Bruckbach – Geisenfelder Wahrheiten

Lesedauer 6 Minuten

 

Dieser Beitrag wurde bisher 39 x aufgerufen.

Manches am Bürgermeister Dasein ist durchaus schmerzensgeldwürdig, so die Einschätzung eines Amtsträgers aus dem Landkreis. Zumindest wenn man etwas bewegen möchte. Kann man oder will man nichts bewegen und verschlimmbessert das Ansehen seiner Kommune sogar, möchte aber als Bürgermeisterdarsteller dabei trotzdem gut aussehen, sollte das Amt hingegen strafsteuerpflichtig werden.

Geisenfeld. 19:30 Uhr. Die Frisur sitzt. Im besten Anzug und in glänzender Laune erlebte man einen vorbildlich agierenden Bürgermeister Staudter bei seiner Würdigung der Jugendparlamentarier. Da stand er, ein Kommunalchef aus dem Bilderbuch und bedankte sich einzeln mit Urkunde und Büchergutschein bei den 6 ausscheidenden und 3 wiedergewählten des Geisenfelder Jugendparlaments. Man sei stolz auf sie. Ihr Wirken in der Kommunalpolitik sei von unschätzbarem Wert.

Er kann es ja, dachte man sich als Beobachter diese Szene auf der letzten Stadtratssitzung vom 22.März. Fast war man geneigt, des Bürgermeisters lautstarke Auftritte gegen anders meinende Stadträte zu vergessen, seine lückenhaften Sachvorträge bei der Einführung zu Tagesordnungspunkten zu negieren oder seine diplomatische Ungeschicklichkeit bei der Vergabe der Landratsamt Außenstelle als lässliche Sünde abzutun.

Man(n) erwischte sich sogar dabei, über seine im Zusammenspiel mit willfähriger Berichterstattung übertünchten Wissenslücken als Vorsitzender des Bauausschusses und sein widersprüchliches Hot und Hü in der Umgehungsstraßendebatte kurzfristig den Schleier des Vergessens zu breiten.

Doch … eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Ein Geselle wird nicht über Nacht zum Meister.

Bruckbach, Prolog: Ich war es nicht (Bürgermeister)

Tage später, das Bilderbuch war schon lange zugeklappt, ruderte der „echte“, der allseits bekannte Geisenfelder Bürgermeister Staudter schon wieder recht unbeholfen durch ein mediales Bruckbacher Unwetter, dessen Entstehung er auf eben dieser Stadtratssitzung vom 22.März selbst verursachte.

Der Stadtrat war auf dieser Sitzung gefordert, zum „interkommunalen Gewerbegebiet Bruckbach„, einem gemeinsamen Gewerbegebiet der Geisenfelder Nachbargemeinden Wolnzach und Rohrbach, seine Stellungnahme abzugeben.

Bruckbach, erster Akt: Wollen wir nicht

Wir sollten nicht zustimmen„, so die Aufforderung Staudters an die Stadträte. Gegen dieses Gewerbegebiet „habe man keinen Einwand an sich„, so Staudter in seiner kurzen Einführung zum Tagesordnungspunkt. Doch habe man dadurch zukünftig „auf der Nord-Süd-Achse sicher mehr Verkehr„. Was jetzt aktuell „noch nach Langenbruck läuft„, habe man zukünftig in Geisenfeld.

Ohne größere Debatte und Nennung weiterer Ablehnungsgründe beschloss der Geisenfelder Stadtrat einstimmig die Ablehnung. Weder wurden auf der Sitzung öffentlich die Auswirkung und das Für und Wider einer möglichen Autobahnanschlussstelle Bruckbach noch die Geisenfelder Süd-Umgehung thematisiert. Die Stadträte hatten gemäß eines nur ihnen vorliegenden -aber nicht öffentlich vorgetragenen- Beschlussvorschlags befunden. (Bei der Abstimmung nennt sich das: Beschluss gemäß Beschlussvorschlag)

In der Zeitung las sich das folgendermaßen:

Einstimmig hat sich der Geisenfelder Stadtrat gegen das geplante interkommunale Gewerbegebiet Bruckbach ausgesprochen – zumindest solange dort kein Autobahnanschluss besteht.

Jetzt muss man wissen, dass bei den der Stadtratssitzung vorangegangenen Fraktionssitzungen unterschiedliche Bewertungen von Teilaspekten eine Rolle spielten. Doch in der Summe führten alle Bewertungen zu einem großen Ganzen: Zur Ablehnung dieses Gewerbegebietes. Die einen sahen durch eine BAB-Anschlussstelle zusätzlichen Verkehr für Geisenfeld, andere sahen darin das genaue Gegenteil, also einen Abfluss des Verkehrs. Doch in allen Fraktionen war man sich darüber einig: Ob Anschlussstelle oder nicht, ob Geisenfelder Süd-Umgehungsstraße (in frühestens 15 Jahren möglich) oder nicht: Allein das Gewerbegebiet verursacht schon zusätzlichen Verkehr.

Bruckbach, zweiter Akt: Hätten wir das gewusst …..

Am Montag, 4 Tage nach der Stadtratssitzung, teilte das Bundesverkehrsministerium in einem Schreiben mit, die BAB-Anschlussstelle sei endgültig vom Tisch. Sie wird nicht gebaut.

Plötzlich gab es wegen des Geisenfelder Beschlusses Gegenwind aus den Gemeinden Rohrbach und Wolnzach. Das Gesprächspotenzial zwischen den Rathäusern war stark erhöht.

Und obwohl es bei diesem Geisenfelder Beschluss sehr wohl um die Auswirkungen einer fehlenden Anschlussstelle ging,(und in oben zitierten Zeitungsartikel schon angerissen wurde) verkündete Staudter über dieselbe Zeitung plötzlich das Gegenteil.
Wäre bekannt gewesen, die Autobahnanschlussstelle sei vom Tisch, hätte der Stadtrat nichts gegen das Gewerbegebiet gehabt.

Staudter stellte sogar eine neuerliche Abstimmung im Geisenfelder Stadtrat in Aussicht. Plötzlich wolle man „sich nicht in Angelegenheiten anderer Kommunen einmischen„, zitierte ihn die Wolnzacher Zeitung. (Was bitte war die erste Abstimmung?)

Da war er wieder, der paradoxe Mann auf dem Bürgermeisterstuhl, der im kommunalen Milchbottich unterzugehen droht und so lange strampelt, bis er auf der so erzeugten Butter endlich wieder über den Bottichrand sehen kann.

In diesen Bottich fiel er schon einmal, während der Umgehungsstraßendebatte. Indem er zuerst das eine ohne das andere nicht wollte, bald darauf das andere nicht bekam und nun doch das eine auch ohne das andere möchte. Strampeln ist die neue Wendigkeit.

Bruckbach, dritter Akt: Der voralpenländische Verfassungsdienst schaltet sich ein.

Regelmäßige „Bürgersicht“ Leser kennen die Verbindung zwischen dem Verfassungsdienst und der „Bürgersicht“ Redaktion. Wann immer es darum geht, die Verfassung der Stadt Geisenfeld zu stabilisieren, oder die demokratischen Strukturen in ihr zu verbessern, helfen die freundlichen Mitarbeiter des Dienstes. So auch diesmal. Sie lieferten uns, der modernen Technik sei dank, den original Beschlussvorschlag zum Thema.

Da dieser Vorschlag ohne Änderung des Wortlauts von den Stadträten auf der Stadtratssitzung vom 22. März einstimmig beschlossen wurde, kann sich jetzt jeder ein Bild davon machen, wie es bei diesem Sachverhalt um den Wahrheitsgehalt der Ausführungen von Bürgermeister Staudter bestellt ist.

Zum vergrößern bitte anklicken

Es wird interessant sein zu beobachten, ob es in dieser Sache eine erneute Abstimmung im Geisenfelder Stadtrat geben wird. Falls ja, wie sie ausfällt und was sich von dem hier aufgezeigten im offiziellen Protokoll der Stadtratssitzung noch wiederfindet.

Dass wir Geisenfelder mit dieser Aktion unseres Bürgermeisters erneut keine Sympathiepunkte aus den Nachbargemeinden einfahren werden, muss keinen verwundern. 

update (nach der Mai-Sitzung des Stadtrats) 

Im Mai 2012 wurde wirklich erneut abgestimmt. Doch das Ergebnis blieb gleich. Nur 6 von 19 Stadträten konnten sich nun eine Zustimmung abringen und somit blieb es bei der Ablehnung des Gewerbegebietes.(Das Nein Geisenfelds dürfte keinerlei Auswirkung auf die Entstehung des Gewerbegebietes haben. Die Entscheidung muss lediglich zur Kenntnis genommen und kann in einer Stellungnahme als unbegründet gewürdigt werden)

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

Schon gelesen?

Geisenfeld -Protest der Landwirte nimmt kein Ende

Landwirte in Oberbayern auf dem Weg zu einem Protesttreffen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert