Nordumfahrung- Eigelb vom Dotter trennen

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Fehlende Umgehungsstraße bedeute lt. Bürgermeister „Katastrophe“ und tödliche Verkehrsunfälle

Geisenfelds Bürgermeister kann doch mehr am Computer als man bisher bei ihm annehmen durfte. Offensichtlich kann er „Serienbrief erstellen„! Diese Briefe verteilt er dann in Serie an jeden, der in seine Nähe kommt. (Zuletzt an Staatsminister Zeil oder MdB Dr. Gauweiler). In bekannt autokratischer Sichtweise blendet er -analog seiner sonstigen verbalen Einlassungen- auch in diesen Briefen Realitäten aus.

Auf der Stadtratssitzung vom 17. März konnte sich der Bürgermeister beim Wehklagen über die veränderte „Dringlichkeitsreihung“ beim Ausbauplan für die bayerischen Staatsstraßen noch einbremsen.

Keine Südumgehung und ohne städtische vorab Investition auch keine Nordumfahrung: Beim Lamentieren darüber hielt er sich vorerst -mit Blick auf die aktuellen Vorkommnisse in Japan- mit Superlativen noch zurück. (Artikel zur Stadtratssitzung vom 17. MärzUmgehungsstraße- Der Staat bin ichAchtung: 13 Minuten Lesezeit)

Wenn wir jetzt aussteigen, wäre das für nachfolgende Generationen eine …(es folgt eine Denkpause) …, Katastrophe will ich jetzt nicht sagen …(es folgt eine weitere Denkpause)…, es wäre äußerst, äußerst schlecht„.

Das schwere Erdbeben in Japan vom 11. März, der folgende Tsunami und die unsichere Lage im Reaktorkomplex Fukushima verhinderten eine überbordende Wortwahl des Bürgermeisters. Doch mit dieser Zurückhaltung war es sechs Tage später vorbei. Die örtliche Zeitung ließ er aus seinem Brief zitieren, den er Martin Zeil, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie bei einem Firmenbesuch in Geisenfeld am 23. März in die Hand drückte.

Nicht nur die Wortwahl erreichte ein übersteigertes Maß, auch die Wahrnehmung des Sachverhalts nahm exzessive Formen an.

Es sei eine „mittlere Katastrophe„, dass die erhoffte Umgehung im neuen Ausbauplan nur noch auf Dringlichkeitsstufe 2 rangiere, zitierte die Zeitung aus dem Brief.

(Mit dieser schlampigen Ausdrucksweise schwänzt der Bürgermeister seinen früheren Beruf. Als ehemaliger Berufsschullehrer, dem die Bürger sogar ein Studium ermöglichten, sollte er präzisiere Ausdrucksformen kennen. Findet sich doch im „Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache“ (Akademie der Wissenschaften) unter dem Wort „ Katastrophe“ folgender Eintrag: furchtbares, verhängnisvolles Ereignis)

Als Begründung für die Umgehungsstraße gab der Bürgermeister in seinem Brief die enorme Belastung an, die „bis hin zu tödlichen Verkehrsunfällen“ führe.

(Es ist eine Sache, Dramatik in ein Anliegen zu bringen. Eine andere Sache ist es jedoch, diese Behauptung zu belegen. Bis zum Beweis der Behauptung, die fehlende Umgehungsstraße sei ursächlich für mehrere tödliche Opfer im Geisenfelder Straßenverkehr, bleibt diese Behauptung nur schlechter Stil eines überforderten Bürgermeisters).

In einer weiteren Passage seines Briefs dürfte der fußballbegeisterte Bürgermeister ein Eigentor geschossen haben. Die Stadt habe, im Vertrauen darauf „dass die staatlichen Behörden ihre Zusagen einhalten„, bereits 1,5 Millionen in die Umgehung investiert.

(Vertrauen ist gut, Zusagen sind besser, doch ganz schlecht sind NIE gegebene Zusagen. Hatte „die staatliche Behörde“ die Stadt Geisenfeld doch ausdrücklich davor gewarnt, Zuschüsse für die eine Umgehung gebe es nur beim Bau einer zweiten, komplett vom Freistaat zu finanzierenden Umgehungsstraße. Da der Freistaat diese nun nicht baut, gäbe es für die von der Stadt erwünschte erste Umgehung nur „bedingt“ Geld)

 

Doch die frechste Passage im Schreiben des Bürgermeisters ist die Stelle, in der er den untauglichen Versuch unternahm, Eigelb vom Dotter zu trennen.

Der Bürgermeister versuchte die aufmüpfigen Andersdenkenden, von den braven, seiner Sichtweise eher entsprechenden Bürgern zu separieren, sie auszublenden.

Bürger und Stadträte, die der Umgehungsstraße kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, sind zahlenmäßig jedoch nicht mehr zu übersehen und gehören ebenso untrennbar zur Stadt, wie der respektlose, äußerst nachlässige Stil von Bürgermeister Staudter, Repräsentationspflichten mit grundsätzlich offen getragenem Sakko zu absolvieren. (Diesem Stil blieb er auch treu, als er dem Staatsminister Zeil seinen Brief aushändigte. Hier das Bild dazu auf donaukurier.de) Siehe dazu auch den Artikel „Spendenaufruf wegen Bürgermeister-Sakko“ hier auf Bürgersicht.

Hier nun das „Dotter“-Zitat aus der Zeitung:

Niemand am Ort habe Verständnis dafür, „weitere 15 Jahre vertröstet zu werden.

Hier lohnt es sich –spaßhalber– einmal nachzuzählen:

Niemand“ steht für die Zahl „0„.

3“ steht für die steigende Anzahl an Stadträten, die sich gegen die Umgehungsstraße aussprachen. Diese Stadträte vertreten im Zweifel zwar alle Geisenfelder Bürger, konnten jedoch bei der Wahl 2008 zusammen insgesamt 4699 Bürger-Stimmen auf sich vereinigen (nachgezählt)

Dieses, zugegeben abseits der demokratischen Spielregeln angeführte Zahlenspiel, verdeutlicht zumindest eines: Die Ablehnung der Umgehungsstraße ist in der Geisenfelder Bevölkerung bereits zu weit vorangeschritten, um sie mit dem Wort „Niemand“ auszudrücken.

Trotz der Beteuerungen aus der „Schreibstube“ des Bürgermeisters, es gebe keine Gegner der Umgehungsstraße, wuchs in den letzten Monaten die Zahl derer, die sich in dieser Aussage nicht wiederfanden. Und diese Zahl steigt allem Anschein nach noch kräftig an. Demnächst erkennbar an der Zahl der Einsprüche gegen die geplante „Planfeststellung“ der Nordumfahrung, einer erneuten Petition an den bayerischen Landtag, und den langsam aufwachenden Anliegern im Norden der Stadt.

Außer zusätzlichem Lärm, geringer Verkehrsentlastung, verschandelter Landschaft und dem dann nicht mehr barrierefreien Zugang zu unverbauter Natur, spielen auch finanzielle Aspekte eine Rolle,  z. B. in Form von „Beitragsfähigen Maßnahmen„.  (Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung von Anlagen, z. B. Straßen und Bürgersteige nach dem Planungswillen der Stadt) Die Paralellen zum jahrelang sich dahinschleppenden Ausbau der „Gadener Strasse“ sind offensichtlich.

So durchschaubar die gewagten Einlassungen des Geisenfelder Bürgermeisters in seinem Brief sind, hatte die teilweise Veröffentlichung in der Heimatzeitung doch auch etwas tröstliches.

Rückte der Autokrat von seinem den Bürgern vermittelten Eindruck doch etwas ab, es gäbe weder neben ihm noch über ihm nennenswerte Autoritäten. Nach Angaben der Heimatzeitung übergab er seinen Brief an den bayerischen Staatsminister Zeil mit der „dringlichen Bitte um Unterstützung auf höchster Ebene„.

Da Staatsminister Zeil im Zweifel eher auf „umweltschonendere Verkehrsträger“ setzt als auf neue Straßen, bleibt der Nutzwert des Briefes mehr als fraglich. Der verbale Hofknicks bei der Übergabe des Schreibens war fraglich nutzbringender. Ein Bürgermeister auf dem Weg zum kognitiven Ground Zero.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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