Anwälte, Richter und das Bundesverfassungsgericht kratzen an der Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags.
Kein Empfangsgerät, keine Rundfunkgebühr. Das hat das Bundesverwaltungsgericht -sinngemäß- in einem aktuellen Urteil festgestellt. Geklagt hatte eine Hostel-Betreiberin, die die Zahlung des Rundfunkbeitrages für ihre „Empfangsgeräte freien“ Gästezimmer ablehnte. Dieses bahnbrechende Urteil fällt in eine Zeit, in der auch das Verfassungsgericht bis 31. Oktober 2017 Stellungnahmen von Landesregierungen, Rundfunkanstalten und anderen Verfahrensbeteiligten zu bohrenden Fragen hinsichtlich einer möglichen Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags einfordert.
Das themenbezogene Jahr begann am 3. Februar mit der Einlassung einer Richterin am Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, die in einer Verhandlung zum Klagebegehren gegen die Zahlung des Rundfunkbeitrages erkennen ließ, „daß sie voll und ganz auf der Seite des Klägers stehe“, ihr jedoch wegen der rechtlich vorgegebenen Zwangsmaßnahmen des Gebühren-Staatsvertrags rechtlich die Hände gebunden seien, und demzufolge der Klage auf Verweigerung der Zahlung nicht stattgeben könne.
Am 3. August 2017 befasste sich erneut ein Gericht, diesmal ein Landgericht in Tübingen, mit dem „ Rundfunkbeitragsstaatsvertrag/ RBStV sowie der Finanzierung und Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland“.
In diesem Verfahren ging es “primär um vollstreckungsrechtliche Fragen, insbesondere die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (Titel, Klausel, Zustellung)“. Der Vorsitzende Richter Dr. Sprißler zog dabei die „Vereinbarkeit einer nationalen Bestimmung mit dem Unionsrecht“ in Zweifel, und legte die Causa dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vor.
„Hintergrund sind die vielfältigen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Rundfunkanstalten, mit denen sie mit privaten Anbietern in Wettbewerb treten. Auch das Privileg der Anstalten, behördliche Bescheide selbst ausstellen und direkt vollstrecken zu dürfen, will er unter Gleichbehandlungsgrundsätzen geprüft haben“, fasst der GEZ-Kritiker Norbert Häring den Sachverhalt in seinem Blog zusammen.
Und jetzt, am 27. September, das spektakuläre Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das in der Sache „Zahlen der Rundfunkgebühr trotz Fehlen eines Rundfunkempfängers“ bereits zu Ungunsten der Klägerin ergangene berufungsgerichtliche Urteile revidierte, und die „Sache“ zur erneuten Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwies.
So richtig Fahrt aufnehmen dürfte die Diskussion um den Rundfunkbeitrag nach der Beantwortung der vom Bundesverfassungsgericht mit Frist bis zum 31. Oktober 2017 aufgestellten Fragen, zu denen die zuständigen Stellen zum Beispiel erklären sollen, warum es richtig sein soll, für eine Zweitwohnung den vollen Beitrag zu zahlen, obwohl man ja nur in einer Wohnung gleichzeitig sein kann.
Bei den oben angeführten juristischen Bewertungen in der Sache „Rundfunkbeitrag“ sollte man nicht verkennen, dass es sich dabei nur um Teilaspekte, nicht aber um den Rundfunkbeitrag an sich handelt. Die Rechtmäßigkeit der durch den „Rundfunkbeitragsstaatsvertrag“ (RBStV oder RBeitrStV) am 1. Januar 2013 festgelegten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten sowie ZDF und Deutschlandradio wird bei keiner, auch den noch anstehenden Entscheidungen in Frage gestellt. Es geht um die Höhe, den Umfang und die gesetzlichen Zwänge bei dieser von Kritikern auch „Haushaltsabgabe“ genannten Zwangsbeglückung.
Ich möchte auf „die öffentlich-rechtlichen“ nicht verzichten. Das könnte sich aber schnell ändern, wenn diese Anstalten nicht schleunigst auf die im § 10 des Rundfunkstaatsvertrags vorgegebene Pflicht von Unabhängigkeit und Sachlichkeit in der Berichterstattung zurückkehren. Und das nicht nur zu nachtschlafender, sondern in der Hauptsendezeit.