INVG -120.000 Euro Schaden für die Stadt wg. verpasster Ausstiegsoption ?

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„Was auf die Tagesordnung kommt, bestimmt immer noch der Bürgermeister“. Geisenfelds Bürgermeister Christian Staudter lag mit diesem Spruch zwar total daneben, doch im Umkehrschluss wird es wieder richtig. Was er  n i c h t auf die Tagesordnung setzt, dafür ist er allein verantwortlich. Und das könnte die Stadt jetzt bis zu 120.000 Euro kosten.

Eine Verwaltung ist immer dann besonders schlecht, wenn sie gegen die Bürger arbeitet. Der Chef einer Verwaltung ist immer dann besonders schlecht, wenn er pflichtvergessen seine ihm auferlegten Aufgaben verrichtet. Oder die Beschlüsse seines Stadtrats nicht, oder nicht in der zeitlich geboten Weise umsetzt.

Wie gut oder wie schlecht ist der Chef der Geisenfelder Verwaltung, Bürgermeister Christian Staudter, wenn er etwas nicht auf die Tagesordnung setzt?

Am 18.09.2008 stimmte der Geisenfelder Stadtrat –unter bestimmten Auflagen– einem von Bürgermeister Staudter forcierten Antrag zum INVG Beitritt zu.

Die wesentliche Passage des Beschlusses im Wortlaut:

„Es ist eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr, zum Ende des Jahresfahrplanes, in dem Vertrag festzulegen. Die Mitgliedschaft soll auf Probe für den Zeitraum von 2 Jahren geschlossen werden. Die Verlängerung ist dem Stadtrat rechtzeitig zum Beschluss vorzulegen

Nach allgemeiner Rechtsauffassung könnte der Stadtrat damit zum Ende des Jahres 2010 aus dem zur Probe geschlossenen Vertrag aussteigen. Aber nur, wenn der Vertrag im ersten Halbjahr des laufenden Jahresfahrplanes gekündigt würde. Da der Jahresfahrplan für das Jahr 2010 am 13. Dezember 2009 in Kraft trat, und in der Regel eine Laufzeit von exakt 12 Monaten beträgt, hätte man spätestens am 12. Juni 2010 kündigen müssen.

Ob der Stadtrat diese Kündigungsoption ergriffen hätte -die rückläufigen Fahrgastzahlen der letzten Zählung lassen es zumindest vermuten- wird man nie erfahren. Diese Möglichkeit zur Kündigung wurde dem Gremium auf der Stadtratssitzung vom 10. Juni 2010 vorenthalten.

Besonders auffällig dabei: Die zur Bewertung des INVG-Vertrages nötigen Fahrgastzahlen lagen bereits seit der Sitzung des INVG Aufsichtsrates vom 18.Mai 2010, mit der sogenannten „Situationsanalyse“ des Münchner Ingenieurbüros Gavis vor. Zwischen dieser Sitzung, und der Sitzung des Geisenfelder Stadtrats vom 10. Juni lagen 22 Tage.

Das sind 14 Arbeitstage, in denen die Auswertung auch im Geisenfelder Rathaus angekommen sein müsste. Genügend Zeit um die Vorlage für die Stadtratssitzung erstellen zu können. Eine Stadtratsvorlage, aus der ein Rückgang der Fahrgastzahlen um 25 Prozent ersichtlich und die Ausweitung des städtischen Defizits für 2010 erkennbar wäre.

Bürgermeister Staudter wird auf der für den 29. Juli anstehenden Stadtratssitzung einiges zu erklären haben:

-Hätte die Stadt eine Frist versäumt und wenn ja, was kostet das jetzt zusätzlich?

-Wie sieht der Vertrag mit der INVG genau aus?

-Wann greift die Ausstiegsoption?

-Warum hatten die Freien Wähler recht mit ihren Vorbehalten gegen diesen Beitritt?

-Warum wertet er die jetzigen Fahrgastzahlen „als herbe Enttäuschung“ obwohl er sich doch bereits im Februar 2009 bei den verkauften INVG-Tickets „mehr erhofft“ hätte? (GZ vom 6. Feb. 2009) 

-Und warum wurde dieses Thema nicht auf der Sitzung vom 10. Juni im Stadtrat behandelt?

Einen „großen Wunsch der Bürger“ habe man mit dem Beitritt zum INVG erfüllt, so Staudter bei der Vertragsunterzeichnung anlässlich des Beitritts zur INVG. Wie viele Bürger haben ihm diesen Wunsch bloß vorgetragen? Oder war es erneut nur gefühlter Bedarf, der die Bürger Geisenfelds noch die letzten Euros aus dem Stadtsäckel kosten wird?

Es reicht eben nicht, ohne wirkliche „Bedarfsanalyse“, ein ums andere Mal nur den Finger in den Wind zu halten, und geldverschlingenden Bedarf „zu fühlen“.

Mehrzweckhalle und Zuschuss: gefühlt.

Bürgerbus : Gefühlter Bedarf.

Umgehungsstraße: gefühlter Wunsch der Mehrheit.

Gefühle waren schon in privaten Kommunen der Neunzehnhundertsechziger- und siebziger Jahre gefährlich. Aber in Verwaltungen von städtischen Kommunen des 21. Jahrhunderts sind sie besonders deplatziert.

Ein verantwortungsvoller 60jähriger Bürgermeister könnte das wissen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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