Deutschland im Herbst – Eine Zusammenfassung unangenehmer Wahrheiten

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Hatte Schäuble durch diesen im September 2011 mit der Schweiz ausgehandelten Vertrag (vom deutschen Bundesrat noch nicht gebilligt und in der Schweiz demnächst zur Abstimmung gestellt) diese „Unvereinbarkeit der Ziele“ plötzlich zur Deckung gebracht. Damit die demokratische Spielregel, Steuerbetrüger eher zu bestrafen als sie zu begünstigen dem Diktat des Kapitalismus unterworfen und die Steuergerechtigkeit der Gier dem „noch mehr haben wollen“ geopfert.

Und wie um dies zu untermauern, meldete sich Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Wochenende in der „Rheinischen Post“ zu Wort. Sie wolle den Ankauf und die Auswertung von Steuer-CDs , also Datensammlungen mit deren Hilfe es neben anderen Fahndungserfolgen deutschen Steuerfahndern im vergangenen Jahr gelang, 2,228 Milliarden Mehreinnahmen zu erzielen, durch ein Gesetz gegen Datenhehlerei künftig verhindern. Einen Vorstoß, um „vermögenden Steuerbetrügern weiterhin Schutz vor der Strafverfolgung zu gewähren“ so die Einschätzung des NRW-Finanzministers Norbert Walter-Borjans.

Was bisher von diesen Aktionen im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit übrigblieb, war die Bestätigung eines schon immer irgendwie vorhandenen Gefühls, Kapital, nicht legitimierte Kreise, oder vielleicht noch schlimmer, schlichtes Unvermögen bestimme die Geschicke unserer Demokratie.

Die „Angestellten“ der Bürger eines Staates, wie der alte Hollywood-Star Clint Eastwood das politische Personal eines Landes auf dem Parteitag der US-Republikaner bezeichnete -in einer im übrigen nur als unterirdisch zu bezeichnenden Performance- denken aber nicht daran, diese Einschätzung in der Bevölkerung zu entkräften.

Führung, Einordnung oder Aufklärung in der Krise: Fehlanzeige!

Die Befürchtung, Gestalten aus der dritten und vierten Reihe, statt des dringend benötigten Premiumpersonals wird in schöner Regelmäßigkeit an Schalthebel gespült, deren Funktionsweise sie weder verstehen noch verstehen wollen, wird mit den Jahren zur Gewissheit.

Was auf kommunaler Ebene mit dilettierenden Bürgermeistern und Räten beginnt -In Geisenfeld kann man zum Beispiel beobachten, wie aus reinem Machterhalt Volksbelustigung und Dauerjuxerei mit nachhaltiger Stadtentwicklung verwechselt wird und Affekthandlungen wohlbegründete Beschlüsse ersetzen und so der oberflächliche Umgang mit treuhänderisch zu verwaltenden Bürgervermögen zur Normalität verkommt- setzt sich auf Landes- und Bundesebene fort.

Auf den politischen Spielwiesen der Landespolitik wird zum Beispiel in Bayern „geseehofert“, „gedobrintet“ oder „gesödert“ dass man sich als Bayer jeden Besuch in einem Nachbarbundesland besser zweimal überlegen sollte. Nach der Devise, wir wissen zwar nicht wohin, sollten aber zumindest ausloten wieweit wir im Bedarfsfall gehen könnten, wird Woche für Woche auf gegenläufigen Trampelpfaden eine neue Sau durch bundesrepublikanische Dörfer getrieben.

Bis dieses Borstenvieh schließlich auch in Berlin ankommt. Natürlich nicht per Luftfracht auf einem wegen deutscher Hauptstadtschlamperei unfertigen Flughafen. Nein, es fährt mit den nicht enden wollenden Bürgschaftstransportern und den milliardenschweren Hilfszusagen direkt in´s Regierungsviertel.

Dort drängt sich dann Spitzenpersonal aus Parteien und Staat in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit, das sich gern und gern auch in parlamentsfernen Talkshows unter Hervorhebung eigener Leistungen präsentiert, es jedoch tunlichst unterlässt, dem Staatsvolk die angestrebte Richtung, deren mögliche Auswirkungen auf Wohlfahrt* und Prosperität für die deutsche und die europäische Gesellschaft zu erläutern oder auch nur ansatzweise Erklärungsansätze zu liefern.
*(Um gelernte Fehlinterpretationen auszuschließen: Wohlfahrt = Sicherung des Lebensstandards)

Was ich heute sage, kann ja morgen schon falsch sein.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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