von ihren Parteien nur zu einem Zweck nominiert: Die hinter den Zählkandidaten stehende Partei darf in einer auf die beiden Hauptprotagonisten fokussierten Wahlkampfberichterstattung nicht untergehen. Weidel und Habeck würden ja über sichere Listenplätze ihrer Landesverbände auch ohne Kandidatenbrimborium in den Bundestag einrücken. Doch der große Rest der auf deren Parteilisten stehenden Bundestagskandidaten könne nur ein Mandat erringen, sofern über deren Partei auch ausgiebig berichtet, und darüber Wähler mobilisiert werden können.  

Aber zurück zum Dilemma vor dem die Wähler bei der anstehenden Wahlentscheidung stehen.

In der linken Ringecke stehend hätten wir Olaf Scholz. Als Kanzler gescheitert, in der Bevölkerung unbeliebt aber von seiner Partei erneut als Kanzlerkandidat nominiert. Sein, in meinen Augen einziger Pluspunkt: Seine ablehnende Haltung gegenüber einer „Taurus“-Lieferung an die Ukraine!

In der rechten Ecke des Rings steht Kandidat Friedrich Merz. Leidlich begabter Oppositionsführer, als Kandidat beliebter als Scholz (Scholz 25%, Merz 52% Beliebtheit), fordert mehr Respekt für Besserverdienende, möchte Unternehmen steuerlich entlasten und bedient sich -so seine Kritiker- zuweilen rechtspopulistischer Rhetorik. Sein für mich einzig erwähnenswerter Pluspunkt: Er lehnt geschlechtergerechte Sprache, also „Gendern“, ab. Sein, für meine Wahlentscheidung dominierender Minuspunkt: Er möchte „Taurus sofort liefern.

Doch gewählt werden in Deutschland keine Kanzler, sondern die für ihre Nominierung verantwortlichen Parteien.

Und für die sieht es aktuell folgendermaßen aus: (INSA“-Umfrage zwischen 22. Und 25. November 2024) CDU/CSU: 32,5%, AfD: 19,5%, SPD: 15%, Grüne: 11%, FDP: 4,5%)

Sollte sich dieser Trend bis zum Wahlabend wirklich verfestigen, eine Annahme, von der man angesichts der aktuell noch untertourig laufenden Wahlkampfmaschinerie nicht ernsthaft ausgehen sollte, würde sich das Dilemma bereits abzeichnen. Merz müsste entweder mit der SPD oder den Grünen regieren. Das wären genau die Parteien, deren Protagonisten die derzeitige Lage Deutschlands verschuldeten. Sollte sich wieder erwarten eine über 5 % anwachsende FDP als Koalitionspartner anbieten, wäre das zwar der -öffentlich nicht zugegebene- Wunsch Koalitionspartner der CDU/CSU, doch nur das kleinere Übel in diesem Dilemma.

Mit der AfD, dem von der konservativen Ausrichtung her passendsten Partner zu koalieren, wäre selbst für den „Brandmauer“ abschwächenden Merz verbotenes Terrain.

Was bleibt sind das Selbstdoping von SPD und Grünen, durch das sie sich den Optimismus für „eine erfolgreiche Aufholjagd“ einreden wollen. Ganz so, als würden sich Wählerinnen und Wähler nicht mehr an die nicht eingelösten Aussagen und Einlassungen aus dem vergangenen Wahlkampf erinnern können.

Wähler sind bekanntlich vergesslich. Doch was Scholz, Habeck oder Baerbock bis gestern an fachlichem Dilettantismus oder Wählerverachtung (Baerbock: „egal, was meine deutschen Wähler denken“) an den Tag legten, ist noch zu frisch, um schon vergessen zu sein.

Doch auch die sie tragenden Parteien sind nicht besser.

Die einstige Arbeiterpartei SPD, die sich in den letzten Jahren von ihren friedenspolitischen Ambitionen gelöst und die Partei von der plötzlich als kritikwürdig empfundenen sozialdemokratischen Politik ihrer einstigen Protagonisten entkernt hat, sieht Sicherheit und Stabilität in Europa nicht mehr mit, sondern nur noch gegen Russland gewährleistet.

Die früher von ihr favorisierte, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sichernde Energiepolitik wird heute als völlig falsche Abhängigkeit von Russland gesehen. Wenn die SPD nun im angekündigten „knackigen Wahlkampf“ Themen aufgreifen möchte „die die Menschen bewegen“, für „Menschen kämpfen“ möchte, „die Angst um ihren Arbeitsplatz haben und deren Einkommen unter Druck sind“ und sich trotzdem „nach Feierabend für unsere Demokratie einsetzen“, dann müssten die Wähler doch spüren, erkennen oder auch nur erahnen, dass dieses „kämpfen“ sehr aufgesetzt daherkommt. Und diese Themen bestenfalls nur bis zum Wahlabend „bespielt“ werden. Nach der Wahl würde sich die SPD durch nichts, aber auch gar nichts von der SPD der vergangenen drei Jahre unterscheiden.      

Über die vormals bedingungslose Friedenspartei Bündnis 90/Die Grünen, die von „keine Waffen in Spannungsgebiete“ zum größten Befürworter für Waffenlieferungen in der noch amtierenden Regierung mutierte, erübrigt sich jedes weitere Wort. (Hofreiter: Taurus an die Ukraine nicht zu liefern, sei „verheerendes Signal“ an Moskau)

Das ist die gegenwärtige Ausgangslage.

So wie ich sie sehe, und ich sehe sie durch die Brille eines nach Frieden strebenden Menschen, komme ich aus diesem Dilemma unerwünschter Ergebnisse nicht heraus, wenn sich der oben beschriebene Trend nicht grundlegend ändert.

Bei dieser Wahl ende ich womöglich als Nichtwähler. Nichtwähler aus Angst das absolut falsche, oder etwas absolut Wirkungsloses anzukreuzen!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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