Deutschland im Herbst – Eine Zusammenfassung unangenehmer Wahrheiten

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Zum Beispiel ein bereits ausgemustert geglaubter, fröhlich nuschelnder Fraktionsvorsitzender und Weinliebhaber, der sich auf Geheiß seiner Partei, der FDP, auf die voraussichtlich anstehende Übernahme des Parteivorsitzes vorbereitet. Ansonsten aber nur Binsen zum Besten gibt. Was sagt es über eine Regierungspartei aus, wenn der neue Hoffnungsträger bereits der Vorgänger des alten Hoffnungsträgers war. Besondere Hoffnung auf vernünftigere Politik darf man sich da wohl nicht machen.

Auch eine dickliche, zuweilen schlürfend sich fortbewegende Frau in wenig staatsfraulicher Aufmachung ist dort zu finden. Diese Frau, in Europa und gerne in Deutschland weitererzählt zeitweise „Madame No“ betitelt, ist die Bundeskanzlerin.

Sie vermittelte in Deutschland zu Beginn der Staatsschulden- oder Finanzkrise den Eindruck einer unnachgiebigen, die Spendierhosen weggesperrt habenden Sachwalterin deutscher Interessen. Um in schöner Regelmäßigkeit mit weitreichenden, aberwitzig hohen und bisher unvorstellbaren Finanzierungszusagen zu Lasten Deutschlands von Gipfeltreffen nach Berlin heimzukehren.

Plötzlich wurden aus „kein Euro für Griechenland“ alternativlose Eurorettungsschirme für mehrere Länder, taumelte Madame zwischen einem Tisch, über den sie in Italien gezogen wurde zu einer Lehrstunde in französischer Staatskunst um am Ende in Deutschland mit einer Endzeit suggerierenden Schreckensserkenntnis zu erklären:“Scheitert der Euro, scheitert Europa“. Was man sich mit vorpommerscher Sozialisierung eben unter Europa so vorstellt.

Europa ist eine Idee, kein Zahlungsversprechen

Damit das Einknicken der „mächtigsten Frau der Welt“ (US-Magazin Forbes) vor der geballten „Deutschfreundlichkeit“ unserer klammen europäischen Nachbarn nicht so sehr auffiel, sprang ihr der CDU-Chef im Berliner Parlament zur Seite. „Europa spricht deutsch“ befand irrigerweise ein gewisser Herr Kauder und vergaß dabei völlig, dass in „Europa“ eher Kauderwelsch als deutsch gesprochen wird.

Die großzügigen Deutschen hatten doch glatt „vergessen“, Deutsch als Amtssprache in den europäischen Institutionen zu etablieren. Selbst als Deutschland noch mehr politisches Gewicht in „Europa“ hatte, war es einem damals schon spendablen Vorgänger von Madame kein besonderes Anliegen, der wirtschaftlich und an Einwohnern gemessen größten Nation in Europa einen adäquaten sprachlichen Auftritt zu verschaffen. Bei europäischen Ausschreibungen schlagen sich deutsche Firmen seitdem mit dem Wettbewerbsnachteil „Übersetzungsproblem“ herum.

Und Deutschlands prominentester „Architekt des Euro“ hat auch bei der Fundamentlegung gepfuscht, stellen prominente Kritiker um den früheren sächsischen Ministerpräsident Biedenkopf diese Woche im „Focus“ fest. Wegen seiner Versäumnisse bei der Euro-Vorbereitung trage er„maßgebliche Mitverantwortung“ für die heutige Euro-Krise.

Nicht nur dafür dürfen ihn Postkunden demnächst von hinten lecken. Dem „Kanzler der Einheit“ wird im Oktober -vollkommen unüblich schon zu Lebzeiten- eine 55 Cent-Briefmarke gewidmet.

Zum Schrecken der in Berlin sich die Zeit vertreibenden Altvorderen, also der vom Politikbetrieb im Laufe vieler Wahlperioden glattgeschliffenen Abgeordneten, gibt es im Parlament auch junge, dynamische, und vor allem kluge Frauen. Was bei den Grünen begann und auch heute noch erfreulich lebendig daherkommt, kann man neuerdings bei der Links-Partei beobachten.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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