Die Stadtratssitzung vom 19. Januar in Zahlen: 12 Tagesordnungspunkte, 70 Prozent Kostensteigerung bei der Entertainmentausstattung der 3-fach-Sporthalle, 90 Minuten Sitzungsdauer, 4660 Euro Spende für ein soziales Stadtprojekt und eine Zahlungsaufforderung über 30.823 Euro an die Stadt.
Dominiert wurde die Stadtratssitzung, zumindest bei der Behandlung der ersten 3 Tagesordnungspunkte, vom seit 1984 dem Gremium angehörenden Senior im Stadtrat, Erich Deml. Die Tage vorher eingehenden Gratulationselogen zu seinem 75. Geburtstag hatten den Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande augenscheinlich sehr beflügelt und die Behandlung von Bebauung- und Flächennutzungsplänen schienen beim Jubilar die zusätzliche Wirkung eines Jungbrunnens zu entfalten.
Die Vorlieben des Bürgermeisters andeutend, mahnte Deml an, statt der derzeit bevorzugten Baulandausweisung die Ausweisung von Gewebeflächen nicht zu vernachlässigen. Falls der Bürgermeister hier Unterstützung oder Rat benötige, sei Deml als erfahrener Unternehmer und Mann mit Beziehungen durchaus gewillt, ihm zu helfen.
Willig war auch ein Grundstückseigentümer in Gaden, zumindest konnte man als Beobachter dieser Stadtratssitzung diesen Eindruck gewinnen, ein Koppelgeschäft mit der Stadt einzugehen. Unter dem Tagesordnungspunkt Baugebiet „Süd-Ost-Gaden“ wurde ein geänderter Planentwurf genehmigt, der im dortigen Flächennutzungsplan weiteres Baurecht ermöglicht.
Bekanntermaßen scheitert der Ausbau der Gadener Straße an der Haltung von Grundstückseigentümern in Gaden, dafür benötigte Grundstücke nicht verkaufen zu wollen.
Wie könnte ich als Stadt doch noch zum längst überfälligen Ausbau der Straße kommen?
Ein gängiger Deal wäre folgender:
Du gibst mir dein Grundstück, das ich für den Bau der Straße benötige, im Gegenzug gebe ich dir Baurecht für eines deiner anderen Grundstücke!
Warum wird der Stadtrat bei der Änderung eines Planentwurfs in Gaden mit einer vom Bürgermeister gebetsmühlenhaft vorgetragenen Bemerkung „es bestehe Zeitdruck“ penetriert, dieser „Zeitdruck“ aber weder erklärt noch die Auswirkungen einer Zeitverzögerung begründet?
Warum wurde dieser Planentwurf mit 17 zu 2 Stimmen vom Stadtrat beschlossen, obwohl in der vorangegangenen Debatte erheblicher Klärungsbedarf angemahnt aber nichts geklärt wurde?
Trotz der Einsicht, das sensible Grundstücksgeschäfte einer Kommune auch sensibel behandelt werden sollten, bleibt die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt eine Farce. Die unangemessene Herangehensweise verdeutlicht einen Mangel an Transparenz und die Missdeutung des vom Bayerischen Gesetzgeber aufgestellten „Grundsatz der Öffentlichkeit“.
Transparenz im Sinne von „ein Licht aufgehen„, bekam man als Beobachter beim Tagesordnungspunkt „Sondergebiet Solarpark Schillwitzried„, ein Punkt, der zu Beginn der Sitzung für die Tagesordnung nachgereicht wurde.
Der Solarpark, der vor einem Monat auf Antrag einer Tochtergesellschaft des Kieswerks Reisinger vom Stadtrat in der Sitzung vom 8. Dezember 2011 für eine Fläche von ca. 30 Hektar genehmigt wurde, ist in dieser Größe plötzlich nicht mehr realisierbar.
Der Grund: Knapp 20 Hektar der beim sogenannten Umgriff genehmigten 30 betroffenen Hektar waren nicht im Besitz des Antragstellers und werden ihm von den Grundstücksbesitzern weder verkauft noch verpachtet. Der Solarpark kann also nur noch auf den verbleibenden 106.447 m² (ca. 10 ha) realisiert werden. Dieser flächenmäßig abgespeckten Variante stimmte der Stadtrat auch einstimmig zu.
Das Licht, das einem als Beobachter dabei aufging, war die Erkenntnis, dass man als Antragsteller weder Eigentümer einer Sache, noch im Besitz der Veräußerungszusage dieser Sache sein muss und trotzdem ein mit Zeit und Kosten verbundenes Genehmigungsverfahren bei der städtischen Verwaltung in Gang setzen kann. Eine gängige Praxis, wie eine Nachfrage ergab!
Nachfragen, und die nicht zu knapp, gab es beim Tagesordnungspunkt „Antrag der FW/CDG-Fraktion auf Vorlage einer Ausstattungs- und Kostenaufstellung für die Mehrzwecknutzung der neuen 3-Fach-Turnhalle“. (Der Wortlaut des Antrag kann hier abgerufen werden)
Der Tenor/das Anliegen des Antrags –ausgehend von der Überschrift bis zu den Ausführungen und Begründungen im Text – war vollkommen klar: Aufgrund der nicht vertretbaren Kostensteigerung gegenüber der ursprünglichen Kostenschätzung um 70 Prozent muss dem Stadtrat eine diesbezügliche, aktuelle Kostenaufstellung vorgelegt werden. Möglichst monatlich!
Unausgesprochen lag damit auch die Mahnung zur Pflichterfüllung aus der Bayerischen Gemeindeordnung in der Luft: Die Einhaltung der allgemeinen Haushaltsgrundsätze und das Bemühen um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung in einer kommunalen Selbstverwaltung.
Bürgermeister Staudters untaugliche Versuche, mit minutenlangen Ausführungen zu nicht gestellten Fragen den Vorgang zu zerreden und Nachfragen auf Nennung exakter Zahlen mit der Einlassung, diese „Ermittlung macht Probleme“ zu parieren, konnte die Stadträte quer durch alle Fraktionen nicht beruhigen.
Was den Freien Wählern bei der Stadtratssitzung vor einem Monat nicht gelang, nämlich alle Stadträte an ihre Pflichten zu erinnern, das gelang ihnen diesmal zumindest eingeschränkt.
„Eine Steigerung von 70 Prozent kann´s doch wohl nicht sein. Bei dieser Größenordnung stimmt doch von Anfang an was nicht. Das ist ein Witz„, so Stadtrat Deml.
„Die Kostenschätzung beim Baukörper wurde im Großen und Ganzen eingehalten. Da ist doch die Kostensteigerung von 700.000 Euro auf jetzt 1.200.000 Euro sehr merkwürdig„, wunderte sich der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Helmut Königer.
„Hätten wir die Höhe der jetzt vorliegenden Kosten schon bei der Abstimmung gekannt, wage ich zu bezweifeln, dass wir der Mehrzweckausstattung wirklich zugestimmt hätten„, so Stadtrat Gigl.
„Es bleibt festzuhalten: Kritische Nachfragen zu dieser Kostensteigerung sind mehr als berechtigt“ fasst Stadtrat Schranner die vorherrschende Meinung im Stadtrat zusammen.
Das der Bürgermeister bei diesem Tagesordnungspunkt -vom Gesichtsausdruck bis zum fahrigen Blättern im mitgebrachten Ordner- wie ein ertappter Schuljunge agierte, hinderte ihn nicht, an seiner, für jeden erkennbaren Vorgehensweise festzuhalten: Er wollte dazu keine Auskunft geben!
Diese Haltung gipfelt, nach der Erläuterung von Stadtrat Erl, die angeblich so schwer zu ermittelnden Zahlen müssten beim zuständigen Architekten wegen der dort im Computer laufend nach Kostenstellen eingebuchten Vorgänge „auf Knopfdruck“ zu bekommen sein, in der flapsigen Aussage des Bürgermeister, „dann holen sie sich doch dort ihre Zahlen„.
(Architekten, die ihren Job ernst nehmen, werden das schon aus juristischen noch arbeitstechnischen Gründen weder dürfen noch wollen)
Was am Ende dieses Tagesordnungspunktes nun hätte folgen müssen, folgte nicht. Trotz des eindeutig erkennbaren Anliegens, formuliert durch einen Antrag und die Willensbekundung von Stadträten aus allen Fraktionen, ließ der Bürgermeister über den Antrag zur Vorlage der Kostenaufstellung nicht abstimmen.
Obwohl ihm die Bayerische Gemeindeordnung auferlegt, dass er als Bürgermeister dem Anliegen des jeweiligen Antragsstellers Rechnung tragen muss, tat er es nicht.
Bedauerlich dabei, dass weder vom Antragsteller selber noch von Seiten der Stadträte eine vehemente Forderung nach einer Abstimmung erfolgte.
Auf Nachfrage erklärten übereinstimmend mehrere Stadträte Bürgersicht gegenüber „dass er da aber nicht mehr raus käme„. Sie wollen ihn bei der nächsten Stadtratssitzung darauf „festnageln„.
Ein etwas selbstbewussteres und kommunalpolitisch kundigeres Auftreten würde dem Geisenfelder Stadtrat im Sinne einer gesunden Demokratie guttun. Auch wenn die nächste Kommunalwahl erst im Frühjahr 2014 ansteht, es ist nie zu früh, im Stadtrat nicht nur körperlich, sondern auch geistig anwesend zu sein. Wer 6 Jahre braucht, um aufzuwachen, sollte sich nach der nächsten Wahl nicht wundern, zuhause weiterschlafen zu müssen!
Chronistenpflicht:
Die Betreiber des ersten, am 21.12 in Geisenfeld an´s Netzt gegangenen Solarparks haben, wie angekündigt den bis 31. Dezember 2011 erzielten Gewinn gespendet. 4660 Euro wurden der Stadt als Spende für ein soziales Projekt übergeben.
Die Stadt muss Heizkosten in Höhe von 30.823 Euro nachzahlen. Der Vermieter der Tagespflegestätte hatte „vergessen„, die Zähler der Heizkörper ablesen zu lassen! Die aufgelaufenen Heizkosten der Jahre 2007 bis 2011 wurden nun nachberechnet.
Glückwünsche erhielten auf dieser Sitzung das Mitglied des Stadtrats Erich Deml (75. Geburtstag) und Schriftführerin Melanie Schmid (Mit „gut“ bestandene Prüfung zur Verwaltungsfachwirtin)