Zu dumm für einen günstigen Ratenkredit?

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Häufige Nutzung der Löschtaste bestimmt über Kreditwürdigkeit

Endlich, die zuletzt gefundene Online-Bank wirkt seriös und die Konditionen für den gewünschten Kredit sind annehmbar. Jetzt nur noch das Online-Formular ausfüllen, auf Absenden klicken und …. prompt ploppt ein Fenster mit der Ablehnung des Antrags auf! Kein Schufa-Eintrag, kein negativer Scorewert führten zur Ablehnung. Die Art, wie der Online-Kreditantrag ausgefüllt wurde, und die Häufigkeit der Nutzung der Löschtaste führten dazu!

Nach politischen Wahlen meint man an den enttäuschten Reaktionen der jeweils unterrepräsentiert hervorgegangenen Kandidaten ablesen zu können, das für sie negative Ergebnis sei nur dem mangelnden intellektuellen Leistungsvermögen der Wähler des gegnerischen Kandidaten geschuldet.

Könnte man bei Wahlen die Qualität der politischen Willensbildung, also das Wissen um politische Vorgänge mit einem Test zur Erlangung einer vollen, halben oder in Zehnerschritten verminderter Wählerstimme in Beziehung setzen, sähe sich manch unterlegener Kandidat als strahlender Sieger.

Mit anderen Vorzeichen und fern ab von grundgesetzlich garantierten Bürgerrechten führen bestimmte Merkmale im Bereich intellektueller Fähigkeiten bei online von Verbrauchern abgegebenen Willensbekundungen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die kürzlich veröffentlichte StudieKommerzielle digitale Überwachung im Alltag“ von Cracked Labs im Auftrag der österreichischen Arbeiterkammer, Wien beschreibt die Vorgehensweise zur Berechnung der Bonitätseinschätzungen des Hamburger Unternehmen Kreditech.

Beim Online-Kreditantrag würde nicht nur berücksichtigt, welches Gerät die NutzerInnen verwenden und welche Apps sie installiert haben, sondern auch die Zeit, die sie für das Ausfüllen des Formulars benötigen – oder die Häufigkeit der Nutzung der Löschtaste“.

Laut Spiegel verlangt Kreditech von den Betroffenen Zugriff auf deren Profile auf Facebook, Xing oder LinkedIn (die Ebay-Profile wären ohnehin öffentlich zugänglich)

Hierzu erreichte „Bürgersicht“ am 9.12.2014 eine E-mail von Anna Friedrich, Head of Communications bei „Kreditech“, mit der Bitte, die Angabe zum Profilzugriff zu korrigieren.
Auszug aus der E-mail:In der (zitierten) Studie sind leider sehr viele falsche Informationen enthalten. Unter anderem behauptent Sie, Kreditech verlange den Zugriff auf Soziale Konten wie LinkedIn und Facebook – das ist völlig verkehrt, dieser Zugriff ist optional und erfolgt zusätzlich zum eigentlichen Antrag“. Auszug Ende

update: Wir haben den Satz zum Profilzugriff -nach Rücksprache mit dem Autor der Studie- um einen Link zur Quelle des in der Studie zitierten Absatzes erweitert.

Was allein auf Basis von Facebook-Likes berechnet werden kann

Schwul oder nicht schwul? Nicht die offensichtlichen „likes“ oder eine Gruppenzugehörigkeit wie z.B „Being Gay“ führten zur Prognose, vielmehr durch weniger offensichtliche, aber populärere Vorlieben wie „Britney Spears” oder „Desperate Housewives” (beides schwache Indikatoren für männliche Homosexualität) konnten persönliche Eigenschaften abgeschätzt werden.
Schwul oder nicht schwul? Nicht die offensichtlichen „likes“ oder eine Gruppenzugehörigkeit wie z.B „Being Gay“ führten zur Prognose, vielmehr durch weniger offensichtliche, aber populärere Vorlieben wie „Britney Spears” oder „Desperate Housewives” (beides schwache Indikatoren für männliche Homosexualität) konnten persönliche Eigenschaften abgeschätzt werden.

Die auf mehreren Jahren Forschungsarbeit basierende Studie hat eine Vielzahl von datenhungrigen Geräten und Plattformen untersucht und beschäftigte sich umfassend mit internationalen Trends in den Bereichen Online Tracking, Big Data und kommerzieller digitaler Überwachung.

Es sind bei weitem nicht nur Google und Facebook die uns ausspionieren“ stellt der Autor der Studie, Wolfie Christl fest.

Die –HIER kostenlos abrufbare– Studie gibt Aufschluss über die Fragen

  • In welcher Form werden unsere Daten heute durch Unternehmen digital erfasst und verwertet?
  • Welche Schlüsse lassen sich aus der Auswertung unseres Online-Verhaltens ziehen?
  • Wie könnte kommerzielle digitale Überwachung zukünftig unseren Alltag prägen?
  • Und: Was tun?

Die in Bezug zu „Big Data“ oder „Data Mining“ oft gehörte Aussage „Ich habe nichts zu verbergen“ wäre mit der Ergänzung „aber viel zu verlieren“ erst vollständig!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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