Die „Blumentrog Affäre“ – Eine Geisenfelder Verwaltungsposse in zwei Akten

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Die Weihnachtsgeschenke waren fast vollständig eingekauft, da brachten am 23. Dezember ungebetene Gäste ein weiteres, weder zur Jahreszeit noch in die Landschaft passendes Geschenk: Ein Blumenkübel, genauer ein Blumentrog aus Beton behinderte plötzlich die Hauszufahrt von Franz UNBESCHOLTEN. Absender: Die Stadt Geisenfeld! Auf Nachfrage bei der Stadt wollte es zuerst keiner gewesen sein, doch nach und nach kam man der Ursache auf die Spur.

Der „bekübelte“ Grundstücksbesitzer Franz UNBESCHOLTEN hatte sich nicht der Willkür der städtischen Verwaltung unterworfen und sollte nun über Wochen und Monate die „bürgerfreundliche“ Seite der Geisenfelder Verwaltung und dessen Bürgermeisters kennenlernen.

Begonnen hatte alles mit einem Widerspruch gegen die Höhe erhobener Erschließungskosten. Ein Rechtsmittel, das zwar jedem Bürger zusteht, doch bei der Stadt offensichtlich für ernste Verstimmungen sorgte. (Man erinnere sich nur an die Vorgehensweise anlässlich der aufkommenden Umgehungsstraßen-Diskussion. „Handvoll Idioten“ war nur eine von mehreren Einlassungen)

Obwohl die Erschließungskosten in voller Höhe gezahlt wurden, sollte Herr UNBESCHOLTEN im Schussfeld der Verwaltung bleiben und unfreiwilliges Mitglied einer Geisenfelder Verwaltungsposse werden.

1. Akt

Plötzlich legte man ihm nahe, ohne Rechtsgrundlage und aus heiterem Himmel, seine Grundstückseinfahrt zu verlegen. Von der bisher genutzten Grundstücksseite auf die danebenliegende Seite. Hatte die Stadt doch dort, wegen eines anstehenden Baugebietes, einen schönen Wendehammer ausgeteert. Dass das Niveau des Wendehammers in der Höhe über dem Niveau seines gepflasterten Grundstücks lag, die Pflastersteine somit rausgerissen, der Hof zum Teil neu ausgekiest, der Zaun verändert und das Einfahrtstor verlegt werden müsste, schien bei der Stadt keinen zu interessieren. Wären ja nicht ihre, sondern die Kosten für den Grundstückseigentümer gewesen.

Um dem städtischen Anliegen Nachdruck zu verleihen, traf es sich gut, bei einem jahrelang schwelenden Nachbarschaftsstreit anzusetzen.

Die bisher Jahrzehnte lang genutzte Ausfahrt des Franz UNBESCHOLTEN führte, eine sogenannte „Grunddienstbarkeit“ nutzend, über den Grund einer -mit dem Grundstückseigentümer verwandten- Nachbarin. Wie immer in solchen Fällen reden die Nachbarn nicht mehr miteinander und sind seit Jahren, ohne sich noch an den eigentlichen Grund erinnern zu können, heftig zerstritten.

Das nah der Grundstücksausfahrt der Nachbarin stattfindende Ein- und Ausfahren des Herrn UNBESCHOLTEN stelle für die Nachbarin eine „Gefährdung“ dar, besonders wenn sie selber aus ihrer Ausfahrt fahren möchte. Dass sie mangels eigenem Auto nie aus ihrer Ausfahrt fährt, ist nur eine der Ungereimtheiten in dieser „Blumentrog-Affäre“.

Die Nachbarin habe nun -angeblich- die Stadt um Abhilfe gebeten, und ein, wie auch immer gearteter Lokalaugenschein erbrachte, an Hand von nahe am Briefkasten vorbeiführenden Reifenspuren im Schnee, den gewünschten Gefährdungstatbestand.

Ob die Reifenspuren vom vorher am Briefkasten anhaltenden Postauto stammten, oder vom Stunden vorher aus der umstrittenen Einfahrt kommenden Herrn UNBESCHOLTEN stammten, war offensichtlich zweitrangig.

Und so wurde, im Zuge einer, nennen wir sie „städtischen-verkehrs-sicherheits-pflicht“ mittels eines „gehetzt verordneten“ städtischen Blumentrogs, massiv in die Rechte des Geisenfelder Bürgers Franz UNBESCHOLTEN eingegriffen.

Sollte alles nur unter dem Vorwand städtischer Fürsorgepflicht (Verkehrssicherheit) erfolgt sein, um einen störrischen Grundstücksbesitzer mit Nachdruck daran zu erinnern, dass er städtischen Wunschvorstellungen, und seien sie noch so dreist, gefälligst nachzukommen habe?

Die betroffenen Bewohner des „bekübelten“ Grundstücks von Franz UNBESCHOLTEN konnten zwar noch -mit gutem Willen und viel Vorsicht -ihre Einfahrt auch weiterhin nutzen. Doch der Heizöllieferant, der Holzlieferant und sogar die Paketdienste mussten, wegen der Verengung der Zufahrt, ihre Fahrzeuge vor dem Grundstück abstellen. Der Blumentrog /Kübel verhinderte die ungehinderte Grundstückszufahrt größerer Fahrzeuge!

Um den Blumenkübel los zu werden, liefen Franz UNBESCHOLTEN und die Betroffenen nun von Pontius zu Pilatus. So mancher um Hilfe gebetene Stadtrat stand staunend und kopfschüttelnd vor diesem städtischen Willkürakt aus Beton. Keiner konnte sich so recht einen Reim auf diese Frechheit machen.

Stadtrat Franz Wittmann nutzte im April eine öffentliche Stadtratssitzung, um unter dem Punkt Anfragen die Sache vom Stadtrat besprechen und den Trog entfernen zu lassen. Und fing sich vom Bürgermeister eine rüde Antwort ein. „Wir machen schließlich nichts aus Jux und Tollerei. Nächster Punkt.“ Jetzt war die Sache öffentlich. Zumindest für „Bürgersicht“.

Franz UNBESCHOLTEN stellte nun selber einen offiziellen Antrag beim Bürgermeister auf Entfernung des Blumentrogs. Mit Kopie an alle Stadträte. Zur Behandlung im Stadtrat.

2. Akt

Und dieser Antrag wurde tatsächlich, ein knappes halbes Jahr nach Abladen der „Bescherung“, am Donnerstag, 10. Juni im Stadtrat behandelt. Aber, und jetzt hebt sich der Vorhang zum zweiten Akt der Verwaltungsposse, nicht in öffentlicher, sondern in „nicht öffentlicher Sitzung“.

Begründen im Regelfall nur Grundstücksgeschäfte, Personalangelegenheiten und Abgabenvorgänge eine Behandlung in nicht öffentlicher Sitzung, so wollten die Verantwortlichen in der Verwaltung unter dem Mäntelchen der nicht öffentlichen Stadtratssitzung und unter Missachtung der Rechtslage die Peinlichkeit verhindern, in einer öffentlichen Sitzung diesen städtischen Akt der Willkür erklären zu müssen.

Was sich im Vorfeld dank des Einsatzes einiger Stadträte bereits abzeichnete, wurde auch mit großer Mehrheit beschlossen. Die über das Ziel hinausgeschossene Verwaltung wurde angewiesen, diesen Blumentrog „zu entfernen“.

Ein gültiger Beschluss wurde vom Stadtrat gefasst, der Blumentrog sah seinem Abtransport entgegen und Franz UNBESCHOLTEN erwartete täglich die Männer vom Bauhof. Doch nichts geschah.

Weder wurde der Trog abgeholt, noch wurde Herr UNBESCHOLTEN vom Bürgermeister über das Ergebnis zu seinem Antrag unterrichtet und so erbat er schriftlich vom Bürgermeister eine „offizielle“ Auskunft. Die kam dann auch. 3 Wochen nach der Stadtratssitzung kam Post vom Bürgermeister. Und Besuch vom Bauhof.

Statt den Blumentrog, wie vom Stadtrat beschlossen, zu entfernen, teilte man Herrn UNBESCHOLTEN mit, den Trog zwar von der „bisherigen Stelle zu entfernen„, ihn dafür aber einige Meter weiter wieder abzustellen. Der Trog wurde nur verschoben!

Ein versetzen oder verschieben des Blumentroges wurde -nach „Bürgersicht„Informationen- ausdrücklich als mögliche Alternative vom Stadtrat abgelehnt, eine eindeutige „Entfernung“ wurde beschlossen.

Das „Verschieben“ war eine eigenmächtig vorgenommene Auslegung eines eindeutig anders gefassten Stadtratsbeschlusses. Der Bürgermeister genehmigte sich hier einen Ermessensspielraum, den er nicht hatte. Nach der Gemeindeordnung ist er gesetzlich verpflichtet, die Stadtratsbeschlüsse ohne eigenmächtige Abänderung 1 zu 1 umzusetzen.

Für die meisten Stadträte dürfte der eigenwillige Umgang des Bürgermeisters mit ihrem Beschluss zu einer neuen Betrachtungsweise über den Sinn ihrer Tätigkeit führen, für Franz UNBESCHOLTEN war selbst die Umsetzung des Blumentroges ein Fortschritt. Die gröbste Behinderung wurde für´s Erste vor seiner Einfahrt entschärft.

Ob auch größere Fahrzeuge nun wieder durch seine Einfahrt in seinen Hof fahren können, wird sich noch zeigen. Sollte sich dabei der um einige Meter zurückgerutschte Blumentrog immer noch als unüberbrückbares Hindernis erweisen, wird er den Stadtrat erneut um Hilfe bitten müssen. Um Hilfe bei einem Stadtratsgremium, das eigentlich selber Hilfe bräuchte.

Hilfe bei einem Bürgermeister, der ihren Stadtratsbeschluss einfach nicht umsetzt!

So manches ehemalige SPD-Mitglied kann sich noch an bitterböse Vorgänge im Ortsverein erinnern. Lästige Beschlüsse oder Protokolle habe er schon in seiner zurückliegenden Zeit als SPD Stadtrat und SPD Ortsvereinsvorsitzender in seinem Sinne „gerade gebogen“. Bestimmte Vorgaben seien doch „nur formaljuristischer Kleinkram“, den es in seinem Sinne zu begradigen galt. Warum sollte er nun als Bürgermeister eine Vorgehensweise aufgeben, die er wirklich gut konnte?

Der Vorhang am Ende dieser Verwaltungsposse schließt sich, doch offen bleibt eine Frage:

Sollte der Blumentrog demnächst dort endgültig abgeholt werden,

wen „beglückt“ die Stadt damit als nächstes?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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