Die Europäer müssen mehr Selbstständigkeit wagen und die Präsenz der USA verringern
Anlässlich einer Reise nach Moskau interviewte ich Anfang Juni 2016 den russischen Politikwissenschaftler und Mitglied des Deutsch-Russischen-Forum, Dr. Pjotr Fedosov. Er sprach über die deutsch-russischen Beziehungen, die schwere Versöhnungsarbeit der letzten Jahrzehnte, den Übergang Russlands zur demokratischen Verfassung und die Korrektur der aktuell vorherrschenden Vernachlässigung russischer Sicherheitsinteressen unter Federführung der USA.
Sympathie und gegenseitiges Interesse der Deutschen gegenüber den Russen und umgekehrt seien durch unterschiedliche Interpretationen der Vorgänge ab 1991 aktuell zwar überschattet, aber nicht verschwunden.
Trotz mehrfacher Mahnungen der Russen an den Westen, die Eigenleistung der Zerstörung des Sowjetkommunismus durch das russische Volk und den Übergang Russlands zur demokratischen Verfassung nicht als Niederlage im kalten Krieg zu bewerten, schlussfolgert der Westen, man könne Russland wie einen besiegten Gegner behandeln.
Als Folge davon werden, Beispiel Nato Osterweiterung, die nationalen Sicherheitsinteressen Russlands ignoriert.
Die Rückgabe der Krim, „ein Szenario das außerhalb des Wahrscheinlichen liegt“, wäre „keine Voraussetzung dafür, dass die derzeitige Situation sich grundsätzlich verändert“. Die Vernachlässigung der russischen Sicherheitsinteressen begann ja lange vor dem „Anschluss der Krim an Russland“.
Um an der derzeitigen Situation etwas zu ändern, müsste sich vor allem die Denkweise der Europäer ändern. Zum Beispiel „die Vorstellung, dass die Sicherheit Europas mit der maßgeblichen Präsenz der USA verbunden ist“.
„Die Europäer müssen mehr Selbstständigkeit wagen“.
Denn Zwietracht zwischen Russland und Europa diene nicht den Interessen der Europäer, sondern „durch die Vorherrschaft in der Europäischen Sicherheitspolitik absolut den Interessen der USA“.