Political Correctness (PC) – Eine an sich gute Idee verkaspert.

Lesedauer 17 Minuten

82 Prozent der Deutschen sind bereits von „PC“ genervt.

Wann erledigten sie zuletzt einen Behördengang  oder können sie sich noch an die Zeit erinnern, als sie ihre Bankgeschäfte nicht online, sondern in einer Bankfiliale am Schalter erledigten? Und haben sich dabei  ab und an gewundert, hinter dem Schalter keinem Seriosität ausstrahlenden  Sachbearbeiter, sondern einem Paradiesvogel gegenüber zu stehen?

Einem Paradiesvogel , der nicht dem Dresscode seiner Tätigkeit folgend, sondern ihnen in einem entweder bewusst oder ungewollt ungeschickt kombiniert wirkenden Outfit gegenüberstand.

Unweigerlich stellt man sich da doch Fragen: Hatte eine fürsorgliche Person vergessen ihm am Morgen tragbare Bürokleidung herauszulegen, waren seine für dem Job vorgesehenen Klamotten einfach noch alle in der Reinigung  oder unterliegt diese in gestreiftem Sakko, kariertem Hemd und  gepunkteter Krawatte dastehende Person einfach nur der falschen Einschätzung, Identität durch Kleidung zu inszenieren werde im beruflichen Bereich überbewertet?

Bis auf irritierende Blicke oder als Schilderung kurioser Erlebnisse dürfte diese Begegnung der besonderen Art nonverbaler Kommunikation in der Regel keinerlei Erregung entfalten. Solange ein bunter Aufzug, auch in denkbar unpassender Umgebung, nicht als rassistisch, homophob, fremdenfeindlich, antisemitisch oder als allgemein gegen Minderheiten gerichtet indiziert angesehen wird, kann er als Banalität des Alltags durchgehen.

Wäre diese Banalität aber, selbst am Super-Rabatt-Tag „Black Friday“, zum Beispiel mit einer Schwärzung des Gesichts, dem „Blackfacing*(1) verbunden, dann ……. dann wären wir mitendrinn in den Irritationen um diese „Political Correctness“ (PC), die in ihrem Kern, dem Gleichheitsgrundsatz, Minderheiten und Unterprivilegierte vor Diskriminierung  bewahren möchte, in ihrer mittlerweile in Deutschland um sich greifenden „free floating“-Ausprägung jedoch realitätsverleugnende Züge annimmt.

Hatte der oben geschilderte Paradiesvogel eventuell einfach nur Pech, das ihm das ihn umgebende Umfeld keinerlei Richtwerte bezüglich eines korrekten beruflichen Outfits an die Hand gab, ermächtigt sich seit den 1990er Jahren in Deutschland eine normierende Öffentlichkeit, darüberhinausgehende, als unerwünscht erkannte Verhaltensweisen mit empörungsindizierten  Instruktionen zu beseitigen.

Die Ende der 60er Jahre an nordamerikanischen Universitäten vorwiegend von Linken, Schwarzen und Feministinnen geprägt Ideologie der „Political Correctness“ (PC) zielte darauf ab, zum Beispiel Sprachregelungen und Verhaltensmuster in Schulen und Universitäten durchzusetzen, die eine Diskriminierung von Minderheiten ausschließe. Erhofftermaßen sollte damit gleichzeitig eine Veränderung  gesellschaftlicher Machtstrukturen einhergehen.

Mittlerweile, nicht zuletzt wegen  maßloser Ausformungen, ist „PC“ bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Respekt vor den Bräuchen anderer Kulturen) in Nordamerika genauso verpönt  wie  etwa der  Kommunismus. Daran können auch vereinzelt aufflammende Aktionen von „politisch Hyperkorrekten“ nichts ändern.

Das scheint bei Deutschlands „PC“-Opologeten noch nicht angekommen zu sein. Wobei auch  spezifische, historisch bedingte US- Konfliktlagen, gemeint sind hier der weiße Rassismus hauptsächlich gegenüber Hispanos oder Latinos (Bevölkerungsanteile 17,6 %) und Schwarzen oder Afroamerikanern (Bevölkerungsanteil 12,7 %) als Treiber der „PC“-Ideologie auf Deutschland nicht übertragbar sind.

Erschwerend kommt hinzu, das jede Minderheit, oder auch jede Person die sich spontan  als Mitglied einer Minderheit fühlt,  selbst bestimmen will, was im Umgang mit ihr politisch korrekt sei.

Jeder Mann sollte mal den Selbstversuch wagen, einer fremden Frau die Tür aufzuhalten oder ihr in einem überfüllten Verkehrsmittel einen Platz anzubieten. Seien sie nicht überrascht, wenn „Frau“ ihre Selbstbehauptung offensiv demonstriert, indem sie ihnen ihre Höflichkeit als typisch männliche Diskriminierung oder Sexismus auslegt.

In der Sturm- und Drangphase der US-amerikanischen „PC“-Bewegung  war es an einigen Universitäten verboten, „Angehörige von Minderheiten abfällig anzuschauen oder in deren Gegenwart laut zu lachen, da dies als Beleidigung aufgefasst werden könnte. Dass man eine bestimmte Person  nicht  habe  beleidigen  wollen,  galt  nicht  als  Ausrede,  da  die  Regel  galt,  das  Opfer bestimmt, wann es diskriminiert wurde und nicht der vermeintliche Täter“. (Frederik  Pleitgen in „Arbeitspapier Political Correctness in der (inter)nationalen Politik: Zur Genese und Verbreitung eines Konzepts“. -Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin,2001)

Bei deutschen „PC“-Vertretern ist alles irgendwie im Fluss. Ungeschriebene „PC“ Übereinkünfte die bis gestern noch Gültigkeit besaßen werden heute dem persönlichen Empfinden angepasst oder überdehnt, uminterpretiert oder hinsichtlich eines individuell abrupt irgendwie anders empfundenen Zeitgeists relativierend ausgeweitet.

Die „Opfer“ und „Täter“ Einteilung.

Ganz wichtig dabei: Man kann immer nur einer Kategorie angehören. Nie beiden. Auch nicht zu unterschiedlichen Zeiten oder in unterschiedlichen Situationen.

Wurde für jemand festgelegt  (oder für sich selbst erkannt) Er oder Sie gehöre zu den Opfern, dann sind sie es für immer. Selbst wenn sie Täter wurden. Gleiches gilt für die sogenannten Täter. Eher würde die Hölle einfrieren bevor weiße Männer gemäß PC-Ideologie jemals einen Opferstatus erlangen würden.

Frauen hingegen sind lt. „PC“ sogar multiple Opfer. So sind sie zum Beispiel Opfer mangelnder Gleichstellung, mangelnder Genderisierung, sexueller Belästigung, sexistischer Sprache. Und wenn gerade keiner hinsieht oder nachrechnet dann gehören Frauen -im Wiederspruch zur Bevölkerungsstatistik*(2)– auch  mal schnell einer Minderheit an.  (Wenn Frauen jedoch den Status einer „Oma“ erreichen, ist es aus mit der Opferrolle. Dann darf man sie, wie im Dezember des Jahres 2019, in einem verunglückten Klimasong des WDR als „Umweltsau“, oder, ein Mitarbeiter dieser Anstalt setzte noch eins drauf, sogar als „Nazisau“ beschimpfen“)

(Oh, gerade läuft Westernhagens Lied „Sexy“ auf Rock Antenne. „Du bist `ne Waffe, für die es keinen Waffenschein gibt“. Den bräuchte er aber nicht wegen ihres Intellekts sondern wegen ihrer langen Beinen, zwischen denen er gefangen ist. Eine Frau, reduziert auf Männerfantasien. Oh Mann, ist das frauenfeindlich. Wo ist ein „PC“-Blockwart wenn man mal einen braucht?)

Zum Reinkommen, sozusagen zum Warmlaufen in diese „PC“-Denke, ein anfänglich von der Presse nur mit spitzen Fingern aufgegriffenes, mittlerweile aber gut dokumentiertes Beispiel aus der Silvesternacht 2015/16 am Dom in Köln.

Dabei kam es zu „sexuellen Übergriffen auf Frauen durch Gruppen junger Männer vornehmlich aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum“.(WIKI) Der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas bezeichnete die Vorfälle als  einen „zeitweiligen Zivilisationsbruch“ durch enthemmte Horden.

Von offizieller Seite gab es dazu (nach internen „Abstimmungsgesprächen“) anfangs nur verharmlosende, die Vorfälle verschleiernde Pressemitteilung. In diesen „Abstimmungsgesprächen“ wurde auch entschieden „die Herkunft von Tatverdächtigen aus der Silvesternacht zu verschweigen“. Bitte, bitte, nur keine Diskussion über junge, männliche Migranten. (Wir erinnern uns. Die Diskussion über die Auswirkungen von Merkels „Grenzöffnung“ war gerade in vollem Gang)

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ befolgte man in Köln mit der zurückhaltenden Beschreibung der Vorfälle „eine allgemeine Vorgabe aus dem NRW-Innenministerium“. Dieses hatte bereits im Jahr 2008 mit der bindenden „Leitlinie für die Polizei des Landes NRW zum Schutz nationaler Minderheiten vor Diskriminierungen“ die Dienststellen angewiesen „im internen wie externen Gebrauch jede Begrifflichkeit zu vermeiden, die von Dritten zur Abwertung von Menschen missbraucht beziehungsweise umfunktioniert oder in deren Sinne interpretiert werden kann“.

Die Nennung der nachweislich in der Silvesternacht bereits von der Polizei als Täter erkannten Personengruppen war den Verantwortlichen „zu heikel“. (Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erhob den Vorwurf, sobald es um Vorwürfe gegen Ausländer gehe, greife ein „Schweigekartell)

Andreas Scheuer (damals CSU-Generalsekretär)  wollte den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht durch falsch verstandene Vorsicht aufs Spiel gesetzt sehen.

Bis Dezember 2017 wurden wegen der Vorfälle insgesamt  1.210 Anzeigen erstattet. Die Hälfte davon betrafen Sexualdelikte. Die Aufklärung aller Fälle gestaltete sich schwierig bis größtenteils unmöglich. (Überforderte Polizei, schlechtes Bildmaterial, abgetauchte Täter) Es ergingen 37 Urteile, davon sechs wegen sexueller Nötigung. (In den oben erwähnten „Abstimmungsgesprächen“ in der Silvesternacht kam man auch überein, der Presse nahezulegen, das Wort „Vergewaltigungnicht zu verwenden. Im Zuge der danach erfolgten Aufarbeitung sprach man in 27 Verfahren von versuchter oder vollendeter Vergewaltigung)

Zwischenzeitlich liegen auch Angaben zu den Tätern vor:

Von 290 namentlich bekannten Beschuldigten galten 101 als Algerier, 91 als Marokkaner, 37 als Iraker, 29 als Syrer und 25 als Deutsche. 122 Beschuldigte waren Asylsuchende, 52 lebten zur Tatzeit illegal in Deutschland. Bei den Übrigen blieb der Status ungeklärt.

Und wir kennen die Opfer: Frauen.

Bis hierher kennen wir nun die juristische, realitätsbezogene Betrachtung.

Doch die schien, besonders zu Beginn der Aufarbeitung in der veröffentlichten Betrachtung keine Rolle zu spielen. Die wichtigste Betrachtung der Vorfälle am Kölner Domplatz erfolgte zunächst gemäß der „PC“- Ideologie. Doch diese Ideologie folgt grundsätzlich keiner juristischen Bewertung. Sie folgt eher einer Geisteshaltung, deren Widersprüchlichkeit erkennbar wird, sobald wie hier zwei Opfergruppen miteinander kollidieren. Frauen und „Migranten“.

Die Opferhierarchie und ihr Opferpotential

In der empirisch belegten Opferhierarchie der PC“- Ideologie stehen „Migranten“ ganz oben. Sie haben das größte Opferpotential. (Opferpotential klingt furchtbar, wird aber von den Ideologen so gesehen) In dieser Hierarchie stehen unter den an sich schon problembehafteten Migranten (wenig Bildung, eigene Erfahrung als Opfer von Gewalt) zuerst Minderheiten (suchen sie sich eine aus), dann Kinder, Frauen und am Ende der Hierarchie finden sich die Männer. (Irgendwo dazwischen stehen noch die „Opfer“ der „Klimaleugner“ oder von „Rechtspopulisten“)

Die Kenntnis  der Reihung in dieser PC-Opferhierarchie ist wichtig, um die einsetzenden eigenwilligen Bewertungen verstehen zu können, nachdem die tatsächlichen Vorfälle durch Berichte in kleineren Internetportalen sukzessive relevanter wurden. (Ja, ja, das Internet und seine kleinen Portale. Sind das nicht die mit den Fake News? Hört man doch immer)

Nicht nur die Mainstream Medien, auch Frauenverbände oder für gewöhnlich lautstarke Frauendiskriminierung anprangernde Aktivistinnen betrieben eine merkwürdige Realitätsanpassung. Ganz im Sinne der PC-Ideologie blieb eine der Opfergruppen, hier die Frauen, als „Opfer“ auf der Strecke.

Die Argumentationsschiene ging folgendermaßen:

Waren die „Täter“ wirklich Täter oder doch eher Opfer der westlichen Gesellschaft?

Ist das Einführen eines Fingers in bestimmte Körperöffnungen von Frauen bereits eine Vergewaltigung?

Oder, noch ein typisches Beispiel für diese relativierende Betrachtung der Täter:

„Hatten sie (die Täter) Zugang zu Integrationsmaßnahmen?Wie konnten sie wissen, dass Vergewaltigung in Deutschland nicht in Ordnung ist. (Die damalige  Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter am 11.Mai 2016 bei „Maischberger“)

Simone Peter gelang sogar das Kunststück, in einer ersten Pressekonferenz zu den Vorfällen in Köln nach einer sehr kurzen Benennung von Tätern und Opfern, sehr ausführlich auf den von ihr erkannten Missstand einzugehen, das es ja überproportional Deutsche Männer seien, die in der Vergangenheit Frauen vergewaltigten und der Staat beim Schutz der Frauen vor Gewalttaten deutscher Männer versagt habe.

(Frau Peter hatte bei der Gewichtung der Zahlen recht. Doch das war, wie immer bei „PC“ konform formulierten Angaben –und  in diesem Fall unterstelle ich ein bewusstes Ablenkungsmanöver– nur die halbe Wahrheit.

Zur Einschätzung der aktuellen „Gewaltbereitschaft“ hier Zahlen aus dem Berichtsjahr 2018 der jährlichen BKA Studie zur Partnerschaftsgewalt:  

Von insgesamt 117.473 in den Kategorien Mord und Totschlag, Körperverletzungen, sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergwaltigung, Bedrohung, Stalking Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0%) deutsche Staatsangehörige. Ein Drittel der männlichen Täter besitzt keine deutsche Staatsangehörigkeit, was bei einem Ausländeranteil von zwölf Prozent in Deutschland ein überproportionaler Anteil ausländischer Täter wäre. Die Studie wurde von der Familienministerin übrigen „PC“ konform verkauft: Partnerschaftsgewalt komme in allen sozialen Schichten und allen ethnischen Gruppen vor)

Würde man im gesellschaftlichen Diskurs nun an einer falschen Stelle auf das Problempotential bei „Migranten“ hinweisen -warum sonst die erforderlichen Integrationsmaßnahmen- wäre man sofort Rassist und dürfte sich Belehrungen über den Schutz ethnischer Minderheiten anhören. Kritik an der „PC“-Ideologie wird von davon beseelten Kreisen ja ganz allgemein bereits als ultrarechts diffamiert.

Wie weit diese Zurückhaltung gegenüber „Minderheiten“ und fremdländischen Tätern gehen kann zeigen zwei weitere Beispiele aus Deutschland. Beides Fälle, so „PC“-Kritiker, von falsch verstandener Rücksichtnahme in Zeiten grassierender „PC“-Ideologie.

In Kassel verschwiegen Schülerinnen sexuelle Übergriffe durch Ausländer. Begründung: Weil sie nicht zu einer Diskriminierung von Flüchtlingen beitragen wollten.

Eine damals 24-jährige Nachwuchspolitikerin (Selin Gören, Bundessprecherin des Jugendverbandes der Partei Die Linke) wurde von drei Männern mit vermutlich arabischem Hintergrund zu Oralsex gezwungen. Ihre Reaktion: Sie ging zwar zur Polizei, zeigte aber nur den Diebstahl ihrer Tasche an. Sie gab an, die Täter hätten Deutsch gesprochen.

Im „Spiegel“ erklärte sie später, diese Falschaussage erschien ihr „politisch opportun“, da die Wahrheit nicht in ihr politisch korrektes, vom Kampf gegen Rassismus und Sexismus geprägtes  Bild gepasst hätte.

Zwölf Stunden nach ihrer ersten Aussage revidierte sie auf Anraten ihres Freundes ihre erste Aussage gegenüber der Polizei. Die Täter hätten sie vergewaltigt und nicht Deutsch, sondern Kurdisch oder Farsi gesprochen.

Kein Wunder, wenn 82 Prozent der Deutschen (Demoskopie Allensbach) von dieser „zeitgenössischen Krankheit, die wir Political Correctness nennen“ genervt sind (Gabor Steingart im Morning Briefing)

Besonders bestätigt fühlen können sich die Genervten spätestens, wenn sie ihren Unmut begründen um anschließend dafür verlacht zu werden. Man müsse heute sehr aufpassen, so die Begründung, zu welchen Themen man sich wie in der Öffentlichkeit  äußert. Denn es gebe viele ungeschriebene Gesetze, welche Meinungen akzeptabel und zulässig sind. (Demoskopie Allensbach)

Das stimme doch nicht, erklären darauf „PC“-Enthusiasmierte.

Schließlich gäbe es doch Meinungsfreiheit in Deutschland. Solange man sich an die einschlägigen Gesetze hielte könne man alles sagen. Wie oberflächlich und vorgeschoben diese Betrachtungsweise ist, wird im Verlauf dieses Artikel noch beleuchtet.

Wenn man sich im beruflichen wie privaten Umfeld mit Personen unterhalten kann, die täglich in der Notaufnahme, als Sanitäter, bei der Polizei oder Feuerwehr, als Fahrer oder einfach nur Mitarbeiter im ÖPNV, als Mitarbeiter eines Supermarktes oder ganz allgemein als Beamter oder Angestellter im öffentlichen Dienst ihrer Arbeit nachgehen, kann man den oben erwähnten  82 Prozent  der „Genervten“ nachspüren.

Sie alle stehen durch ihre Arbeit im täglichen „Kundenkontakt“. Dabei werden sie mittlerweile bedroht, bespuckt, geschlagen, getreten oder im günstigsten Fall nur verbal beleidigt.  Sie kommen in Situationen, in die ein (Sorry) „PC“ beseelter Sesselfurzer bestenfalls als zufälliger Zuschauer kommen würde. Delikte in die nach Angaben von  Betroffenen „Zuwanderer“ überproportional verwickelt sind.

(Problematisch daran: Sofern diese Vorfälle nicht zu erheblichen Auswirkungen führen -größere Verletzungen oder entschiedene körperbetonte „Notwehr“ der Opfer- werden diese Delikte nur selten Thema in der Berichterstattung. Denn Anzeigen dazu werden immer seltener erstattet. Wenn sie dann doch einmal Thema werden, versucht man in der Berichterstattung die Nationalität -außer es wäre die Deutsche- oder augenscheinlich fremdländische Merkmale der Täter nicht zu nennen. Man wolle schließlich keine Vorurteile schüren)

Warum soll es Vorurteile verhindern, wenn in Polizeiberichten oder Fahndungsaufrufen der bayerischen (und seit Anfang 2020 auch der österreichischen) Polizei Nationalität oder ethnische Zugehörigkeit in Nachrichten nicht genannt werden (müssen), der Bürger aber gerade dann von ausländischen Tätern ausgeht, weil er durch sein persönliches Erleben oder aus privaten Schilderungen genau diese Nationalitäten-Lücke, eventuell sogar fälschlicherweise für sich schließen wird.

Wenn man einerseits in Deutschland auf Grund der „Migration“ aus anderen Kulturkreisen wegen deren „Andersartigkeit“ großen Wert auf Integrationsmaßnahmen legt, kann es da als Diskriminierung gewertet werden, wenn in der öffentlichen Berichterstattung diese kulturelle Divergenz bei Straftaten Erwähnung findet? (Siehe oben: Wie konnten sie wissen, dass Vergewaltigung in Deutschland nicht in Ordnung ist)

Zumal, und das gilt für alle Täter, also auch für deutsche, nicht die Nennung der Nationalität, sondern der Sachverhalt als solcher die Provokation darstellt.

Gerne genommen: Wer „PC“ kritisiert hilft den „Rechten“. Natürlich den ganz rechten.

Plötzlich ist politisch Korrekt ein Schimpfwort“ meint z.B. „Gernot Hassknecht“ am 1. November 2019 gegen Ende der „heute-Show“. Was sei denn daran verkehrt, „Minderheiten nicht zu diskriminieren“? Jeder der behaupte, „man darf in diesem Land nicht mehr alles sagen, redet Quatsch und hilft den Rechten. Ob er will oder nicht“.

Ich behaupte jetzt mal,  jeder der so argumentiert oder derartiges einem kleinen dicken Fernsehclown in der zunehmend im „PC“-Mainstream-Fahrwasser dümpelnden „heute Show“ ins Script schreibt, an dem ist die Zeit irgendwie vorbeigegangen oder dessen Kurzzeitgedächtnis hat seinen Betrieb eingestellt.

Denn nur einige Tage zuvor,Ende Okt. 2019, konnte man im „Spiegel“ (Nr.44) von der deutschen  Wissenschaftsministerin Anja Karliczek zum Thema lesen: „Bis in die Mitte der Gesellschaft hinein gibt es heute das Gefühl, man dürfe nicht mehr alles sagen. Wir müssen aufpassen, den politischen Diskurs nicht so zu verengen, dass wir einen Teil der Gesellschaft verlieren“.

Autsch. Diese Aussage einer Ministerin kontrastiert stark mit einem in der „NZZ“ nachzulesenden Vorgang der verdeutlicht, das auch der Staat (wie in Köln) bestimmte Begriffe aus der öffentlichen Berichterstattung ausgeblendet sehen möchte.

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise erhielten Redaktionen, die den Begriff «Asyltourismus» verwendeten, den Anruf einer Regierungsstelle mit der höflichen Bitte, man solle doch dieses Wort nicht mehr benutzen“.

(Der Begriff „Asyltourismus“ wurde zuvor bereits in einigen EU-Dokumenten oder in einem 2014 von Jean-Claude Juncker vorgelegten „FÜNF PUNKTE PLAN ZUR  EINWANDERUNGSPOLITIK“ verwandt)

Wie gut wenn man da noch die Kurve kriegt. Ein Redakteur der „FAZ“ wähnte sich in einem Artikel über Metzgereien „fast schon an der Grenze des Sagbaren“, weil er darin zugab „gern Wurst zu essen“. (Eifernden „PC“-lern dürfte dieser Artikel trotzdem die Laune verderben, beschreibt der Autor doch darin „Mohrenköpfle“, eine Schweinerasse, die „aufgrund ihrer charakteristischen Färbung“ so genannt wird.

Erkannte der „FAZ“ Redakteur in seinem Artikel noch halbwegs die Grenze, hatte ein Arzt an einer Münchner Kinderklinik, wie die Sendungquer“ des Bayerischen Fernsehen vom 16.Januar 2020 in einen Beitrag über Personalmangel in unterfinanzierten Kinderstationen zeigte, diese Grenze des Sagbaren wohl überschritten.

Beispielhaft zeigte man in Archivaufnahmen aus dem Sommer des vergangenen Jahres das Innenleben eines Münchner Kinderspitals, in dem ein Oberarzt das Kamerateam durch mehrere Zimmer mit voll ausgestatteten Behandlungsplätzen, aber ohne Betten und Patienten führte. „Hier könnten kranke Kinder liegen“ so der Arzt. Doch wegen des Personalmangels, so der Sprecher im Beitrag „können Kinder immer wieder nicht aufgenommen werden. Selbst in der Intensivstation“. Eine Abwärtsspirale in der „wir schon seit langem Hilfe schreien“ erklärt der Arzt.

Heute darf er [dieser Arzt] sich  nicht mehr öffentlich äußernerfährt man ganz nebenbei im Video. (Im Internet finden sich weitere seriöse Quellen mit Schilderungen zu  arbeitsrechtlich durchgesetzten „Redeverboten“ für Ärzte und Pfleger an Krankenhäusern und Altenheimen)

Dieses exemplarisch für andere stehende Beispiel der Sorte „man kann/darf  n i c h t  alles sagen“, ist nun so gar nicht „Rechts“ zu verorten und dürfte gerade deshalb auch dem oben zitierten Fernsehclown nicht gefallen. Ebenso wenig wie es einem Redakteur des „Süddeutsche Zeitung Magazin“ gefallen dürfte.

Der fragt sich in dem Beitrag „Eine Liebeserklärung an die »Politische Korrektheit“ vom Mai 2019, wenn sich die Mehrheit der Deutschen beklagt, es gebe zu viele sozial verordnete Redeverbote, könne es doch sein, „dass viele Menschen gar nicht wissen, was „PC“ eigentlich ist“? Denn „dieser Kampfbegriff ist eine wunderbare Sache die man nur lieben kann“. Bedeute er doch nichts anderes als „Menschenfreundlichkeit. Gutes Benehmen. Respekt“.  Und „wer sich gegen »politische Korrektheit« wehrt, will einfach nicht freundlich sein“. (Auch wenn dieser Schreiberling den Minderheitenschutz der „Glaubensgemeinschaft der fokussierten Unintelligenzler“ genießen sollte, muss es raus: Selten habe ich so einen Mist gelesen)

Genauso wenig  wie Sprache die Realität schaffen sondern diese nur abbilden soll, oder „die Kutte noch keinen Mönch macht, bleibt für mich, um ein Beispiel zu nennen, der jetzige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble trotz seines staatsmännischen Gehabes weiterhin der Mann, der den Bundestag belog, dubiöse Spenden von einem zwielichtigen Waffenhändler annahm und heute nichts mehr von seiner Einlassung in der „Welt“ vom 8.8.1991 wissen möchte, in der er „die Asylantenflut“ nach Deutschland gestoppt sehen wollte. Ist er ein anderer Charakter geworden nur weil man nicht mehr über diese Dinge spricht?

Wenn „Asylantenflut“ oder „Asyltourismus“ heute „PC“ konform als typisches Vokabular „der Rechten“ angesehen wird, dann frage ich mich, was sind dann Schäuble und Junker?

Im Gegensatz dazu werde ich den 1948 ermordeten Vater der indischen Unabhängigkeit, Mahatma Gandhi,  wegen seines gewaltlosen Widerstands gegen die britische Kolonialherrschaft immer in guter Erinnerung behalten, obwohl man ihn in Teilen Afrikas jetzt als Rassisten schmäht.

Der von der „PC“-Bewegung  unternommene Versuch, Diskriminierung größtenteils auf sprachlicher Ebene zu verhindern verkasperte sich zuerst in den  USA und jetzt auch in Deutschland nicht zuletzt durch immer individueller auftretende moralische Maßstäbe. (Um nur eine Ebene zu nennen) Wie die Situation in den USA zeigt führt sprachliche Tabuisierung nicht zur erhofften Wirkung. Diskriminierendes Denken und Handeln gegenüber Minderheiten hat sich nicht zum Besseren verändert. Man redet jetzt nur vorsichtiger darüber.

Also werde ich auch weiterhin ein „Zigeunerschnitzel“ zubereiten und mitleidig lächeln wenn ich es im Gasthaus als „Balkanschnitzel“ umdeklariert auf der Speiskarte finde. Ein Mohrenkopf verkörpert für mich auch weiterhin noch das französische Original „Tête de Nègre“, auch wenn ich es im Supermarkt jetzt unter „Schaumküsse“ suchen muss.

Und wenn’s jemand stören sollte, ich kann’s erklären. Denn bei mir haben diese Begriffe keinerlei rassistische oder diskriminierende Nebenbedeutungen.  Wenn da etwas mitschwingen sollte, wären das allenfalls Kindheitserinnerungen.

Und wer will sich die schon nehmen lassen.

*(1) Kanadas Premier Trudeau entschuldigt sich für Blackfacing. Er trat vor 18 Jahren beim Kostümabend einer Privatschule mit braun geschminkter Haut auf.

*(2) Nach letzten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) leben in Deutschland 83,1 Mio. Menschen – Davon 42,1 Mio. Frauen und 41 Mio. Männer

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

Schon gelesen?

Warum soll Fleisch teurer werden?

Geht’s wirklich nur um das Wohl der Tiere, oder steckt mehr dahinter?