Alter Wein in neuen Schläuchen – Bürgerversammlung in Nötting

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Nach übereinstimmenden Berichten von Teilnehmern dieser Bürgerversammlung -der zweiten in Geisenfeld- diesmal in Nötting, verlief sie nach dem weitgehend selben Strickmuster wie die vorangegangene Bürgerversammlung am 4. März in der Aula der Volksschule. Einige Zahlen wurden dabei relativiert doch das sture Festhalten an fragwürdigen, die finanziellen Spielräume der Stadt überstrapazierenden Vorgehensweisen beim Bau der Nordumfahrung behielt der Bürgermeister bei.

Der auf der Nöttinger Versammlung anwesende Stadtrat Helmut Königer, Fraktionssprecher der Freien Wähler (FW) und selbst Ortsteilbewohner, hatte nach der Veranstaltung den Eindruck „die Mehrzahl der Anwesenden sei für eine Umgehung“. Dass Eindrücke auch täuschen können zeigt die auch schon in der Vergangenheit von der Verwaltung fälschlicherweise vorgetragene Behauptung, die Geisenfelder Bevölkerung hätte „völlig unwidersprochen das gemeinsame Ziel“ einer Umgehungsstraße. Frage: Wie soll einer Widersprechen wenn man ihn nicht fragt? Diese Mehrheit scheint eher ein Wunschtraum in den Köpfen einiger weniger zu sein. Selbst die Heimatzeitung stellte am 6. März 2010, anlässlich ihrer Nachbetrachtung zur ersten Bürgerversammlung, die bange Frage: Umgehung: Kommt es zu einem Bürgerentscheid?

Eventuell erinnert sich noch manche Geisenfelderin -und mancher altgediente Stadtrat- an die, für die damaligen Stadträte unrühmlich verlaufende erste Androhung eines Bürgerbegehrens. Ein von der Bevölkerung als dringend notwendig erachteter Bau eines neuen Kindergartens stand vor einigen Jahren zur Abstimmung im Rathaus an. Der Stadtrat sah aber keine Notwendigkeit und stimmte gegen einen Bau. Als sich mehrere Mütter dazu aufrafften, beherzt Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Bau dieses Kindergartens zu sammeln, versuchte so manch Andersdenkender dies mit gezielten Diffamierungen zu verhindern. (eine Handvoll Idioten gab es damals wohl auch schon). Trotz aller Widerstände wurden mehr Unterschriften zur Einleitung eines Bürgerbegehrens gesammelt als vom Gesetzgeber gefordert. Dieser Packen Unterschriften wurden dem damaligen SPD-Bürgermeister mit der nachdrücklichen Aufforderung übergeben, er möge den Stadträten die Gelegenheit geben, ihren Beschluss freiwillig zu revidieren oder das Bürgerbegehren würde starten. Um einem drohendem Bürgervotum zu entgehen wurde der ablehnende Beschluss vom Stadtrat kassiert und der Kindergarten gebaut.

Heute klopft man sich dafür auf die Schultern und betont wie bürger- und besonders familienfreundlich Geisenfeld doch sei. Dass die Bürger diesen weichen Standortfaktor gegen den erklärten Willen des damaligen Geisenfelder Stadtrats erst ermöglichten und dafür Anfeindungen und Häme ausgesetzt waren, sollte auch bei der Umgehungsdebatte nicht vernachlässigt werden.

Manche wollen es einfach nicht wahrhaben: Ab und an muss man den Stadträten, und allen voran dem amtierenden Bürgermeister besonders auf die Finger schauen. Oder klopfen. Wir sollten uns als Bürger nicht der Illusion hingeben unsere ambitioniertesten Volksvertreter in die zahlreichen Parlamente gewählt zu haben. Der langjährige Leiter des Berliner Hauptstadtbüros des „Spiegel“, Gabor Steinbach, bemerkt dazu in seinem Buch „Die gestohlene Demokratie“ , Kapitel „Bürgerbeteiligung unerwünscht“: „Die Parteien (Volksvertreter) lieben es nicht, wenn man ihnen ins Handwerk pfuscht. Bürgergesellschaft ist für die Parteien (Volksvertreter) ein Wort, bei dem sie zusammenzucken. Ihr Gestaltungswille mag über die Jahre geschrumpft sein, ihr Machtanspruch ist es nicht.“

Macht, und der damit einhergehende Vertrauensvorschuss, wird in den meisten Fällen -besonders im politischen Zusammenhang- nur auf Zeit gewährt. Das heißt aber nicht, innerhalb dieses zeitlich fest umrissenen Rahmens einer Wahlperiode könne ein gewählter Volksvertreter nun nach Gutdünken schalten und walten. All seine Handlungen und Überlegungen, sein Streben nach ernsthafter Meinungs- und Willensbildung dienen nur einem Zweck: Als Vertreter der Bürger seiner Gemeinde, seiner Stadt oder seines Landes das Gemeinwohl zu erhalten und weiter zu entwickeln. Erweckt er auch nur den Anschein, diese essenzielle Grundhaltung zu missachten, sie zu vernachlässigen oder -und das wäre der Supergau -sie bis zu seiner Wahl dem Wahlvolk nur vorgegaukelt zu haben, ist der Bürger gefordert. Eventuell entdeckt der Bürger bei so manchem Stadtrat schlicht und einfach nur ganz profanes Unvermögen. Hauptsache Stadtrat. Das Denken übernimmt der Fraktionssprecher. Von Hundebesitzern kennen wir doch den Ausspruch: Der tut nix, der will nur spielen. Für einen fehl-besetzten Stadtrat müsste man den Spruch abwandeln: Der tut nix unrechtes, der will nur dabei sein.

Die Österreicher haben für diese Spezies -ursprünglich auf die Schickeria bezogen- eine spöttische Umschreibung: Adabeis. (auch dabei)

Kennen sie die beliebteste Ausrede kommunaler Mandatsträger wenn man sie auf offensichtliche Unzulänglichkeiten anspricht?

„Wir sind doch alles Feierabendstadträte. Da wir nicht alles wissen können müssen wir uns doch auf die Verwaltung und den Bürgermeister verlassen können“.

Wer sagt so was? Namen müssen her!

Namen müssen an dieser Stelle gar keine genannt werden. Jeder Bürger Geisenfelds könnte sich diese dafür in Frage kommenden Kandidaten selber ansehen. Auf einer der Stadtratssitzungen. Welcher Stadtrat verlässt sich auf Andere und wer hat sich anhand der ihm 7 Tage vor der Stadtratssitzung zugeschickten Unterlagen mit den Inhalten der Tagesordnung beschäftigt? Derjenige, der den Umschlag mit den Unterlagen erst am Beginn der Stadtratssitzung aufreißt, oder der, der diesen Umschlag bereits geöffnet auf die Sitzung mitbringt? Manchmal fallen einem Beurteilungen sehr, sehr leicht. Probieren sie es einfach selber aus!

Kennt man als Bürger nun diese bisweilen oberflächliche Herangehensweise an städtische Problemlagen, braucht man sich über mangelnde Ernsthaftigkeit auch nicht mehr zu wundern.

Die Stadträte lassen es unwidersprochen zu, dass ihnen der Bürgermeister offensichtlich falsche Niederschriften von Protokollen vorlegt. Obwohl jeder der Dabeigewesenen den wirklichen Ablauf besser kennt, muckt keiner auf. Hallo Stadträte aufwachen!

Was der Bürgermeister schreibt oder vorträgt wird schon irgendwie stimmen. Wirklich?

Betrachten wir seine, oder die von ihm initiierten Aussagen etwas genauer. (sofern sie die Aufnahme von Roberto Blanco „Heute so, morgen so“ besitzen, haben sie zum Text gleich die richtige Begleitmusik)

Entlastung durch die Umgehungsstraße (beide Varianten zusammen)

BüVer Geisenfeld: 46%

BüVer in Nötting: 30%

Bewertung: Wenn sich die Entlastung schon im Wochenrhythmus so sehr verkleinert, was wird dann erst die erneute Verkehrszählung erbringen?

Bau der Nordumfahrung

BüVer Geisenfeld: Sobald die Planung für die Südumfahrung beginnt.

BüVer Nötting: Sobald die Südspange erneut im staatlichen Bedarfsplan ab 2011 in Dringlichkeitsstufe eins rangiere

Bewertung: Planung heißt nicht Bau. Am Ende der Planung könnte stehen: Wird nicht gebaut. Also sattelt Bürgermeister Staudter innerhalb einer Woche um und setzt noch früher an. Jetzt möchte er nicht mal die Planung abwarten. Er möchte die Nordumfahrung bereits bauen, sobald die Südtrasse im staatlichen Ausbauplan in der Dringlichkeitsstufe 1 steht. Da stand und steht sie aber bereits seit 2001. Und wurde bis heute nicht gebaut, geschweige denn nennenswert geplant. Was hat er vor? Möchte er sehenden Auges die Stadt Geisenfeld in ein finanzielles Fiasko führen? Die von ihm selbst zitierte Oberste Baubehörde hatte ihm doch unmissverständlich erklärt, die Kosten für den Bau der Nordumfahrung müsse die Stadt gänzlich alleine ohne staatlichen Zuschuss tragen. Nur wenn der Bayerische Staat auch die dazugehörige Südumfahrung bauen würde, könne die Stadt mit einem Zuschuss für die Nordumfahrung von 50-70% rechnen. Staudter erklärte auf der ersten Bürgerversammlung, eine Zuschusszusage von fixen 70% liege „ihm“ vor und in Sachen Hochwasserschutz oder Ökologie lägen bei der Südtrasse keine „K.O.-Kriterien“ vor.

Somit wäre es doch ein leichtes für ihn, diese Behauptungen zu belegen. Auf den Tisch damit Herr Bürgermeister!. Wofür haben sie denn die schöne Internetseite „Geisenfeld.de“? Veröffentlichen sie die Schriftstücke.Datenschutz- oder Geheimhaltungsgründe würden diese Veröffentlichung nicht behindern können. Nehmen sie doch den zahlreichen Skeptikern den Wind aus den Segeln in dem sie ihre Behauptungen beweisen

Bisherige Ausgaben für den Grunderwerb der Nordtrasse

BüVer Geisenfeld: 350 000,-€

BüVer Nötting: 320 000,-€ 

Bewertung: Die ausgegeben Beträge für den Grunderwerb zum Bau der Trasse Nordumfahrung werden von Woche zu Woche geringer. Rechnet man jetzt noch den Kaufpreis heraus, der für den Grunderwerb außerhalb der Trasse gezahlt wurde…..

Flüsterasphalt als Alternative

BüVer Geisenfeld: Eine spürbare Absenkung der Fahrgeräusche ist nur mit immensen Kostenaufwand zu erreichen.

BüVer Nötting: Die gewünschte Lärmreduzierung würde nicht erreicht. Siehe Ingolstadt. Am Ingolstädter Ring sei der Flüsterasphalt ein Misserfolg gewesen.

Bewertung: Die Sache mit dem Flüsterasphalt sieht man in Ingolstadt aber anders. Dieser vom Geisenfelder Bürgermeister beschriebene „Misserfolg“ führt in seiner Konsequenz zum Bau weiterer Straßen mit Flüsterasphalt.

Besonders diese Thematik wird auf „Bürgersicht“ nicht in Vergessenheit geraten. Wir werden uns demnächst damit weiter beschäftigen. (TIP: Im Geisenfelder Rathaus sollte der dortige Bauamtsmitarbeiter Sebastian Zimmermann seine Fachbücher auf Relevanz überprüfen)

Apropos Vergesslichkeit. Am Ende der Nöttinger Bürgerversammlung kam Bürgermeister Staudter auf die Nöttinger „Versammlung“ vom 2. März zu sprechen. Er habe davon „gehört“. Warum habe die überhaupt stattgefunden, wenn doch klar war, das er eine Bürgerversammlung am 10. März in Nötting abhalten würde? Auf diese eher rhetorisch gemeinte Frage erwartete er natürlich keine Antwort. Er soll sie aber trotzdem bekommen.

Wir erinnern uns. „Bürgersicht.de“ forderte den Bürgermeister in einem Artikel vom 28. Januar auf  endlich „in die Puschen zu kommen“ und eine längst überfällige Bürgerversammlung abzuhalten.(zum Artikel)

Einige Tage später ließ er tatsächlich in der Heimatzeitung für den 3. März in Nötting und den 4. März in Geisenfeld eine Bürgerversammlung ankündigen. Musste aber beide Termine umgehend absagen. Die Stadt hatte vergessen -zumindest im Nöttinger Gasthof Schlierf- die Lokale auch zu buchen. ( zum Artikel )   In Nötting wollte man keine aufeinanderfolgenden Veranstaltung innerhalb von zwei Tagen. Den ersten Tag, den 2. März hatte nämlich die „Interessengemeinschaft Umgehungsstraße“ für eine Informationsveranstaltung gebucht.

Nun gab der Bürgermeister neue Termine für 4 Bürgerversammlungen bekannt. Und trat damit in ein weiteres Fettnäpfchen. (zum Artikel)

Auch wenn der Bürgermeister es schon vergessen haben sollte (nach nur 4 Wochen)

Durch seine verhudelte Planung stellte sich für die Nöttinger nur eine Frage:

Warum sollten sie auf eine hudelnde städtische Veranstaltungs-Henne warten, wenn sie das private Veranstaltungs-Ei bereits vorher sicher haben konnten?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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