Flüsterasphalt- Die Freude über einen Misserfolg

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Er „freue sich riesig“ über den „extrem wünschenswerten“ Flüsterasphalt, vollzog Geisenfelds Bürgermeister eine 180-Grad-Wendung zu seiner bekannten Anti-Splittmastix-Haltung.

Das Aufbringen von Flüsterasphalt war in Ingolstadt doch „ein Misserfolg„, so Geisenfelds Bürgermeister auf der Nöttinger Bürgerversammlung im März letzten Jahres. Flüsterasphalt statt Umgehungsstraße wäre auch deshalb keine Alternative, bekräftigte Sebastian Zimmermann von der Geisenfelder Bauverwaltung die Haltung seines Chefs, da man zur spürbaren Senkung von Fahrgeräuschen die Straße mit enormen Kostenaufwand 80 Zentimeter tief auskoffern, also abtragen müsste.(Man denke nur an die unzähligen Leitungen und Kabel) Zimmermann betonte, sich in dieser Frage beim staatlichen Straßenbauamt schlau gemacht zu haben.

Bei eben jenem Bauamt, das eine Straße nach der anderen erfolgreich in Ingolstadt mit diesem „Misserfolg“ planierte und den Geisenfeldern mit diesem „Misserfolg“ auf der Münchner Straße dreierlei vor Augen führt:

a) Statt 80 Zentimeter werden nur maximal 30 Zentimeter abgetragen.
b) Flüsterasphalt ist keineswegs kostenaufwendig.
c) Was es bedeutet, wenn in Geisenfeld Bürgermeister oder Verwaltung sich zum Straßenbau äußern.

Zu a (Was da alles abgetragen werden muss)

Jede Frau kennt es, wenn Männer von „Zentimetern“ reden. „Aha, das sollen also 16 Zentimeter sein„, dürfte sich so manche Frau beim Betrachten eines etwas klein geratenen Vergleichsmaßstabes gedacht haben.
Ah, diese Randsteinhöhe sind also 80 Zentimeter“ könnte man sich nun beim Betrachten des fertig „ausgekofferten“ Straßenbettes auf dem Artikelbild denken. Nein, das sind weniger als 30 Zentimeter, wie der Vergleich mit der gegenüberliegenden Straßenseite zeigt. (Das Bild würde extra perspektivisch übertrieben angefertigt) Eine vollkommen unspektakuläre Straßensanierung ohne Freilegung oder Absicherung von Versorgungsleitungen und dergleichen.

Zu b (Der enorme Kostenaufwand)

Eine Umgehungsstraße vom Zuschnitt der Geisenfelder Nordumfahrung bekommt man heute für ca. 18 Millionen Euro. (Inkl. Grunderwerb) Bei ebay ginge es eventuell noch eine Nummer kleiner, doch für 11 Millionen Euro, wie aktuell vom Bürgermeister absichtsvoll klein gerechnet, bekam man sie schon im Jahr 2007 nicht mehr. (12 Millionen- Die Kosten hauen einen fast vom Hocker )

Zieht man nun -in der Abwägung neue Umgehungsstraße mit 10 Prozent Verkehrsentlastung gegen Sanierung bestehender Straßen mit 100 Prozent Flüsterasphalt -den „enormen Kostenaufwand“ für einen lärmoptimierten Straßenbelag als Vergleich heran, purzeln plötzlich die Millionen.

Die Sanierung von 1,6 Kilometer Münchner Straße werden vom Straßenbauamt mit ca. 300.000 Euro für die Staatsstraße veranschlagt. Die Stadt muss sich mit lediglich 20.000 Euro für die Sanierung der Randsteine beteiligen.

Bei dieser Investitionsverteilung wünschte man sich für die Augsburger Straße bald einen ähnlichen Zustand, wie den, der zur Sanierung der Münchner Straße führte: Löchrig wie das Argumentationsgerüst des amtierenden Bürgermeisters.

Besonders ärgerlich ist dabei, wie sich Geisenfelds Bürgermeister bei etwas in Szene setzt, wofür er weder etwas getan noch sich dafür aktiv einsetzte. Aus den Reihen der CSU-Stadtratsfraktion kam der Antrag, sich bei der anstehenden Sanierung der Münchner Straße, beim Straßenbauamt dafür starkzumachen, dies mit Flüsterasphalt zu tun. Die Duplizität der Ereignisse wollte es, dass man dies beim Straßenbauamt zeitgleich genau so geplant hatte.

Die örtliche CSU hatte zwar den richtigen Einfall, doch in der Heimatzeitung lobhudelte es jetzt plötzlich, Geisenfelds Lokalpolitiker habe das Glück ereilt. An der Spitze der Bürgermeister. Die CSU hätte beim Bürgermeister mit ihrem Antrag „offene Türen“ eingerannt, Flüsterasphalt wäre „extrem wünschenswert„, er würde den Vorschlag unterstützen.(Obwohl es schon längst nichts mehr zu unterstützen gab) Ein „Wunschtraum“ werde zur Realität und er „freue sich riesig„.

Über was freute sich Geisenfelds Bürgermeister?

– Dass die Geisenfelder CSU seine Arbeit machte?

– Dass er keinen Draht zum Straßenbauamt hatte und von dort tolle Nachrichten für die Geisenfelder kamen?

– Oder freut er sich darüber, dass er sich in der Heimatzeitung prominent aber unverdienterweise mitfreuen durfte? Und das „unverdient“ führt zu Punkt c

Zu c (Wenn sich Geisenfelds Offizielle zum Straßenbau äußern)

Dann sollte man getrost weghören. Was von offizieller Seite dazu in den letzten Jahren und Monaten geschrieben oder gesagt wurde, wurde durch nachprüfbare Zahlen weder belegt noch durch Fakten gestützt. Wunschdenken, Worthülsen und zum Teil rüpelhaftes Bashing gegenüber kritischen Stadträten ersetzten tragfähige Argumente.

Gestern Nordumfahrung nicht ohne Südumfahrung, heute Nord viel billiger und ganz ohne Süd.
Gestern mit Sicherheit Zuschüsse, heute Zuschüsse auch ohne Sicherheiten.
War Flüsterasphalt gestern noch die totale Fehlplanung, wird er heute zur Erfüllung eines Wunschtraumes.
Gab es gestern noch ein beängstigendes Anwachsen des Verkehrsaufkommens, ängstigt man sich heute eher vor einer neueren Verkehrsauswertung für Geisenfeld.
Sollte gestern der Lärm einer Nordumgehung die Ortsteile auch ohne Lärmschutz nicht belästigen, hören ihn schon heute einige bis in den Stadtrat.

Aufgeklärte Bürger wissen es, und einer wachsenden Zahl an Ratsmitgliedern scheint es zu dämmern:
Ein Denkansatz Immanuel Kants führt aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit.

Sapere aude – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
Spätestens beim demnächst anstehenden Planfeststellungsverfahren!

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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