Schaffen es auch Gemeinwohl-Legastheniker in den Stadtrat?

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Oder: Was müssen Bürgervertreter eigentlich können?

Wie viel Stühle nach den Kommunalwahlen 2014 im Geisenfelder Stadtrat besetzt sein werden ist bereits heute klar: Einer durch den Bürgermeister und 24 durch die ihn kontrollierenden Stadträte. Wer die Personen zu den Funktionen sein werden, das ist natürlich noch nicht klar. Doch so viel steht bereits heute fest: Knapp die Hälfte von ihnen könnten absolute Neulinge sein!

Dabei könnte man diese Zahl ohne Probleme drastisch auf 4 verringern. Eigentlich genügte zur Stadtratsarbeit nur der Bürgermeister plus die drei Sprecher der derzeit im Rathaus vertretenen Fraktionen.

Warum könnte man auch mit dieser Minibesetzung auskommen?

Weil den Neulingen im Stadtrat in vielen Kommunen -auch in Geisenfeld- folgende interne Handlungsanweisung am Anfang ihrer Stadtratstätigkeit mitgeteilt wird:
In den ersten 3 von deinen 6 Jahren als Stadtrat orientiere dich eng an den Vorgaben deines Fraktionssprechers. Er ist in der Regel am längsten bei der Truppe und weiß somit was wie im Stadtrat zu laufen hat. Den großen Rahmen für Abstimmungen legen die Fraktionssprecher in einer internen Sitzung mit dem Bürgermeister fest. Eigeninitiative oder vom gewünschten abweichende Eigenbröteleien sind -zumindest in der ersten Hälfte einer Wahlperiode- in der Fraktion unerwünscht.

Was waren das noch für Zeiten, als einem die Eltern die wärmenden Geschichten über eine freundliche und gerechte Welt erzählten. Der gute und weise König wachte über das Wohl des Volkes, Hofnarren dienten ausschließlich der Belustigung und nicht als Regierungsersatz und die Hofschranzen, Schleimer und wichtigtuerischten Hohlbirnen mussten ihr destruktives Treiben in der Verbannung ausleben.

Doch mit den Jahren musste man erkennen, dass sich die Geschichten aus dem Märchenbuch doch in vielerlei Hinsicht vom Alltag unterschieden. Das nur die Harten in den Garten und so zum Beispiel nur die Fähigsten in die Rathäuser kommen war eines dieser Märchen, das den Alltagstest nicht bestehen würde.

In einer idealtypischen Gemeinschaft wären demokratische Grundmuster und Verantwortungsgefühl für Gemeinwohl und Ressourcen unabdingbare Bestandteile von Muttermilch, vorgelebter Erziehung und humanistisch ausgerichteter Schul- und Alltagsbildung.
Statt dessen leben wir in einer unzulänglichen Welt.

Eine besondere Ausprägung dieser beklagenswerten Eigenschaft findet man in einem Personenkreis, der von sich behauptet, in seiner individuellen Gremienzusammensetzung wäre er doch nur ein Querschnitt der von ihm repräsentierten Bevölkerung: Politiker!

Dabei fällt sogar dem eifrigsten Bildungsverweigerer die Unhaltbarkeit dieser Aussage im Bezug zum bundesrepublikanischen Durchschnitt auf: Der größte Teil der Bundesbürger kann zum ausgeübten Beruf -im Gegensatz zum Politiker- auch eine diesbezügliche Ausbildung vorweisen.

  • Wer anderen am OP-Tisch in den Eingeweiden rumfummeln will … muss eine Ausbildung dafür haben.
  • Wer anderen auf dessen Wiese ein Gebäude errichten will … muss eine Ausbildung dafür haben.
  • Wer die Kinder anderer beaufsichtigen oder erziehen will … muss eine Ausbildung dafür haben.
  • Doch wer die Interessen von Bürgern und das Wohl einer kompletten Kommune vertreten will … braucht dafür keine Ausbildung. Das einzige was diese Anforderung zu benötigen scheint, ist das Erfordernis, mit seinem Namen auf eine Wahlvorschlagsliste zu gelangen.

So gesehen ist für die -vermeintlich- verantwortungsvolle Tätigkeit eines Stadtrats, auch eines Bürgermeisters oder eines wo auch immer angesiedelten Politikers nur folgendes nötig: Der eigene Wille, die Gunst einiger anderer, der Name auf einem Zettel und die deutsche Staatsbürgerschaft im richtigen Alter und zum richtigen Zeitpunkt.

Beispiel:

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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