Bargeld – Ein „Anachronismus“ verweigert sein Ableben

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Bargeld in jeder Höhe bleibt das Maß aller Zahlungsmittel

Eine Zigarette entsprach im inflationsgebeutelten Nachkriegsdeutschland bis zur Währungsreform 1948 einem Gegenwert von knapp 10 Reichsmark. Eine arg interessengesteuert wirkende Diskussion um die Zurückdrängung des Bargeldes weckt nun Erinnerungen an dieses Warengeld. 71 Jahre nach „World War II befinden wir uns plötzlich in einem „War on Cash“. Was soll das?

Eigentlich könnte man die Idee mit der Bargeldbeschränkung als Schnapsidee abtun. Doch seit das Kreditkartenunternehmen „MasterCard“ 2005 den „War on Cash“ ausrief, beschäftigen sich Harvard-Professoren und Ökonomen in Vorträgen, ehemalige US-Finanzminister auf IWF-Tagungen, eine Studie im Auftrag des deutschen Finanzministers und der Rest der Politik sowieso mit dem Thema.

Ihr beunruhigendes Fazit: Banknoten und Münzen würden den Zahlungsverkehr erschweren, Schwarzarbeit, Drogenhandel und Terrorfinanzierung fördern sowie die Geldpolitik des Eurosystems behindern, da man die Zinsen in einer Welt mit Bargeld kaum unter null senken könne. Der Ökonom und Wirtschaftsweise Peter Bofinger dazu im „Spiegel„(21/2015): Angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten seien „Münzen und Geldscheine ein Anachronismus„.

Bis auf die für Geschäftsbanken eingängige „Negativzinsproblematik“ bleibt bei genauerer Betrachtung nur heiße Luft und beim Bürger verstetigt sich der Verarschungseindruck.

Um die Stichhaltigkeit der vielfach auf Schlagwörter und verquasten Argumenten der medial herausposaunten „Expertenmeinungen“ untersuchen zu können, müsste sich Otto Normalverbraucher mit langen Zahlenreihen, mit für ihn meist nicht zugänglichen Untersuchungen, Auswertungen und sogenannten Gutachten auseinandersetzen. Kann er aber nicht.

Da trifft es sich gut, wenn sich Sachverständige aus relevanten Gruppen, zum Beispiel der Bundesbank, dem Bund Deutscher Kriminalbeamter, Datenschutzexperten oder der Verbraucherzentrale in einer öffentlichen Anhörung über die von der Politik -aus welchen Gründen auch immer- gewünschten geldpolitischen Zielsetzung austauschen.

So geschehen am 3. Mai im Landtag in Nordrhein-Westfalen.
Von den elf Sachverständigen aus neun Organisationen war nur einer für eine Barzahlungsobergrenze, und selbst der wollte nur eine Obergrenze von 10.000 Euro verteidigen, nicht die 2000 Euro bzw 5000 Euro, die die Finanzminister gefordert hatten“ schrieb einer der Sachverständigen, Norbert Häring in seinem Blog.  (Hier abrufbar, die Übersicht der bei der Anhörung eingegangenen Stellungnahmen)

Erhellend! Doch bei vielen ist das Licht noch nicht aufgegangen.

Damit wir in Deutschland keine schwedischen Verhältnisse bekommen, dort zahlten rund 900 von 1774 Bankfilialen bereits Ende 2014 kein Bargeld mehr an Kunden aus, gibt’s am Pfingstsamstag, den 14. Mai, in Frankfurt eine Demo zum Erhalt des Bargelds.

Auf der Fahrt dahin könnte man noch einen Blick in den Aufsatz „Warum Bargeld nicht abgeschafft werden sollte“ von Prof. Dr. Gerhard Rösl und Prof. Dr. Franz Seitz (für den „Wirtschaftsdienst“) werfen. Die beiden Volkswirtschaftler, sie beschäftigen sich an ihren jeweiligen Hochschulen in Regensburg und Weiden mit Geldpolitik, schreiben darin unter anderem:

Bargeld hat spezifische Charakteristika, die es sehr schwer machen, ein perfektes elektronisches Substitut zu entwickeln. Es ist anonym nutzbar, es kann ohne jede weitere Beteiligung von Dienstleistern verwendet werden, Zahlender und Zahlungsempfänger müssen nicht in irgendeiner Form „online“ sein, es kann für kleine und große Beträge genutzt werden, die Zahlung ist einfach, bequem und schnell, sie ist definitiv und final (sie kann nicht rückgängig gemacht werden) und Bargeld ist relativ fälschungssicher.12 Ein elektronisches Zahlungsmittel, das alle diese Eigenschaften besitzt, gibt es zurzeit nicht, und es ist auch schwer vorstellbar (und wenig glaubwürdig)“

Über nonbescher

Das Kürzel steht für einzelne Autoren, deren Erlaubnis Bürgersicht bekam, ihre auf anderen Websites erschienenen Artikel hier zweitverwertend veröffentlichen zu dürfen.

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